Das Letzte Plädoyer: Roman
suchte Hugo Dunbroathy Hall auf, um mit seinem Bruder ein Gläschen zu trinken, und nur selten ging er, bevor sie nicht die ganze Flasche geleert hatten. Kurz vor dem Ende war Angus bereit, so gut wie jedes Dokument zu unterzeichnen, das man ihm vorlegte; zuerst eine Hypothek auf das Haus in London, in dem er kaum je war, gefolgt von einer Hypothek auf das Anwesen, weil Hugo ihn davon überzeugen konnte, dass dringende Renovierungen anstanden. Zu guter Letzt überredete Hugo ihn auch noch, seine Geschäftsbeziehung zu Fraser Munro zu beenden, der in Hugos Augen viel zu viel Einfluss auf seinen Bruder hatte.
Hugo beauftragte Desmond Galbraith damit, die Familienangelegenheiten zu übernehmen. Galbraith glaubte fest an die Buchstaben des Gesetzes, aber am Geist des Gesetzes hatte er nur ein flüchtiges Interesse.
Hugos größter Triumph war das Testament von Angus, das dieser nur wenige Tage vor seinem Tod unterschrieben hatte. Hugo ließ es von einem Stadtrat beglaubigen, der zufällig ebenfalls Mitglied im Golfclub war.
Als Hugo ein früheres Testament von Angus fand, in dem er den Großteil seines Besitzes seinem einzigen Sohn Nicholas hinterlassen hatte, steckte er es in den Reißwolf. Hugo versuchte, sich seine Erleichterung nicht anmerken zu lassen, als sein Bruder nur wenige Monate vor Nicks Entlassung starb. Eine Versöhnung zwischen Vater und Sohn kam in seinen Plänen nämlich nicht vor. Galbraith hatte Munro leider nicht das Original von Sir Alexanders früherem Testament entlocken können. Der alte Anwalt hatte korrekterweise darauf hingewiesen, dass er nunmehr den einzigen Erben des Titels, Sir Nicholas Moncrieff, vertrat.
Nachdem Hugo das erste Ei gegessen hatte, las er erneut den Absatz in Galbraiths Brief, der ihn die Stirn runzeln ließ. Er fluchte, was seine Frau dazu veranlasste, von ihrer Zeitung aufzusehen, überrascht von dem Einschnitt in ihrer üblichen Routine.
»Nick behauptet, dass er nichts von dem Schlüssel weiß, den sein Großvater ihm hinterlassen hat. Wie kann das sein, wo wir doch alle gesehen haben, dass er das verdammte Ding um den Hals trägt?«
»Auf der Beerdigung hat er keine Kette getragen«, sagte Margaret. »Ich habe genau hingesehen, als er sich zum Gebet hinkniete.«
»Glaubst du, er weiß, was sich mit dem Schlüssel aufschließen lässt?«, fragte Hugo.
»Möglicherweise«, erwiderte Margaret. »Das heißt aber nicht, dass er auch weiß, wo er sie finden wird.«
»Vater hätte uns sagen sollen, wo er die Sammlung versteckt hat.«
»Du und dein Vater haben gegen Ende doch kaum noch miteinander gesprochen«, rief Margaret ihm in Erinnerung. »Und er hielt Angus für zu schwach und viel zu verliebt in den Alkohol.«
»Stimmt, aber das löst noch nicht das Problem des Schlüssels.«
»Vielleicht ist die Zeit gekommen, dass wir eine direktere Taktik ausprobieren sollten.«
»An was denkst du, altes Mädchen?«
»Ich denke an den ordinären Ausdruck ›ihn an den Eiern packen‹. Sobald Nick freikommt, lassen wir ihn verfolgen. Wenn er weiß, wo die Sammlung ist, dann wird er uns direkt hinführen.«
»Aber ich habe keine Ahnung, wie man …«, fing Hugo an.
»Mach dir darüber keine Gedanken«, sagte Margaret. »Überlass alles mir.«
»Wie du meinst, altes Mädchen.« Hugo attackierte sein zweites Ei.
37
Danny lag auf der unteren Pritsche und dachte über die all Dinge nach, die seit Nicks Tod geschehen waren. Er konnte nicht schlafen, obwohl Big Al nicht schnarchte. Er wusste, seine letzte Nacht in Belmarsh würde ihm so lang werden wie die erste – eine weitere Nacht, die er nie vergessen würde.
In den vergangenen 24 Stunden hatten mehrere Beamte und Insassen vorbeigeschaut, um sich zu verabschieden und ihm viel Glück zu wünschen. Das zeigte, wie beliebt und angesehen Nick Moncrieff gewesen war.
Big Al schnarchte aus dem einfachen Grund nicht, weil er am Tag zuvor aus Belmarsh weggebracht worden war. Man hatte ihn ins Wayland Gefängnis nach Norfolk überführt, während Danny in Nicks Namen die A-Level-Prüfungen anging. Danny freute sich auf die Mathematik-Prüfung, musste aber leider auf das Englisch-Examen verzichten, da sich Nick nicht dafür angemeldet hatte. Als Danny am Nachmittag in seine Zelle kam, war von Big Al nichts mehr zu sehen. Es war fast so, als hätte er nie existiert. Danny hatte sich nicht einmal von ihm verabschieden können.
Mittlerweile hatte sich Big Al bestimmt zusammengereimt, warum Danny beim Direktor gewesen war. Er
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