Das Letzte Plädoyer: Roman
würde vor Wut kochen. Aber Danny wusste, das würde sich legen, sobald Big Al in seinem neuen Gefängnis der Kategorie C erst heimisch wäre – mit einem Fernsehgerät in jeder Zelle, Essen, das beinahe genießbar war, und einem Kraftraum, der nicht hoffnungslos überfüllt war. Vor allem durfte er dort seine Zelle 14 Stunden pro Tag verlassen. Leach war ebenfalls verschwunden, aber niemand wusste, wohin, und nur wenige interessierte es genug, um mehr als einmal zu fragen.
In den vergangenen acht Wochen hatte Danny einen Plan gefasst, aber er hatte nie etwas notiert; er konnte es nicht riskieren, ihn aufzuschreiben. Falls sein Plan entdeckt werden sollte, würde er weitere zwanzig Jahre in der Hölle verbringen.
Endlich schlief er ein.
Er wachte auf. Sein erster Gedanke galt Bernie, dem Craig und seine so falsch benannten ›Musketiere‹ das Leben genommen hatten. Sein zweiter Gedanke galt Nick, der ihm eine zweite Chance ermöglicht hatte. Sein letzter Gedanke galt Beth, und er rief sich erneut in Erinnerung, dass die Entscheidung, die er gefällt hatte, es ihm unmöglich machte, sie jemals wiederzusehen.
Er musste an den morgigen Tag denken. Sobald er sein Treffen mit Mr. Munro hinter sich gebracht und Nicks unmittelbare Probleme in Schottland geregelt hatte, würde er nach London zurückkehren und den Plan in Bewegung setzen, an dem er die letzten beiden Monate gearbeitet hatte. Er machte sich keine Illusionen, seinen Namen wirklich reinwaschen zu können, aber das würde ihn nicht davon abhalten, Gerechtigkeit einer anderen Art anzustreben – die Bibel sprach von Vergeltung, Edmond Dantès nannte es weniger subtil Rache. Wie auch immer. Danny schlief wieder ein.
Er wachte auf. Die Morgensonne warf ein Quadrat aus Licht auf den Zellenboden, aber es ließ sich nicht leugnen, dass er sich im Gefängnis befand, denn die Gitterstäbe spiegelten sich auf den kalten Steinen. Eine Lerche versuchte sich an einer fröhlichen Melodie, um den Tag zu begrüßen, flog aber rasch wieder davon.
Danny zog das grüne Nylonlaken beiseite und stellte die nackten Füße auf den Boden. Er ging zu dem kleinen Stahlwaschbecken, füllte es mit lauwarmem Wasser und rasierte sich gründlich. Mit Hilfe eines winzigen Stücks Seife wusch er sich, und er fragte sich, wie lange ihm wohl der Gefängnisgeruch noch in den Poren sitzen würde.
Danny betrachtete sich in dem kleinen Stahlspiegel über dem Waschbecken. Das bisschen, was er sehen konnte, schien sauber zu sein. Er zog ein letztes Mal seine Gefängniskleidung an: Boxershorts, ein blauweiß gestreiftes Hemd, Jeans, graue Socken und Nicks Turnschuhe. Er setzte sich auf das Bett und wartete, dass Mr. Pascoe auftauchte, mit den Schlüsseln klimperte und seinen üblichen Morgengruß von sich gab: »Raus mit Ihnen, mein Junge.« Er wartete.
Als endlich ein Schlüssel im Schloss umgedreht und die Tür geöffnet wurde, zierte ein breites Grinsen das Gesicht von Mr. Pascoe. »Guten Morgen, Moncrieff«, sagte er. »Sie sehen gut aus. Folgen Sie mir. Es ist Zeit, dass Sie Ihre Sachen abholen, sich auf den Weg machen und uns alle hier in Frieden lassen.«
Während sie im Gefängnistempo den Flur entlanggingen, meinte Pascoe: »Das Wetter schlägt um. Heute sollte es schön werden.« Als ob Danny einen Ausflug ans Meer plante.
»Wie komme ich von hier nach King’s Cross?«, fragte Danny. Nick hätte das nicht gewusst.
»Nehmen Sie den Zug vom Bahnhof Plumstead zur Cannon Street und dann die U-Bahn bis King’s Cross«, riet Pascoe. Sie kamen zur Ausgabestelle. Pascoe klopfte an die Doppeltür, die wenige Augenblicke später vom Leiter der Ausgabestelle geöffnet wurde.
»Morgen, Moncrieff«, sagte Webster. »Sie müssen sich die ganzen letzten vier Jahre auf diesen Tag gefreut haben.«
Danny erwiderte darauf nichts.
»Ich habe alles für Sie vorbereitet«, fuhr Webster fort, zog zwei volle Plastiktüten vom Regal und legte sie auf die Theke. Dann verschwand er im hinteren Teil und kehrte Augenblicke später mit einem großen Lederkoffer zurück, der völlig verstaubt war und in schwarzen Lettern die Initialen N. A. M. trug. »Nettes Teil«, sagte er. »Wofür steht das A?«
Danny konnte sich nicht erinnern, ob es für Angus stand, Nicks Vater, oder für Alexander, Nicks Großvater.
»Machen Sie schon, Moncrieff«, sagte Pascoe. »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, hier zu plaudern.«
Mannhaft versuchte Danny, beide Plastiktüten mit der einen Hand zu tragen und den großen
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