Das letzte Relikt
Ezra, »müssen Sie mir versprechen, dass Sie niemandem ein Wort davon verraten. Kann ich mich darauf verlassen?«
Carter willigte ein.
»Und Sie versprechen auch, dass Sie nicht voreingenommen sind?«
»Ehrenwort!«
Ezra blieb stehen, als sei er immer noch nicht sicher, ob er den nächsten Schritt wirklich machen sollte. Doch schließlich öffnete er die Tür zum angrenzenden Zimmer und blickte sich um, ehe er eintrat.
Ein weiteres Anzeichen von Paranoia?,
dachte Carter.
Die Luft war stickig, der Raum dämmrig. Es gab Terrassentüren, wie im Esszimmer, doch die Vorhänge waren zugezogen, und Carter hatte den ausgeprägten Eindruck, dass sie nur selten, wenn überhaupt jemals, zurückgezogen wurden. Ezra ging zur anderen Seite des Raumes und schaltete die Lampe über einem Zeichentisch ein. Auf dem Tisch und an den Wänden davor und daneben bedeckten Klarsichthüllen gelbe Bruchstücke und Streifen von etwas, das aussah wie antike Schriftrollen oder Papyri.
»Was ist das?«, fragte Carter. »Die Schriftrollen vom Toten Meer?«
Ezra antwortete nicht, und Carter dachte plötzlich
O mein Gott, sie sind es tatsächlich!
Er sah Ezra an, der seinem Blick standhielt. In seinen Augen sah er Trotz, aber auch Stolz aufblitzen.
»Wie um alles auf der Welt sind Sie an die rangekommen?«
»Sagen wir, ich habe sie gefunden. Sie waren dazu bestimmt, in meinen Besitz zu gelangen.«
Carter konnte nicht widerstehen und trat näher. Er ging zur Wand und musterte eine der Hüllen, die dort hingen. Selbst für jemanden wie ihn, der den Umgang mit altertümlichen Dingen gewohnt war, war es faszinierend. Noch nie zuvor hatte er ein so altes Dokument gesehen, und soweit er wusste, gab es keine, die älter waren. Dieses hier war eng mit unentzifferbaren Schriftzeichen bedeckt, aufgeschrieben mit einer leicht violetten Tinte, die fast schwarz wirkte. Er blickte hinüber zum Zeichentisch, wo Ezra offensichtlich dabei war, ein weiteres Stück der uralten Schriftrolle zusammenzusetzen.
»Was steht darin?«
»Wie Sie sehen können, setze ich sie noch zusammen. Aber sie stellt eine Mischung dar, aus Geschichten, Enthüllungen … und Prophezeiungen.«
Carter beugte sich näher über das Blatt auf dem Zeichentisch. »Ist das Papyrus?«
»Nein«, sagte Ezra. »Es ist etwas anderes. Aber vorausgesetzt, es stammt tatsächlich ursprünglich aus dem Nahen Osten, wäre es unwahrscheinlich, dass Reis beigemischt wurde. Vermutlich handelt es sich um irgendeine Tierhaut – Ziege, Schaf, Kamel, Ochse.«
»Klingt, als müssten Sie es noch genauer eingrenzen.«
»Das stimmt … und ich hatte gehofft, dass Sie mir dabei helfen könnten.«
Carter warf einen kurzen Blick auf Ezra, um zu sehen, ob er einen Witz machte, aber es sah nicht so aus. Er meinte es ernst. »Woher soll ich das wissen?«, sagte er. »Das ist nicht gerade mein Fachgebiet.«
»Aber Sie haben ein Labor an der NYU . Sie haben Zugang zu allen üblichen Datierungstechniken und könnten zum Beispiel eine Radiocarbondatierung durchführen. Und ich bin sicher, dass Sie auch eine molekulare Gewebsanalyse machen lassen könnten.«
Ezra stellte sich neben Carter und deutete mit dem Finger auf eine Stelle der Schriftrolle, wo das Licht am hellsten war. »Sehen Sie das hier? Es hat eine Struktur, vielleicht sogar die Porenstruktur eines Tiers. Was für ein Tier es sein könnte, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, woraus die Tinte besteht.« Er blickte zu Carter hinüber. »Aber wenn Sie in Ihrem Labor die entsprechenden Tests machen würden, könnten Sie es mir sagen.«
»Und das würde Ihnen weiterhelfen?«
»Bei meiner Arbeit? Enorm. Wenn ich die Zusammensetzung und das Alter der Schriftrollen kennen würde, wäre ich in der Lage, eine Menge mehr darüber herauszufinden.«
Carter richtete sich auf. »Wenn es so wichtig ist, wie kommt es dann, dass Sie keine Möglichkeit gefunden haben, die Laboruntersuchungen selbst zu machen?«
Ezra wandte den Blick ab, und für Carter sah es aus, als probte er, was genau er sagen wollte. »Während mein Anspruch auf dieses Material vollkommen legitim ist, gibt es immer noch bestimmte Behörden, hier und anderswo, die das bestreiten würden.«
Puh, dachte Carter, der Typ steckte ja echt ziemlich in der Klemme.
»Und meine Aktivitäten werden gerade«, fügte Ezra, »sehr genau beobachtet.«
Damit spielte er vermutlich auf den Bewährungshelfer an, den seine Stiefmutter erwähnt hatte. Was immer Ezra im Schilde führte, es war auf jeden
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