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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sie die Leiche meines Bruders untersuchen sollte, weil sie eine von ihnen ist. Jetzt würde ich verhaftet werden, endlich war die Gelegenheit gekommen, auf die sie so scharf waren, endlich, endlich.«
    »Und was wollen sie?«, fragt Berger. »Erklären Sie es mir bitte noch einmal, weil ich es nicht ganz verstehe und noch weniger glaube.«
    »Sie wollen meinen Vater!«, sagt er, und zum ersten Mal zeigt er Gefühl. »Um Papa zu kriegen! Sie brauchten einen Grund, um an ihn ranzukommen, um ihn zur Strecke zu bringen, ihn zu ruinieren. Damit es so aussieht, als hätte mein Vater einen Mörder zum Sohn, damit sie an meine Familie rankommen. Und das seit Jahren! Und ich bin Chandonne, und sehen Sie mich an! Sehen Sie mich an!« Er breitet die Arme aus, als würde er gleich ans Kreuz genagelt, lange Haare hängen herunter. Entsetzt sehe ich mit an, wie er sich die dunkle Brille von den Augen reißt und schmerzhaftes Licht in seine verbrannten Augen dringt. Ich starre in diese hellroten, chemisch verätzten Augen. Sie scheinen nicht fokussieren zu können, und Tränen strömen ihm übers Gesicht.
    »Mein Leben ist zerstört!«, schreit er. »Ich bin hässlich und blind, und mir werden Verbrechen zur Last gelegt, die ich nicht begangen habe! Ihr Amerikaner wollt einen Franzosen hinrichten! Das ist es! Um ein Exempel zu statuieren!« Stühle werden zurückgeschoben, und Marino und Talley sind neben ihm und halten ihn auf seinem Stuhl fest. »Ich habe niemanden umgebracht! Sie hat versucht, mich umzubringen! Seht nur, was sie mir angetan hat!« Und Berger sagt ruhig zu ihm: »Wi r sprechen jetzt schon über eine Stunde. Wir hören jetzt auf. Es reicht. Beruhigen Sie sich, beruhigen Sie sich.«
    Das Bild flackert, und Balken laufen über den Bildschirm, bevor er so strahlend blau wird wie ein vollkommener Nachmittag. Berger schaltet den Rekorder aus. Verblüfft und sprachlos sitze ich da. »Ich sage es nicht gern«, bricht sie den ekelhaften Bann, in den Chandonne mein kleines Besprechungszimmer gezogen hat. »Es gibt ein paar paranoide, idiotische Regierungsgegner, die diesem Kerl glauben werden. Wir können nur hoffen, dass keiner von ihnen unter den Geschworenen ist. Einer würde reichen.«

16
     
    »Jay Talley«, sagt Berger und jagt mir einen Schrecken ein. Jetzt, da Chandonne durch einen Druck auf die Fernbedienung aus unserer Mitte verschwunden ist, vergeudet diese New Yorker Staatsanwältin keine Zeit und wendet ihre intensive Konzentration sofort mir zu. Wir befinden uns wieder in der grauen Wirklichkeit - in einem Besprechungszimmer mit rundem Holztisch, eingebauten Regalen und einem schwarzen Bildschirm. Akten und grässliche Fotos liegen vor uns, vergessen, ignoriert, weil Chandonne alles und jeden während der letzten zwei Stunden mit Beschlag belegte. »Wollen Sie erzählen, oder soll ich mit dem anfangen, was ich weiß?«, konfrontiert mich Berger.
    »Ich bin nicht sicher, was ci h Ihnen erzählen soll.« Ich bin zuerst bestürzt, dann gekränkt, als Nächstes wieder wütend, wenn ich daran denke, dass Talley bei Chandonnes Befragung anwesend war. Ich stelle mir vor, dass Berger vor und nach dem Verhör und während der Pause mit Talley gesprochen hat. Berger verbrachte Stunden mit Talley und Marino. »Und noch etwas«, füge ich hinzu, »was hat er mit Ihrem New Yorker Fall zu tun?«
    »Dr. Scarpetta.« Sie lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück. Ich komme mir vor, als hätte ich mein halbes Leben mit ihr in diesem Zimmer verbracht, und ich bin spät dran. Ich bin hoffnungslos spät dran für meine Verabredung mit dem Gouverneur. »So schwer es Ihnen auch fallen wird«, sagt Berger, »ich bitte Sie, mir zu vertrauen. Schaffen Sie das?«
    »Ich weiß nicht mehr, wem ich vertrauen kann«, sage ich wahrheitsgemäß.
    Sie lächelt kurz und seufzt. »Sie sind ehrlich. Gut. Sie habe n keinen Grund, mir zu vertrauen. Vielleicht haben Sie keinen Grund, überhaupt noch jemandem zu vertrauen. Aber Sie haben auch keinen stichhaltigen Grund, mir auf professioneller Ebene zu misstrauen. Meine Absicht ist einzig und allein, Chandonne für seine Verbrechen zahlen zu lassen - falls er diese Frauen umgebracht hat.« »Falls?«, sage ich.
    »Wir müssen es beweisen. Und absolut alles, was ich über die Ereignisse hier in Richmond erfahren kann, ist von unschätzbaren Wert für mich. Ich verspreche Ihnen, ich bin keine Voyeurin ebenso wenig will ich Ihre Privatsphäre verletzen. Aber ich brauche den gesamten Kontext. Ich muss

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