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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wir haben geklopfte Hühnerbrüste im Abfall gefunden. Und einen Kopfkissenüberzug mit Spuren von Barbecuesauce darauf, die davon stammen könnten, dass du den Griff darauf herumgerollt hast.« Er findet nichts Merkwürdiges an so einem Experiment. Marino weiß, dass ich ungewöhnliche Wege einschlage, wenn ich herausfinden will, was passiert ist. »Aber keinen zweiten Maurerhammer. Den haben wir nicht gefunden. Weder mit noch ohne Barbecuesauce«, fährt er fort. »Deswegen frage ich mich, ob dieses Arschloch Talley ihn geklaut hat. Vielleicht solltest du Lucy und Teun überreden, ihre verrückte Geheimorganisation auf ihn anzusetzen. Der erste große Fall fürs Letzte Revier. Ich werde für den Anfang die Bankkonten des Kerls überprüfen, um herauszufinden, woher er das viel e Geld hat.«
    Immer wieder blicke ich auf meine Uhr, um unsere Fahrzeit zu stoppen. Die Gegend, wo Mitch Barbosa wohnte, ist ungefähr zehn Minuten vom Fort James Motel entfernt. Die braungrauen Stadthäuser aus Holz sind neu, man sieht noch keine Anpflanzungen, nur die kahle Erde, die mit totem Gras und Schnee gesprenkelt ist. Als wir vor einem Haus halten, fallen mir zivile Polizeiautos auf dem Grundstück auf, drei Ford Crown Victorias und ein Chevrolet Lumina, in einer Reihe geparkt. Es entgeht weder meiner noch Marinos Aufmerksamkeit, dass zwei dieser Wagen Nummernschilder aus Washington, D.C. haben.
    »Oh, Scheiße«, sagt Marino. »Das riecht nach FBI. Das heißt nichts Gutes.«
    Ich bemerke ein kurioses Detail, als wir den mit Ziegelsteinen belegten Weg zum Haus gehen, in dem Barbosa mit seiner mutmaßlichen Freundin lebte. An einem Fenster zwischen Erdgeschoss und erstem Stock lehnt eine Angel, und ich weiß nicht, warum sie mir so fehl am Platz vorkommt, außer dass keine Angelsaison ist, genauso wenig wie Campingsaison. Wieder denke ich an die geheimnisvollen, wenn nicht gar mythischen Menschen, die von dem Campingplatz flüchteten und so viele ihrer Habseligkeiten zurückließen. Ich denke an Bev Kiffins Lüge, und ich spüre, wie ich tiefer in einen gefährlichen Luftraum eindringe, in dem Kräfte, die ich weder kenne noch verstehe, mit unheimlicher Geschwindigkeit wirken. Marino und ich warten vor der Tür von Haus D, und er drückt ein zweites Mal auf die Klingel.
    Detective Stanfield öffnet und begrüßt uns fahrig, seine Augen blicken unruhig in alle Richtungen. Zwischen ihm und Marino ist eine Mauer aus Spannungen. »Tut mir Leid, dass ich es nicht zum Motel geschafft habe«, sagt er kurz angebunden, als er zur Seite tritt, um uns einzulassen. »Hier hat sich etwas ergeben. Sie werden es gleich sehen«, verspricht er. Er trägt ein e graue Kordhose und einen dicken Wollpullover und will mir nicht in die Augen sehen. Vielleicht weil er weiß, wie ich darüber denke, dass er Informa tionen an seinen Schwager, den Abgeordneten Dinwiddie, weitergegeben hat, vielleicht auch aus einem anderen Grund. Mir schießt durch den Kopf, dass er von dem Mordverdacht gegen mich erfahren hat. Ich versuche, nicht darüber nachzudenken. Im Augenblick führt das zu nichts. »Sind alle oben«, sagt er, und wir folgen ihm in den ersten Stock. »Wer sind alle?«, fragt Marino.
    Unsere Schritte sind auf dem Teppich kaum zu hören. Stanfield bleibt weder stehen, noch dreht er sich um, als er antwortet: »ATF und FBI.«
    An der Wand links von der Treppe hängen gerahmte Fotos, und ich sehe sie mir im Vorbeigehen kurz an. Auf einem grinst Mitch Barbosa zusammen mit beschwipst aussehenden Leuten in einer Bar, auf einem anderen hängt er halb aus dem Fenster eines kleinen Lastwagens. Auf einem dritten nimmt er in Badehose ein Sonnenbad an einem tropischen Strand, vielleicht Hawaii. Er hält einen Drink in die Höhe, prostet der Person hinter der Kamera zu. Auf anderen Fotos ist er mit einer hübschen Frau zu sehen, vielleicht die Freundin, mit der er zusammenlebte. Auf halbem Weg nach oben ist ein Treppenabsatz und das Fenster, an dem die Angel lehnt.
    Ich bleibe stehen, und ein komisches Gefühl verursacht mir ein Kribbeln auf der Haut, als ich, ohne sie zu berühren, eine Shakespeare-Angelrute aus Fiberglas und eine Shimano-Rolle in Augenschein nehme. An der Leine sind ein Haken und ein Schwimmer befestigt, und auf dem Teppich neben dem Griff der Angel steht eine kleine blaue Spinnerschachtel aus Plastik. Unweit davon liegen zwei leere Bierdosen der Marke Rolling Rock und eine neue Packung Tiparillo-Zigarren, zudem etwas Kleingeld. Marino dreht sich

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