Das letzte Revier
Mühe, es zu verbergen. Warum sollte ich auch?
Berger sieht zu der Lampe über der Haustür empor, die die Scheinwerfer von Eric Brays Wagen schwach beleuchten. Es ist eine schlichte, kleine Kugellampe, die mit Schrauben gehalten wird. Die Polizei fand die Kugel im Rasen neben einem Buchsbaum, wohin Chandonne sie offenbar geworfen hatte. Dann musste er nur noch die Glühbirne rausschrauben, die »heiß gewesen sein muss«, sage ich zu Berger. »Ich nehme also an, dass er etwas benutzt hat, um seine Finger zu schützen. Vielleicht seinen Mantel.«
»Es sind keine Fingerabdrücke darauf«, sagt sie. »Zumindest keine von Chandonne, laut Marino.« Das ist mir neu. »Aber das überrascht mich nicht, wenn wir davon ausgehen, dass er di e Birne mit etwas bedeckt hat, um sich die Finger nicht zu verbrennen«, fügt sie hinzu.
»Was ist mit der Glaskugel?«
»Keine Fingerabdrücke. Nicht von ihm.« Berger steckt den Schlüssel ins Loch. »Aber vielleicht hat er auch seine Hände bedeckt, als er sie abschraubte. Ich frage mich nur, wie er drankam. Sie hängt ziemlich hoch.« Sie öffnet die Tür, und die Alarmanlage beginnt zu piepen. »Glauben Sie, dass er irgendwo raufgestiegen ist?« Sie geht zur Tastatur und gibt den Code ein.
»Vielleicht ist er aufs Geländer gestiegen«, sage ich. Plötzlich bin ich die Expertin für Jean-Baptiste Chandonnes Verhalten, und diese Rolle gefällt mir überhaupt nicht. »Und vor Ihrem Haus?«
»Er hätte auf das Geländer steigen und sich an der Wand oder dem Dach festhalten können«, sage ich.
»Es sind keine Fingerabdrücke auf Ihrer Lampe oder Glühbirne, falls Sie es noch nicht wissen«, sagt sie. »Jedenfalls nicht seine.« Uhren ticken im Wohnzimmer, und ich erinnere mich, wie überrascht ich war, als ich nach ihrem Tod zum ersten Mal Diane Brays Haus betrat und ihre Sammlung perfekt synchronisierter Uhren und ihre teuren, aber kalten englischen Antiquitäten sah. »Geld.« Berger steht im Wohnzimmer und betrachtet die Recamiere, den rollenden Bücherwagen, den ebenholzschwarzen Schrank. »O ja, wirklich. Geld, Geld, Geld. Polizisten wohnen so nicht.«
»Drogen«, sage ich.
»Da können Sie Gift drauf nehmen.« Bergers Augen sind überall. »Konsumentin und Dealerin. Nur dass sie andere die Drecksarbeit erledigen lassen hat. Unter anderem Anderson. Unter anderem den Aufseher Ihrer Leichenhalle, der verschreibungspflichtige Medikamente stahl, die eigentlich ins Waschbecken gespült werden sollten. Chuck Soundso.« Sie berührt die goldenen Damastvorhänge und blickt hinauf zu de n Querbehängen. »Spinnweben«, sagt sie. »Staub, der älter als nur ein paar Tage ist. Es gibt noch andere Geschichten über sie.«
»Bestimmt«, sage ich. »Der Verkauf von Tabletten auf der Straße reicht für das alles und einen neuen Jaguar nicht aus.«
»Da bin ich wieder bei der Frage, die ich allen stelle, mit denen ich spreche.« Berger geht Richtung Küche. »Warum ist Diane Bray nach Richmond gezogen?« Ich kenne die Antwort nicht. »Nicht wegen des Jobs, gleichgültig was sie behauptet hat. Deswegen nicht. Auf gar keinen Fall.« Sie öffnet den Kühlschrank. Nur wenig befindet sich darin: Ein Trauben-Nuss-Müsli, Mandarinen, Senf, Miracle Whip. Fettarme Milch, deren Haltbarkeitsdatum gestern abgelaufen ist. »Interessant«, sagt Berger. »Ich glaube, diese Dame war kaum zu Hause.« Sie macht einen Schrank auf und blickt auf Dosensuppen, eine Schachtel mit Crackern und drei Gläser mit Oliven. »Martinis? Hat sie viel getrunken?«
»Nicht an dem Abend, als sie starb«, sage ich. »Stimmt. Null Komma drei Promille.« Berger öffnet einen anderen Schrank und noch einen, bis sie Brays Alkoholvorräte findet. »Eine Flasche Wodka. Eine Flasche Scotch. Zwei Flaschen Cabernet aus Argentinien. Nicht die Bar von einem, der viel trinkt. Wahrscheinlich war sie zu sehr auf ihre Figur bedacht, um sie mit Alkohol zu ruinieren. Tabletten machen zumindest nicht dick. Als Sie nach ihrem Tod hier waren, war das das erste Mal für Sie in ihrem Haus - in diesem Haus?«, fragt Berger. »Ja.«
»Aber Sie wohnen nur ein paar Blocks weit weg.«
»Ich kenne das Haus vom Vorbeifahren. Von der Straße aus. Aber ich war nie zuvor hier. Wir waren nicht befreundet.«
»Aber sie wollte sich mit Ihnen anfreunden.« »Mir wurde gesagt, dass sie mit mir essen gehen wollte. Um mich kennen zu lernen.« »Marino.«
»Ja, Marino hat es mir gesagt«, bestätige ich. Allmählich gewöhne ich mich an ihre
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