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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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kanntest du Carrie Grethen - du hattest sie in der Vergangenheit erlebt. Was, glaubst du, hat Benton gesagt und zu wem? Wer hat ihn erschossen?«
    »Ich kann nicht -«
    »Du kannst.« Ich sehe sie an.
    »Wer hat die Kontrolle verloren?« Sie stößt mich weiter, als ich je gedacht hätte, gehen zu können.
    »Sie.« Es kommt aus meinem Innersten. »Carrie. Weil es etwas Persönliches war. Sie kannte Benton aus alten Zeiten, als sie in Quantico anfing.«
    »Wo sie vor vielen Jahren auch Lucy kennen lernte. Vor zehn Jahren vielleicht.«
    »Ja, Benton kannte sie, er kannte Carrie, kannte sie wahrscheinlich so gut, wie man einen reptilienhaften Geist wie den ihren nur kennen kann«, füge ich hinzu.
    »Was hat er zu ihr gesagt?« Annas Augen lassen mich nicht los. »Wahrscheinlich irgendetwas über Lucy«, sage ich. »Etwas über Lucy, was Carrie beleidigt hat. Er hat Carrie beleidigt, ich glaube, er hat sie wegen Lucy verspottet.« Es besteht eine direkte Verbindung zwischen meinem Unterbewussten und meiner Zunge. Ich muss nicht einmal denken.
    »Carrie und Lucy hatten ein Verhältnis in Quantico«, füg t Anna ein weiteres Puzzlestück hinzu. »Beide arbeiteten mit dem Künstliche-Intelligenz-Computer.«
    »Lucy war eine Praktikantin, ein Teenager, ein Kind, und Carrie hat sie verführt. Sie arbeiteten zusammen. Ich habe Lucy zu diesem Praktikum verholfen«, sage ich voll Bitterkeit. »Ich. Ihre einflussreiche, mächtige Tante.«
    »Mit unbeabsichtigten Nebenfolgen, nicht wahr?«, fragt Anna. »Carrie hat sie benutzt...«
    »Hat Lucy lesbisch gemacht?«
    »Nein, so weit würde ich nicht gehen«, sage ich. »Man macht Leute nicht homosexuell.« »Hat sie Benton umgebracht? Kannst du so weit gehen?« »Ich weiß es nicht, Anna.«
    »Eine flüchtige Vergangenheit, eine persönliche Geschichte. -Ja. Benton hat etwas über Lucy gesagt, und Carrie hat die Beherrschung verloren und ihn einfach erschossen«, fasst Anna zusammen. »Er starb nicht, wie sie es geplant hatten.« In ihrer Stimme schwingt Triumph mit. »Das tat er nicht.«
    Ich schaukle vor und zurück, schaue hinaus in den grauen Vormittag, in dem jetzt Wind tobt. Er verausgabt sich in Böen, die tote Äste und Zweige durch Annas Garten treiben und mich an den zornigen Baum erinnern, der in Der Zauberer von Oz mit Äpfeln nach Dorothy wirft. Anna steht wortlos auf, als hätte sie einen Termin. Sie lässt mich allein, um sich um andere Dinge zu kümmern. Wir haben für den Augenblick genug geredet. Ich ziehe mich in die Küche zurück, und dort findet mich Lucy, als sie gegen Mittag vom Training wiederkommt. Ich will gerade eine Dose mit Tomaten öffnen, als sie hereinkommt, die Anfänge einer Marinarasauce köcheln auf dem Herd.
    »Brauchst du Hilfe?« Sie sieht zu den Zwiebeln, Paprika und Pilzen auf dem Hackbrett. »Ziemlich schwierig, alles mit einer Hand.«
    »Setz dich auf einen Stuhl«, sage ich. »Und lass dich davon beeindrucken, wie ich allein zurechtkomme.« Ich übertreibe meine Tapferkeit, als ich die Dose ohne Hilfe öffne, und sie lächelt, als sie sich auf einen Barhocker auf der anderen Seite der Theke setzt. Sie trägt noch immer ihren Jogginganzug, und in ihren Augen glimmt ein geheimnisvolles Licht, das mich an einen Fluss erinnert, in dem früh am Morgen die Sonne aufblitzt. Mit zwei Fingern meiner eingegipsten Hand halte ich eine Zwiebel fest und beginne zu schneiden.
    »Weißt du noch unser Spiel?« Ich lege die Zwiebelscheiben flach auf das Brett und hacke sie. »Als du zehn Jahre alt warst? Oder kannst du dich nicht so weit zurückerinnern? Ich werde es jedenfalls nie vergessen«, sage ich in einem Tonfall, der klarstellen soll, was für eine unmögliche Göre Lucy als Kind war. »Du hast ja keine Ahnung, wie oft ich dich beurlaubt hätte, hätte ich die Wahl gehabt.« Ich spreche dieses schmerzhafte Thema an, weil ich mich nach dem schonungslosen Gespräch mit Anna, das mich sowohl genervt als auch erleichtert hat, mutig fühle. »So schlimm war ich auch wieder nicht.« Lucys Augen funkeln, weil sie gern hört, dass sie ein schreckliches Kind gewesen ist. Ich werfe die gehackten Zwiebeln in die Sauce und rühre um. »Wahrheitsserum? Erinnerst du dich an dieses Spiel?«, frage ich sie. »Ich kam nach Hause, normalerweise von der Arbeit, und sah deinem Gesicht an, dass du was angestellt hattest. Du musstest dich in den großen roten Sessel im Wohnzimmer setzen, weißt du noch? Er stand neben dem Kamin in meinem alten Haus in Windsor Farms.

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