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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Tyacke.
    »Es war die Wahrheit«, antwortete Bolitho.
    »Wird er freigesprochen, Sir?«
    »Wir müssen ihn freibekommen!« Er fragte sich hinterher, ob Tyacke das ›wir‹ gehört hatte.
    »Hier ist Ihr treuer Schatten«, sagte der Commander.
    Allday drängte sich durch die schwätzenden Gruppen und hob die Hand grüßend an den Hut.
    »Bitte um Verzeihung, Sir Richard, aber ich dachte, Sie würden Ihren Imbiß vielleicht gern im Kartenraum des Masters zu sich nehmen.« Er lächelte grimmig. »Mr. Julyan bestand darauf.«
    »Und mir ist es sehr angenehm«, antwortete Bolitho. »Das hier gefällt mir gar nicht.«
    Um ihn herum flanierten die Zuschauer, offenbar ohne alle Sorgen, warteten auf ihre Erfrischungen und schwatzten. Doch Bolitho erinnerte dieses Deck an jenen schrecklichen Septembermorgen: überall Tote und Verwundete, dazwischen der Erste Offizier, den eine französische Kugel in zwei Teile gerissen hatte.
    »Ich glaube nicht, daß ich heute unter diese Leute gehöre.« Tyacke streckte die Hand aus. »Ich muß leider schon gehen, Sir Richard. Bitte grüßen Sie Lady Somervell von mir.« Er sah Kapitän Keen an der Gangway warten, um ihn zu verabschieden. »Alles Gute für Sie, Sir!«
    Keen begrüßte Tyacke, der damals die lange Reise bis Zennor auf sich genommen hatte, um an seiner Hochzeit mit Zenoria teilzunehmen. Die entsetzten Blicke und die brutale Neugier, an die er sich nie gewöhnen würde, hatten ihn nicht abgeschreckt.
    »Danke, Commander Tyacke«, sagte Keen. »Ich werde das nicht vergessen.«
    Tyacke lüftete seinen Hut, und die Musketenkolben der Seesoldaten knallten beim Salut aufs Deck; wie weißer Rauch stieg das Talkum von ihren gekreuzten Brustriemen auf, während die Pfeifen trillerten. Bolitho blickte Tyacke nach, bis sich dessen Gig aus dem Schatten des großen Linienschiffes entfernt hatte.
    »Kommen Sie mit zum Master, Val«, forderte er dann Keen auf.
    Eine Glocke erklang, und wie eine Welle bewegten sich die Besucher auf das Essen zu, das – wie man hörte – vom »George Inn« in Portsmouth an Bord gebracht worden war.
    Ozzard hatte für Bolitho einen Imbiß vorbereitet, der vor allem aus vielen Sorten Käse, aus frischem Brot und aus Wein zu bestehen schien. Er hatte sehr schnell begriffen, was Bolitho mochte und was nicht, wenn er unter Anspannung stand.
    »Wie ist Ihr Eindruck, Sir Richard?« fragte Keen.
    Bolitho bedachte immer noch, was er beobachtet hatte, ehe er den Kartenraum betrat. Beim großen Ruderrad hatten der Vertreter der Anklage und Sir Paul Sillitoe leise miteinander gesprochen.
    »Wenn er sich doch nur einen Verteidiger genommen hätte! Dies ist alles viel zu persönlich, zu undurchsichtig, als daß Außenseiter es verstehen würden.« Er schnitt ohne Appetit an dem Käse herum. »Aber ich denke, wir haben es bald hinter uns. Heute nachmittag macht Kapitän Gossage von der
Benbow
seine Aussage. Über die Schlacht kann er wenig berichten, weil er ja gleich zu Beginn verwundet wurde. Viel wird abhängen von seiner Einschätzung der Lage und was er als Flaggkapitän riet und tat.«
    »Und morgen?«
    »Morgen sind wir dran – und Thomas selbst.«
    Keen erhob sich. »Ich sollte mich jetzt um die hohen Herren in meiner Kajüte kümmern.« Das klang nicht so, als freue er sich darauf.
    »Noch einen Augenblick, Val.« Bolitho schloß die Tür. »Ich habe eine Idee – nein, eigentlich hatte Catherine die Idee.«
    »Von dieser Dame lasse ich mich immer gern leiten, Sir.«
    »Während wir nach Kapstadt unterwegs sind, möchte sie, daß Zenoria in unser Haus in Cornwall zieht. Sie haben hier zwar eins gemietet, bis die
Black Prince
vollständig ausgerüstet ist, aber in Cornwall wäre Zenoria unter Leuten, die sie sehr mögen und sich um sie kümmern. Und dann gibt es noch einen Grund.«
    Er spürte, wie Keen sich versteifte, Abwehr aufbaute. Warum? So schlimm stand es um die beiden?
    »Zenoria hat Catherine mal gesagt, es wäre wunderbar, wenn sie unsere Bibliothek benutzen könnte, die mein Großvater eingerichtet und bestückt hat.«
    Keen lächelte jetzt, seine Augen glänzten. »Ja, ich weiß, sie möchte mehr wissen, möchte sich fortbilden.« Er nickte langsam. »Das ist sehr gütig von Lady Catherine. Zenoria wäre sonst nach unserer Hochzeit zum ersten Mal allein …«
    »Gut. Dann bleibt’s dabei.«
    Als die Verhandlung fortgesetzt wurde, ließ Bolitho den Blick über die Versammelten schweifen. Zuschauer – mehr waren sie nicht. Wie die Zuschauer bei einer

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