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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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den Tisch, je nach dem Heben und Senken des Hecks. Keen unterhielt sich leise mit Catherine, Jenour saß an einem kleinen, schön geschnitzten Tisch und schrieb. Der Tisch stammte wahrscheinlich von einem Schiffszimmermann, wie viele von Bolithos Möbeln in Falmouth.
    Er sah Jenour über die Schulter. Der Flaggleutnant schrieb keinen seiner langen Briefe an seine Eltern, er arbeitete an einer Zeichnung. Männer schrubbten darauf das Vordeck, eine Möwe hockte mit gespreizten Flügeln auf der Reling und verlangte schreiend nach Freßbarem.
    Jenour sah Bolithos Schatten, schaute auf und errötete.
    »Nur eine Skizze zum Brief an meine Eltern, Sir Richard.« Er wollte das Blatt zur Seite schieben aber Bolitho griff danach und hob es hoch. »Nur eine Skizze, Stephen? Aber das ist doch eine ganz ausgezeichnete Arbeit!«
    Er fühlte, wie Catherine sich in der schwankenden Kajüte bei ihm einhakte.
    »Das habe ich ihm auch schon gesagt«, meinte sie. »Und ihn gebeten, ein Porträt von uns beiden zu zeichnen.« Ihre Augen trafen sich, und wieder war es, als seien sie ganz allein in der Kajüte.
    Bolitho lächelte, und seine Blicke streichelten sie. »Im Zeichnen ist er fast besser denn als Flaggleutnant«, scherzte er. Ozzard wartete, bis alle Platz genommen hatten, und ging dann zu Sophie in die Pantry, um das Essen aufzutragen.
    »Mich beneidet gewiß jede Frau«, sagte Catherine. »Drei attraktive Marineoffiziere und keine, mit der ich sie teilen müßte.« Sie sah, wie Bolithos Ausdruck sich änderte. »Stimmt was nicht, Richard?«
    Jenour vergaß seine Verlegenheit, und Keen war plötzlich so wach und aufmerksam, als stünde die
Golden Plover
unter seinem Kommando.
    Leise sagte Bolitho: »Ich glaube, wir werden verfolgt. Der Skipper sagt zwar nein, aber ich fühle es.«
    »Ihre Gefühle haben Sie selten getäuscht, Sir«, bemerkte Keen.
    Catherine beobachtete ihn vom anderen Ende des Tisches, wollte ihm nahe sein, die plötzliche Störung mit ihm teilen.
    »Und warum folgt man uns?«
    Bolitho sah nach, ob die Tür zur Pantry geschlossen war, und antwortete leise: »Wir haben genug Gold an Bord, um das gesamte Heer in Kapstadt auszuzahlen.« Beruhigt hörte er das Geklapper von Geschirr und Besteck nebenan. »Morgen brauche ich Sie, Val. Steigen Sie mit einem Glas in den Ausguck und sagen Sie mir, was Sie sehen. Meine Augen könnten mich im Stich lassen.« Er wandte sich an Catherine, weil er ihre Niedergeschlagenheit spürte. »Es geht mir gut, Catherine.« Dann traten Ozzard und das Mädchen mit Terrinen und Platten ein. Es
muß
mir gutgehen, dachte Bolitho.
    Wie vorhergesagt, ließ Samuel Bezant, Skipper der
Golden Plover,
zwei Tage, nachdem sie das Segel achteraus entdeckt hatten, den Anker im gewaltigen Schatten des Felsens von Gibraltar fallen.
    Bolitho schickte Keen und Jenour an Land, dem Hafenadmiral seine Grüße auszurichten, und entschied sich, eher verborgen unter Deck zu bleiben. Catherine stand neben ihm und schaute hoch zu dem gewaltigen, keilförmigen Felsen.
    »Ich wünschte, wir könnten an Land zusammen spazieren gehen«, seufzte sie. »Aber du hast natürlich recht. Besonders weil du immer noch glaubst, daß das fremde Schiff uns nicht zufällig begegnet ist.«
    Keen war mit seinem Teleskop nach oben geklettert und hatte Mastspitzen und Rahen eines kleinen Zweimasters gesehen, einer Brigg sehr ähnlich. Aber dann hatte sich Seenebel auf die Kimm gelegt, und als er sich wieder gelichtet hatte, war das fremde Schiff verschwunden – und nie wieder gesichtet worden.
    Bolitho strich ihr mit der Hand über den Rücken und spürte, wie sie sich wohlig versteifte. »Ich könnte dich auch nicht allein hier lassen.«
    Sie sah ihn mit halboffenen Lippen an. »Was würden die anderen wohl sagen, wenn sie uns hier so fänden?« Lachend entwand sie sich seinem Griff. »Es ist schön, mit dir an Bord zu sein. Hier mußt du beiseite stehen und andere das Schiff führen lassen, deshalb haben wir endlich Zeit für uns. Die Tage vergehen ohne Unruhe und in Frieden, du liest mir abends Shakespeare vor und rauchst sogar mal Pfeife, was du in Falmouth selten tust. Da wünsche ich mir dich und begehre dich zur gleichen Zeit.«
    »Ist Wünschen und Begehren nicht das gleiche?«
    Sie hob das Kinn und sah ihm gerade in die Augen. »Ich werde dir den Unterschied zeigen, wenn …«
    Ein Boot glitt unter ihrem Heck hervor, und wenige Augenblicke später kam Bezant nach achtern, um zu berichten, was er an Land erfahren hatte.

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