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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Vielleicht lag es auch daran, daß er genau wie Keen und Jenour seine Uniform abgelegt hatte und wie jeder andere an Bord aussah.
    Erst drei Tage auf See, und schon hatten sie die Gefahren der Biskaya hinter sich. Nur einmal hatte der Ausguck im Großtopp die obersten Rahen eines Kriegsschiffs über der Kimm gesehen. Samuel Bezant hatte sofort Kurs geändert, weg von dem Schiff, denn ob Freund oder Feind, seine Befehle waren eindeutig: Vermeiden Sie jede Begegnung mit den Blockadegeschwadern.
    »Tut mir leid, Sir Richard«, sagte er zu Bolitho, »aber jedes unserer Schiffe mit einem Admiralswimpel könnte von mir unter einem Vorwand verlangen, daß ich beidrehe.«
    Über den Feind meinte er nur verächtlich: »Meine
Plover
hat auch seine schnellsten Fregatten immer ausgesegelt. Die liegen zwar breit im Wasser, aber wir haben viel Tiefgang und können selbst in schwerem Wetter besser aufkreuzen!«
    Bezant stand jetzt tief in ein Gespräch mit seinem Steuermann versunken. Bolitho ging übers Deck zu ihnen. »Sie machen gute Fahrt.«
    Bezant sah ihn scharf an und fragte sich wohl, ob sich hinter dieser Bemerkung Kritik verbarg.
    »Aye, Sir Richard, ich bin zufrieden. Wir gehen in zwei Tagen in Gibraltar vor Anker.«
    Wie die meisten Handelsschiffskapitäne hätte er lieber Madeira angelaufen oder Lissabon, um dort Proviant zu günstigen Preisen zu bunkern. Aber es war schon sinnvoll, sich dort jetzt nicht sehen zu lassen. Weil die Franzosen Portugal besetzt hatten, mußten Engländer mit einer feindlichen Besatzung auf den Inseln rechnen. Aber
Golden Plover
war gut verproviantiert und hatte nur wenige Menschen an Bord, verglichen mit einem Kriegsschiff. Sie konnte lange Reisen machen und alle Gefahren meiden. Natürlich brauchten sie schon bald neues Trinkwasser, aber Bezant kannte Quellen oder Bäche selbst auf weniger bekannten Inseln.
    Gibraltar … Der Name ließ Bolithos Herz erstarren. Dort war er nach dem Verlust seiner
Hyperion
an Land gegangen. Wie viele Erinnerungen banden ihn doch an dieses alte Schiff!
    »Ich habe nichts dagegen, wenn wir in Gibraltar bald wieder Anker lichten, Sir Richard«, sagte Bezant, »Wir halten uns am besten weit weg von Land – in Gibraltar beobachten tausend Augen jedes Schiff.«
    »An Deck!«
    Sie blickten nach oben. Nur noch auf den Toppsegeln glänzte Sonnenschein. Der Ausguck sah mit seinem ausgestreckten Arm aus wie eine Bronzefigur.
    »Segel in Nordost!«
    Bezant mußte kaum die Stimme heben. »Beobachte weiter, Billy!« Und an Bolitho gewandt: »Vielleicht eins Ihrer Schiffe, Sir Richard. Wie auch immer, in der Dunkelheit werden wir ihm davonsegeln.«
    »Welche Fracht haben Sie an Bord?«
    Bezant zögerte. »Wenn Sie schon fragen, nun ja, also …« Er sah Bolitho so verlegen an, als habe er auf diese Frage gewartet, seit er seine Befehle entgegengenommen hatte.
    »Unsere Fracht ist auch ein Grund, allen Begegnungen auszuweichen und jeden über unseren Standort im unklaren zu lassen.« Er atmete tief durch. »Es ist Gold, Sold für das Heer in Kapstadt. Und jetzt, mit so wichtigen Gästen an Bord, habe ich ein Gefühl, als brenne das Gold ein Loch in den Rumpf.« Verbittert fügte er hinzu: »Ich verstehe nicht, warum sie damit kein Kriegsschiff losschicken. Eine Fregatte zum Beispiel könnte mit dem Feind umgehen. Ich werde nur dafür bezahlt, ihn zu meiden.«
    Bolitho wußte, wie nötig die Kriegsschiffe im Einsatz gegen die Franzosen in Portugal waren, bald auch in Spanien, das Napoleon jetzt unter Druck setzte. »Wir haben eben nicht genug Kriegsschiffe«, sagte er und erinnerte sich an seines Vaters Worte: »Es gibt nie genug Fregatten!«
    Ein leichter Schritt war vom Niedergang zu hören. Bolitho sah die zierliche Figur Sophies auftauchen, die zu ihm herüberschaute und sich dabei an einem Handlauf festhielt, als ginge es um ihr Leben. Obwohl die Biskaya sich freundlicher als sonst gezeigt hatte, war Sophie einen ganzen Tag seekrank gewesen. Jetzt aber bewegte sie sich wieder so lebhaft wie immer, und ihre neugierigen Augen glänzten. Diese Welt war wirklich ganz anders als die Schneiderwerkstatt des Kleiderjuden in Whitechapel.
    »Das Abendessen ist fertig, Sir Richard! Ich soll Sie rufen.« Catherine hatte Sophie erklärt, wie sie sich auf dem Schiff benehmen sollte, und Bolitho hatte sie zurückwispern hören: »Mit Männern kenn’ ich mich aus, Mylady. Ich paß schon auf mich auf.«
    Die Kajüte sah einladend aus, die Laterne warf ihre leuchtenden Kreise über

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