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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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man ihm seine Verlegenheit jetzt deutlich ansehen können.
    Der Kapitän nickte bedächtig. »Mir immer, Mylady. Aber ich dachte, ich warne Sie lieber rechtzeitig. Vor der Sprache der Männer und überhaupt.«
    Sie trat an das Ruderrad und ließ die Finger über die Speichen gleiten. »Wir sind in Ihren Händen, Kapitän Bezant. Aber ich bin ganz sicher, daß wir wunderbar miteinander auskommen werden.«
    Bezant wischte sich den Mund mit dem Handrücken. »Sind Sie bereit, Sir Richard? Ich würde gern ankeraufgehen, denn die Tide hier kann ziemlich unangenehm werden.«
    Bolitho lächelte. »Ich bin hier geboren und aufgewachsen, aber auf die Tide in der Carrick-Reede würde auch ich mich nicht verlassen.«
    Er hörte den Kapitän erleichtert aufatmen, als seine Passagiere im Niedergang verschwanden. Unter Deck war überraschend viel Platz, und trotz der niedrigen Höhe wirkten die Kajüte, die Kabinen und Kammern groß und bequem.
    »Ich kann die Kombüse und die Proviantlast des Schiffes mitbenutzen, Sir Richard«, berichtete Ozzard. »Wir werden schon dafür sorgen, daß Sie nicht verhungern.« Auch er schien froh über den Aufbruch. Oder lief er immer noch vor etwas davon?
    Catherine schloß hinter sich die dünne Tür der Kajüte, die für sie vorbereitet war, und sah sich um, plötzlich unsicher geworden.
    Ob sie wohl an ihr erstes Mal auf See zurückdenkt? fragte sich Bolitho. Luis, ihr erster Mann, war damals getötet worden, als nordafrikanische Piraten das Schiff überfielen. Er erinnerte sich noch an ihre kochende Wut, als sie ihn dafür verfluchte. Doch später hatte sich ihre Wut in Liebe verwandelt.
    Sie legte die Hand auf eine der Schwingkojen und lächelte.
    Als sie sich umdrehte, sah er den Puls an ihrem Hals und den Schelm in ihren Augen.
    »Ich segle gern mit dir, Liebster, aber wie sollen wir in diesen Särgen schlafen?« Sie lachte, und draußen verhielt ein Schritt, als lausche jemand. »In manchen Nächten werden wir wohl den Fußboden vorziehen!«
    Als er sie in die Arme nahm, hörte sie den fernen Schrei: »Anker ist kurzstag!«
    Dann folgten das gleichmäßige Klicken des Spills, das Stampfen nackter Füße, als die Männer oben an die Brassen und Fallen liefen, und ein dumpfer Ruck, als das Ruder gelegt wurde.
    Sie flüsterte ihm ins Ohr: »Die Musik der See macht das Schiff wieder lebendig. Ich weiß, was das für dich bedeutet.« Als sie den Kopf hob, glänzten ihre Augen feucht. »Und jetzt darf ich das alles mit dir teilen.« Wieder wechselte ihre Stimmung. »Laß uns an Deck gehen, Richard, für einen letzten Blick aufs Land.«
    »Anker ist frei!«
    Sie stolperten zum Niedergang und hielten sich am Handlauf fest, als die lebhafte Barkentine Fahrt aufnahm und sich wie ein Fregatte überlegte.
    Bezant stand mit gespreizten Beinen da wie angewachsen, seine Augen sprangen immer wieder vom Kompaß zum flatternden Klüver, bis auch der so bretthart stand wie die anderen Segel Catherine hakte sich bei Bolitho ein und beobachtete, wie sich der Bug langsam an Pendennis Castle vorbeischob. Das Deck hob und senkte sich schon im lebhaften Seegang des Kanals. Männer glitten an den Stagen des Fockmasts herunter und rannten nach achtern, um am Besan mitzuhelfen, bis auch dessen Segel über der tanzenden Gischt stand, dichtgeholt für den anliegenden Kurs.
    Unter Deck würde die Freiwache viel zu bereden haben. Als Passagier ein Admiral der Königlichen Marine, der seinen gesellschaftlichen Ruf wegen einer Frau mit wehendem Haar, lachendem Mund und blitzenden Augen ruiniert hatte.
    Das Schiff ging noch einmal über Stag. Die See rauschte durch die Speigatten, bis das Ruder es auf den neuen Kurs gezwungen hatte.
    Später sagte Bezant zu seinem Steuermann: »Die beiden standen eng umschlungen da, als wäre sonst niemand an Bord.«
    Richard Bolitho kam an Deck, als die Sonne sank und die See sich von einer blauen in eine rostrote Unendlichkeit verwandelte. Land war schon lange nicht mehr in Sicht, aber Möwen begleiteten sie immer noch, ließen sich um das Rigg treiben und hockten sich manchmal auf die Rahen des Fockmasts.
    Drei Tage nach Falmouth hatte die
Golden Plover
gezeigt, wie schnell sie war und wie willig sie den Befehlen ihres grauhaarigen Kapitäns gehorchte.
    Barfüßig standen die beiden Rudergänger am Rad und schickten lange Blicke in den Besantopp und kurze auf den Kompaß. Bolitho beachteten sie nicht. Vielleicht hatten sie sich mittlerweile an die Passagiere gewöhnt, dachte Bolitho.

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