Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
wären sie nur wenige Meilen vorangekommen. Keen, neben Owen hockend, studierte Boot und Mannschaft, als wolle er ihre Überlebenschancen prüfen. Bolitho hob leicht den Kopf und merkte, wie sich Catherine neben ihm aufrichtete. Sie wußte, was er suchte.
    Da war er wieder, der große Schatten, ihr steter Begleiter seit dem Schiffbruch. Nur gelegentlich zeigte der Hai seine scharfe Rückenflosse, wenn er nach oben glitt und damit wieder all ihre Hoffnungen schwanden, dem Verfolger entkommen zu sein.
    Catherine fragte: »Wo mag das andere Boot sein?«
    Der Gedanke daran schmerzte ihn. »Der Bootsmann hat sich wohl entschlossen, uns nicht durch das Riff zu folgen. Er hat das größere Boot, mit mehr Leuten. Er wird auf der anderen Riffseite geblieben sein und von dort aus auf Land zugehalten haben.« Doch insgeheim wußte Bolitho, daß den Kutter das gleiche Schicksal wie die Meuterer ereilt haben mußte. Entweder war er in den Brechern gekentert oder auf dem Riff zerschellt. So oder so, die Haie würden niemanden am Leben lassen, der darüber berichten konnte.
    Er sagte: »Ohne deine Vorbereitungen hätten wir zu wenig Proviant an Bord. Käse und Schiffszwieback, Rum und Brandy – viele haben schon mit weniger überlebt.« Er sah die beiden kleinen Wasserfässer an, die zwischen den Duchten auf dem Boden festgelascht waren. Trinkwasser. Aber wie lange würde es für dreizehn Leute reichen?
    Catherine schob ihm das Haar aus der Stirn. »Ich bin ganz sicher, wir werden Hilfe finden.« Sie nahm das Medaillon von seiner Brust, sah es an und sagte lächelnd: »Ich war viel jünger damals …«
    Bolitho drehte sich mühsam zu ihr um. »Es gibt immer noch keine schönere Frau als dich, Kate.« Seine Stimme klang wie die eines jungen Mannes, unsicher, verwundbar, aber liebevoll.
    Von Schmerzen gepeinigt, schrie Bezant auf: »Helft mir, um Gottes willen!« Und mit dem nächsten Atemzug: »An die Luvbrassen, Mr. Lincoln! Hol dicht, aber schnell!«
    Der Matrose Cuppage fluchte. »Warum stirbt der arme Teufel nicht endlich?«
    Bolitho starrte auf die See hinaus: endlos, erbarmungslos. Cuppage sagte nur, was die meisten dachten.
    Catherine fragte: »Hallo, Val – kommen Sie zu Besuch?« Bolitho biß sich auf die Lippen. Er hatte nicht gesehen, daß Keen über die Duchten hinweg und zwischen den gebeugten, erschöpften Männern hindurch nach vorn gekrochen war.
    Keen versuchte zu lächeln. »Allday sagt, er kann eine Brise riechen.« Schützend hielt er die Hand über die Augen und blickte auf die spiegelglatte See. »Noch sehe ich keine Spur davon.« Er drehte sich um. »Um Bezant steht es schlimm, seine Wunde ist vereitert. Ozzard hat es gemerkt, als er ihm etwas Wasser einflößte.«
    »Lebensgefahr, Val?« Die Frage war fast überflüssig. Die meisten Seeleute, so hieß es, starben nicht an feindlichen Geschossen, sondern an stümperhafter Chirurgie und dem fehlenden Wissen ihrer Ärzte.
    Catherine hörte die beiden Männer reden und wunderte sich über ihren eigenen Stolz, bei ihnen zu sein. Ihre Kleidung war beschmutzt, klebte vor Gischt und Schweiß an ihrer Haut und enthüllte mehr, als sie verbarg. Sogar das bißchen Leinwand, hinter dem sie ihre Notdurft verrichteten, gewährte nur scheinbare Abgeschiedenheit.
    Aber selbst das vergaß sie, wenn sie den beiden Männern, die sie am besten kannte, lauschte oder zusah: dem Mann, den sie über alles in der Welt liebte, und seinem Freund, der aus dem, was er in England zurückgelassen und wohl für immer verloren hatte, ungeheure Kraft bezog.
    Sie wußte, was die beiden besprachen, obwohl niemand anderer es ahnte. Und sie erlebte hier selber, was Richard Bolithos Ruhm ausmachte. Man sang daheim Heldenlieder über ihn, in den Kneipen und Bierstuben war er der Anlaß vieler Gerüchte. Und doch flößte sein Führungsstil allen Männern Mut, ja sogar Liebe ein. Zwar würde er selbst das stets bezweifeln. Er glaubte, die Männer beneideten ihn um Catherine. Daß es genau umgekehrt war, wäre ihm nie eingefallen.
    Sie hörte ihn fragen: »Also bald?«
    Keen nickte langsam, als schmerze ihn die Zustimmung.
    »Wir müssen es bei Tageslicht machen, Sir. Wenn Allday recht hat mit dem Wind …« Er schaute zu Bezant im Heck hin, der in Ohnmacht gesunken war. »Ich glaube, er ahnt es, Sir.«
    Catherine sagt: »Ich werde euch helfen.«
    Bolitho ergriff ihren Arm und schüttelte den Kopf. »Nein, Kate. Ich spreche mit Allday.« Bewegt blickte er seinen Flaggkapitän an. »Allday hat

Weitere Kostenlose Bücher