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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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einmal einen Splitter, so groß wie ein Babyfuß, aus Vals Leiste geschnitten, als der Schiffsarzt zu tief in Bacchus’ Armen schlief.«
    Catherine blickte von einem zum ändern. Das war nun nicht mehr allein ihre Männerwelt, sie gehörte jetzt dazu. Bolitho flüsterte: »Denk an unser Haus, Kate. Denk an den kleinen Strand, auf dem wir uns geliebt haben, bis die Flut uns vertrieb.« Er sah den Glanz in ihre Augen zurückkehren. »Das alles wartet auf uns. Wir dürfen nicht aufgeben.« Dann kroch er nach achtern, berührte hier eine Schulter, sprach dort mit jemandem.
    Catherine wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel. Bolitho sah schmutzig und abgerissen aus, doch selbst ein Fremder hätte erkannt, wer er war.
    Bolitho erreichte das Heck. »Irrst du dich auch nicht mit dem Wind, alter Freund?«
    Allday blinzelte zu ihm hoch, sein Mund war für eine schnelle Antwort zu ausgetrocknet. »Kein Irrtum, Sir. Er hat auch ein bißchen gedreht, kommt jetzt westlicher.«
    Bolitho hockte sich neben ihn, schaute auf die See hinaus und fühlte Zuneigung zu diesem großen, unbesiegbaren Mann. Wenn sie doch bloß einen Kompaß oder einen Sextanten gehabt hätten! Aber sie hatten nichts außer den Sternen in der Nacht und der Sonne bei Tag. Selbst ihre Fahrt durchs Wasser konnten sie nur schätzen.
    »Also gut«, murmelte er. Dann winkte er Jenour heran.
    »Übernehmen Sie die Pinne und halten Sie Kurs.« Er wartete, bis die anderen sich aufgerichtet hatten. Sie boten einen trostlosen Anblick. Die geträumt hatten, starrten jetzt auf die leere See, hatten alle Hoffnung auf Rettung verloren. Andere blickten um sich, als erwarteten sie das Pfeifen des Bootsmanns und das Stampfen nackter Füße auf dem Deck der
Golden Plover
.
    Bolitho mußte plötzlich an England denken. Was würde man dort jetzt sagen und denken? Die Klugen würden wie beim Tod Nelsons ihren hämischen Neid verbergen, während andere sich sicher schon auf seinen Platz drängelten. In den Häfen und auf den Fluren der westlichen Grafschaften würden sich viele an ihn erinnern. Und Adam würde schnell lernen müssen, wem er die Hand geben konnte und vor wem er sich hüten mußte.
    Bolitho zwang sich in die Gegenwart zurück. »Mr. Bezant hat große Schmerzen«, sagte er zu Ozzard. Der hatte das längst gemerkt, an dem penetranten, widerlichen Gestand der entzündeten Wunde, in der der Brand tobte. »Ich brauche einen Freiwilligen. Kapitän Keen und mein Bootssteurer wissen schon, was sie zu tun haben.«
    Ozzard war sofort dabei. »Ich kann weder rudern, noch reffen, noch ein Boot steuern.« Er hob die Schultern. »Aber von dem hier verstehe ich was.«
    Bolitho erkannte an Alldays entschlossenem Blick, daß dieser über den schmächtigen Ozzard offensichtlich mehr wußte, aber es wohl nie preisgeben würde.
    Leise instruierte Keen inzwischen Owen und Tojohns. »Legt die Riemen ein und haltet das Boot so ruhig wie möglich.« Er musterte das kleine medizinische Besteck, das Catherine in der Kajüte gefunden und mitgenommen hatte. Alldays Kraft und Sanftheit damals an Bord der Fregatte
Undine
hatte er nicht vergessen. Keen war damals ein siebzehn Jahre alter Midshipman gewesen. Allday hatte ihn nackt ausgezogen und ihm mit dem eigenen Messer den Splitter entfernt; danach war Keen in eine gnädige Ohnmacht gesunken. Die fürchterliche Narbe war immer noch zu sehen, doch nur wegen Alldays Mut und Behutsamkeit hatte er überlebt.
    Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte ihn. Zenoria hatte die häßliche, wulstige Narbe niemals gesehen noch gar gestreichelt. Nun würde sie es auch nie mehr tun können.
    Bolitho erriet Keens Gedanken und nickte ihm zu. »Zusammen, Val, vergiß das nie.«
    Im Bug hatte sich Sophie an Catherines Brust geflüchtet. Ozzard fragte: »Sind wir bereit, Sir Richard?«
    Sie öffneten Bezants Mund mit Gewalt, Ozzard goß ihm einen guten Schluck Brandy in die Kehle und schob ihm dann ein Stück Leder zwischen die Zähne.
    Allday nahm sein Messer und prüfte die glänzende Klinge, wie er ein Entermesser vor dem Kampf zu prüfen pflegte. Es mußte äußerst schnell geschehen: erst das Messer, dann die Säge. Wahrscheinlich würde Bezant trotzdem sterben, als erster von ihnen. Und was geschah mit dem, der als letzter noch lebte? In einem Boot voller Leichen … Er wischte sich den Schweiß aus den Augen und dachte an die schmucke Witwe mit der Kneipe in Fallowfield. Was würde sie empfinden, wenn sie von seinem Tod hörte? Aber vielleicht hatte sie ihn

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