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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ihre letzte Chance gekommen, sich einen Namen zu machen, ehe Ihre Lordschaften die Flotte hemmungslos abrüsten und die Seeleute vom Vorschiff bis zum Achterdeck an Land schicken würden. Das war stets der Dank des Vaterlandes am Ende eines Krieges.
    Mit roten Wangen vom scharfen Nordwind trat Keen ein.
    »Kaffee, Val?«
    Keen setzte sich mit schräg geneigtem Kopf, als lausche er immer noch auf die Arbeiten an Deck. Dann nahm er seinen Kaffee und trank ihn dankbar in kleinen Schlucken.
    Bolitho erinnerte sich mit Freuden an Joseph Browns Laden in der St. James Street von London. Catherine hatte ihn dort hingeführt und dafür gesorgt, daß Browns aromatischer Kaffee, Käse und Wein an Bord geschickt wurden. Nebenan bei Lock, dem Hutmacher, hatte Bolitho gezögert, als Catherine ihn zu etwas verleiten wollte, das er für zu extravagant hielt: einen neuen Hut mit Goldlitzen. Aber sie hatte darauf beharrt und auf Nelson verwiesen: »Auch dein Held hat seine Hüte hier gekauft. Glaubst du, daß er seiner Emma das Vergnügen verweigert hat, dafür zu bezahlen?«
    Bolitho lächelte in Erinnerung an diesen Einkaufsbummel. Es gab so vieles in London, was er nicht kannte, bis sie es ihm zeigte und es ihn genießen ließ.
    Keen riß ihn aus seinen Gedanken: »Wir haben jetzt achthundertsechzig Meilen im Atlantik geloggt. Wenn der Wind nachläßt, schütteln wir die Reffs aus. Ich bin’s leid!«
    Bolitho bemerkte das verkrustete Salz auf den Heckfenstern. Sechs Tage – sie kamen ihm vor wie ein ganzer Monat auf See. Sein Versprechen, an ihrem Geburtstag ein Glas auf Catherines Wohl zu trinken, hatte er nicht einhalten können.
    Ein Sturm hatte getobt, dabei war der Mann über Bord gegangen, und er selber hatte die ganze Zeit auf dem Achterdeck gestanden. Der alte Arzt Sir Piers Blachford hatte schon recht gehabt, als er ihm damals sagte: »Im Herzen sind Sie immer noch Fregattenkapitän. Es fällt Ihnen schwer, die Schiffsführung an andere abzutreten.«
    Bolithos Blick fiel auf seine Bücher. Eins lag offen da, wie er es gerade aus der Hand gelegt hatte. Bücher waren gute Gesellschafter. Manchmal war ihm beim Lesen tief in der Nacht so, als lese er Catherine laut vor. Wenn er die Augen schloß, sah er sie vor sich: Kerzenlicht spielte um ihren Hals und auf ihren hohen Wangenknochen; er spürte ihre seidige Haut unter seinen Händen und hörte ihre lebhaften Antworten. Was würde er empfinden, wenn er ohne sie nach English Harbour zurückkehrte?
    Der Türposten knallte seinen Gewehrkolben auf den Boden und brüllte: »Erster Offizier, Sir!«
    Keen zog eine schmerzliche Grimasse. »Warum müssen die Soldaten immer so schreien? Man könnte meinen, wir seien irgendwo auf freiem Feld.«
    Ozzard öffnete die Tür, und Sedgemore trat schnell ein.
    »Bitte um Verzeihung, Sir Richard!«
    Bolitho hörte irgendwo Kanonenräder quietschen, wahrscheinlich im mittleren Batteriedeck. Die Männer würden schnaufen und rutschen bei dieser harten Arbeit auf schlüpfrigen Planken. Aber Keen wußte, was er wollte, und würde sich mit dem Zweitbesten nicht zufrieden geben.
    Bolitho sagte: »Wenn die Angelegenheit keinen Aufschub duldet, dann gehört meine Kajüte Ihnen, Mr. Sedgemore.«
    Der Erste zögerte, als erwarte er noch einen Kommentar, einen Sarkasmus. »Danke, Sir Richard!« Und an Keen gewandt: »Der Ausguck im Großmast hat ein Segel im Nordosten gesichtet, Sir.«
    Keen rieb sich das Kinn und sah zu Bolitho hinüber. »Doch nicht wieder so ein Schatten wie auf der
Golden Plover

    »Wenn der Fremde ein Feind ist, wird er respektvoll Abstand halten. Und wir sind zu langsam, um ihn zu verfolgen. Was nun die Geheimhaltung unserer Reise angeht, so kennt wohl halb England unser Ziel«, sagte Bolitho.
    Keen dachte laut: »Mr. Julyan, der Master, sagte einen klaren Himmel für nachmittags voraus. Ich glaube, er hat wie Allday ein Ohr bei Petrus. Ich werde Owen, unseren Freiwilligen, nach oben schicken, mit einem Teleskop. Manchen Augen kann man nicht trauen.« Verlegen hielt er inne. »Tut mir leid, Sir Richard, ich bin taktlos. Wie konnte ich das nur sagen!«
    Bolitho legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. »Sie sind nicht taktlos, Sie haben recht.«
    »Also«, sagte Keen, »lassen Sie die Stückmannschaften wegtreten. Um sechs Glasen machen wir Nahkampfdrill.« Sedgemore verließ den Raum.
    »Wie entwickelt er sich, Val?«
    Keen sah Bolitho besorgt an, weil er das linke Auge mit den Fingern berührte, wahrscheinlich unbewußt. Doch

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