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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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leicht zu erkennen und erinnerten an Gewitterwolken, sowohl in ihrem Verhalten als auch in ihrer Kleidung. Das rothaarige Mädchen war in ein Handygespräch vertieft, und obwohl sie mit leiser Stimme sprach, handelte es sich unverkennbar um ein unangenehmes Thema. Das Mädchen blickte Laura griesgrämig an, verdeckte den Mund und den unteren Teil des Handys mit der Hand und verabschiedete sich von ihrem Gesprächspartner. Sie stopfte das Handy in eine armeegrüne Umhängetasche, stand auf und stapfte hochmütig an Laura vorbei. Laura versuchte, ihr zuzulächeln, und gab sich große Mühe, ihr ein »Tschüss« hinterherzurufen. Das Mädchen drehte sich auf der Türschwelle um, verwundert über den Gruß, und nuschelte etwas Unverständliches, bevor sie hinausging und die Tür hinter sich zumachte. Schade, dachte Laura. Das Mädchen war sehr hübsch, man könnte sie sogar als richtig attraktiv bezeichnen, wenn sie sich ein bisschen Mühe mit ihrem Äußeren geben, diese fürchterlichen Ringe aus den Augenbrauen und der Nase entfernen und wenigstens ab und zu einmal lächeln würde.
    Als Laura fast mit dem letzten Fenster fertig war, fiel ihr Blick auf den ersten wirklichen Schmutz. Er befand sich allerdings nicht auf dem Glas selbst, sondern es handelte sich um einen kleinen, bräunlichen Fleck neben dem metallenen Fenstergriff.
    Laura sprühte das Putzmittel auf den Griff und wischte mit dem Lappen von allen Seiten darüber. Manchmal übersahen die jüngeren Putzfrauen schmutzige Stellen, die nicht direkt ins Auge fielen. Laura schüttelte den Kopf über das Verhalten der Studenten in diesem Raum – der Fenstergriff war nur ein weiteres Beispiel für die Schweinerei, die sie veranstalteten. Wer konnte eigentlich so schmutzige Finger haben? Das Zeug ließ sich jedenfalls leicht abwischen. Laura betrachtete zufrieden das glänzend saubere Metall und fühlte sich, als hätte sie einen kleinen Sieg über den Fakultätsleiter Gunnar errungen. Als sie den Lappen wieder in ihre Kitteltasche stopfen wollte, starrte sie auf den Fleck, der sich auf dem Tuch gebildet hatte. Er war dunkelrot. Die braune Farbe hatte sich offenbar auf dem feuchten Stoff aufgelöst. Es war Blut – daran bestand kein Zweifel. Aber wie war es an den Fenstergriff gekommen? Laura konnte sich nicht an Blut auf dem Fußboden erinnern; derjenige, der den Fenstergriff angefasst hatte, musste doch noch an anderen Stellen Blut verloren haben. Ob das Blut möglicherweise mit dem Mord in Zusammenhang stehen könnte? Die Fenster waren aber doch nach dem Vorkommnis geputzt worden. Sie konnte sich zwar nicht daran erinnern, sie selbst geputzt zu haben, aber das hieß ja nicht, dass es nicht jemand anderes getan hätte. War im Ostflügel nicht genau an dem Tag nach dem Mord geputzt worden? Doch, natürlich! Die Polizei hatte sogar eine der jüngeren Frauen verhört, Gloria. Sie übernahm die Wochenendschichten.
    Was zum Teufel sollte Laura tun? Sie war nicht gerade scharf darauf, der Polizei den Sachverhalt auf Isländisch zu erklären. Außerdem bekäme sie vielleicht Schwierigkeiten mit den Behörden, nur weil sie den Fenstergriff und somit mögliche Fingerabdrücke des Mörders abgewischt hatte. Sie könnte auch Probleme bekommen, wenn sie eine große Sache aus etwas machte, für das es vielleicht eine ganz einfache Erklärung gab. Was für eine blöde Situation. Laura suchte den Fußboden nach weiteren Blutspuren ab. Wenn sie welche fände, wäre die Sache klar, denn sie hatte selbst seit dem Mord mehr als einmal den Fußboden hier drinnen geputzt. Dann wäre das Blut von einem neueren Unfall und es gäbe eine natürliche Erklärung.
    Aber auf dem Boden war kein Blut, noch nicht mal an den Fußleisten. Laura knabberte nervös auf ihrer Unterlippe. Sie sprach sich selbst Mut zu. Die Polizei hatte den Mörder verhaftet. Das hier spielte keine Rolle. Falls das Blut mit dem Mord in Verbindung stünde, wäre dies zweifellos nur ein weiterer Beweis dafür, dass der Verhaftete den Mord wirklich begangen hatte. Laura atmete tief ein. Nein, sie machte sich unnötige Gedanken – irgendein Student hatte Nasenbluten gehabt, ihm war schwindelig geworden und er hatte Luft schnappen wollen. Ihr Atem ging ruhiger, etwa eine Minute lang, bis ihr einfiel, was ihre eigenen Kinder bei Nasenbluten taten. Sie gingen ins Badezimmer – nicht ans offene Fenster.
    Laura zog den Lappen wieder hervor, um zu prüfen, ob sich in den Ritzen der Fußleisten Blut befand – falls in dem

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