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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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sie hinzu: »Mach dir keine Sorgen. Wenn das ein Problem wäre, wäre es schon längst rausgekommen.«
    Die Zimmertür öffnete sich und die Putzfrau kam heraus. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, gab es in der Welt des Putzens und Reinemachens große Neuigkeiten. Sie hatte einen Zug um den Mund, als habe man sie gezwungen, sauren Rhabarber zu essen. »Bríet«, sagte Marta Maria ins Telefon, »die Alte ist gerade rausgekommen. Ich suche noch mal genauer. Ich ruf dich später wieder an.« Sie legte auf, ohne auf Bríets Abschiedsgruß zu warten. Immer dieser verdammte Ärger.

11. KAPITEL
    Dóra saß an Harald Guntliebs Schreibtisch und blätterte in einem Stapel Papiere. Sie schaute auf, streckte den Rücken und richtete ihren Blick auf Matthias. Er saß, in dieselbe Arbeit vertieft, in einem Sessel in einer Ecke des Arbeitszimmers. Sie hatten entschieden, zuerst die Unterlagen durchzusehen, die die Polizei bei der Wohnungsdurchsuchung mitgenommen und vor kurzem wieder zurückgebracht hatte. Es handelte sich um drei große Pappkartons voller Unterlagen, und nach ungefähr einer Stunde Lesen und Sortieren hatte Dóra den Zweck dieser Aktion aus den Augen verloren. Die Papiere stammten von hier und dort, Briefe von der Bank oder von Kreditkartenfirmen und anderen Institutionen. Da das meiste auf Isländisch war, war Matthias nicht von großem Nutzen.
    »Wonach suchen wir eigentlich?«, fragte sie plötzlich.
    Matthias legte den Papierstapel, den er in der Hand gehabt hatte, auf einen kleinen Beistelltisch und rieb sich müde die Augen. »Erstens suchen wir nach etwas, das uns auf eine Spur führen könnte, etwas, das die Polizei übersehen hat. Etwas, das zum Beispiel erklärt, was mit dem Geld geschah, das auf Haralds Konto überwiesen wurde. Außerdem könnten wir auf etwas stoßen, das …«
    Dóra fiel ihm ins Wort. »Das hilft mir nicht. Ich meine, wir könnten vielleicht versuchen, uns darüber klar zu werden, wer möglicherweise mit dem Mord in Verbindung stehen oder davon profitiert haben könnte. Ich habe überhaupt keine Erfahrung mit Mordermittlungen und würde gern ein paar Dinge wissen, bevor ich weitere Unterlagen durchackere. Den Gedanken, das ganze Spiel noch mal von vorn zu beginnen, falls wir irgendwann eine Eingebung haben, finde ich nicht sehr verlockend.«
    »Nein, das kann ich verstehen«, sagte Matthias. »Ich bin aber trotzdem nicht sicher, was ich Ihnen antworten soll. Wir suchen nicht nach etwas genau Festgelegtem. Leider. Vielleicht suchen wir überhaupt nicht nach irgendetwas. Wir versuchen im Grunde nur, uns ein Bild von Haralds Leben vor dem Mord zu machen, um eine Ahnung davon zu bekommen, welche Umstände und Ereignisse zu dem Mord geführt haben könnten – dabei etwas zu finden, das auf den Mörder hinweist, wäre lediglich ein Pluspunkt. Die meisten Menschen, so viel ist klar, begehen einen Mord aus Eifersucht, Hass, Geldgier, Rache, Geisteskrankheit, Selbstschutz oder sexuellen Störungen.«
    Dóra wartete auf weitere Gründe, aber Matthias hatte seine Aufzählung offenbar schon beendet. »War’s das?«, fragte Dóra. »Es muss doch noch mehr Motive geben.«
    »Ich bin kein Fachmann auf diesem Gebiet«, antwortete Matthias irritiert. »Es gibt bestimmt noch mehr Motive, aber mir fällt nichts anderes mehr ein.«
    Dóra dachte über seine Worte nach. »In Ordnung, nehmen wir an, dies sind die Hauptmotive. Welches Motiv könnte zum Mord an Harald passen? War er zum Beispiel mit einer Frau zusammen? Könnte Eifersucht eine Rolle gespielt haben?«
    Matthias zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, er war Single. Trotzdem könnte Eifersucht mit im Spiel gewesen sein. Vielleicht war eine Frau in ihn verliebt und er nicht in sie.« Er schwieg einen Moment und fügte dann hinzu: »Ich glaube allerdings, dass Frauen ihre Opfer ziemlich selten erwürgen, daher ist ein Verbrechen aus Leidenschaft unwahrscheinlich.«
    »Stimmt«, sagte Dóra gedankenverloren. »Es sei denn, es war ein Verbrechen aus Leidenschaft, das von einem anderen Mann begangen wurde. War Harald vielleicht schwul?«
    Wieder zuckte Matthias mit den Schultern. »Nein, sicher nicht.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Dóra.
    »Ich weiß es halt«, antwortete Matthias. Er sah Dóras zweifelnden Gesichtsausdruck und fügte hinzu: »Es ist irgendwie komisch; ich spüre es normalerweise sofort, wenn ein Mann vom anderen Ufer kommt. Ich weiß nicht genau, warum, aber ich bin wirklich gut darin.«
    Dóra beschloss, dazu

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