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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Zimmer eine heftige Auseinandersetzung stattgefunden hatte, wäre es denkbar, dass beim Beseitigen der Spuren etwas zurückgeblieben war. Dann allerdings – sie bekreuzigte sich – würde sie die Polizei benachrichtigen, auch wenn das bedeutete, den netten Tryggvi zu beunruhigen. Laura kniete sich auf den Boden und tastete sich an den Wänden des Zimmers entlang. Nichts. Bis auf ein bisschen Staub und normalen Schmutz waren die Fußleisten und der Putzlappen vollkommen sauber. Sie fühlte sich besser und richtete sich auf, zufrieden mit dem Ergebnis. So ein Quatsch – selbstverständlich gab es eine einfache Erklärung für das Blut. Dass ihr überhaupt etwas anderes durch den Kopf ging, hing zweifellos mit dem Schock zusammen, den sie erlitten hatte, als die Leiche auftauchte – eine furchtbar übel zugerichtete und gottlose Leiche. Sie bekreuzigte sich erneut.
    Als sie das Zimmer verließ, blieb ihr Blick an der Türschwelle hängen. Diese stand etwas vom Fußboden ab, mehr als die Fußleisten, und Laura bückte sich, um mit dem Lappen darüber zu wischen. Der Lappen blieb an etwas hängen. Laura bückte sich noch tiefer, um herauszufinden, was den Widerstand ausgelöst hatte. Etwas Silbernes leuchtete auf, und Laura suchte nach einem Werkzeug, um die Türschwelle anzuheben. Ihr Blick fiel auf ein Lineal auf einem der Tische und sie holte es. Dann versuchte sie vorsichtig, den Gegenstand herauszuschieben, was ihr nach einigen Versuchen gelang. Laura hob den Gegenstand auf und rappelte sich wieder hoch. Es war ein kleines Sternchen aus Metall, etwa so groß wie der Nagel ihres kleinen Fingers. Laura legte den Stern auf ihre Handfläche und musterte ihn. Er kam ihr irgendwie vertraut vor, aber sie wusste beim besten Willen nicht, woher. Wo hatte sie ihn schon einmal gesehen? Laura hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn sie musste mit dem Fensterputzen weitermachen, wenn sie nicht zu spät zum Unterricht kommen wollte. Sie steckte das Sternchen mit dem festen Vorsatz in ihre Tasche, es Tryggvi später zu geben. Vielleicht wusste er, woher der Stern stammte. Dies hatte wohl kaum etwas mit dem Mord zu tun – ebenso wenig wie das Blut auf dem Fenstergriff, für das es gewiss eine simple Erklärung gab. Oder etwa nicht? Plötzlich fiel ihr der Finger wieder ein. Sie verdrängte die Erinnerung an dieses abscheuliche Vorkommnis und beschloss, ein Wort mit Gloria zu wechseln. Das Mädchen würde sicherlich am Wochenende arbeiten und Laura ebenfalls. Es war gut möglich, dass Gloria mehr wusste, als sie den anderen und der Polizei erzählt hatte.
     
    Marta Maria lehnte an der Wand im Flur und regte sich darüber auf, wie lange es dauerte, bis diese Putzfrau endlich fertig war. Es gab da drinnen ja nicht besonders viel zu putzen – man musste nur ein paar Dosen wegschmeißen, ein paar Tassen spülen und den Boden wischen. Sie schaute auf die Zeitangabe auf ihrem Handy. Verdammt – die blöde Kuh hatte sich bestimmt für ein Nickerchen aufs Sofa gelegt. Marta Maria tippte eifrig auf die Tastatur ihres Handys und suchte im Adressbuch Bríets Nummer. Bríet sollte endlich rangehen; es gab kaum etwas, das Marta Maria mehr nervte, als zu wissen, dass derjenige, den sie anrief, auf sein Display schaute, sah, dass sie es war, und den Anruf wegdrückte. Ihre Sorge erwies sich als unberechtigt.
    »Hi«, meldete sich Bríet.
    Marta Maria sparte sich die Höflichkeitsfloskeln. »Ich hab ihn nicht gefunden«, sagte sie mürrisch. »Bist du dir sicher, dass du ihn in die Schublade gelegt hast?«
    »Shit, Shit, Shit«, wiederholte Bríet mit nervöser Stimme. »Ich bin mir ganz sicher, dass ich ihn da reingelegt habe. Du hast es doch auch gesehen.«
    Marta Maria lachte spöttisch. »Vergiss es, ich konnte überhaupt nichts klar sehen.«
    »Ich hab ihn da reingetan. Ich weiß es«, antwortete Bríet trotzig. Sie seufzte tief. »Was soll ich Dóri sagen? Er wird stinksauer sein.«
    »Nichts. Du sagst ihm kein Sterbenswörtchen.«
    »Aber …«
    »Nichts aber. Er ist nicht da, und was nun? Was wirst du tun?«
    »Tja … Ich weiß nicht«, sagte Bríet ratlos.
    »Dann sei froh, dass ich es weiß«, entgegnete Marta Maria rasch. »Ich hab mit Andri gesprochen und er ist derselben Meinung wie ich – wir sagen nichts und tun nichts! Bleibt uns ja auch nichts anderes übrig.« Sie sagte Bríet nicht, dass es sie zwanzig Minuten gekostet hatte, Andri davon abzubringen, Halldór davon zu erzählen. Mit sanfterer Stimme fügte

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