Das Letzte Ritual
Abzugshaube aus Edelstahl, eine Spülmaschine, ein Waschbecken, so groß wie in einer Kantine, Weinkühler und einen Kühlschrank im XXL-Format. Dóra ging zu ihm hin. »Ich wollte schon immer eine Eiswürfelmaschine haben.«
»Warum kaufen Sie sich nicht einen solchen Kühlschrank?«, fragte Matthias.
Dóra drehte sich vom Kühlschrank zu Matthias. »Aus demselben Grund, warum ich mir andere Dinge nicht kaufe, die ich gern hätte. Weil ich sie mir nicht leisten kann. Auch wenn es Ihnen schwerfällt, sich das vorzustellen, haben manche Haushalte nicht so viel Geld zur Verfügung.«
Matthias zuckte mit den Schultern. »Ein Kühlschrank ist ja nicht unbedingt ein Luxusartikel.«
Dóra gab keine Antwort. Sie ging zu den Schränken und schaute hinein. In einem der Unterschränke standen mehrere Edelstahltöpfe mit Glasdeckeln, die so makellos sauber waren, dass sie nicht glaubte, dass sie je benutzt worden waren. »Ich habe den Eindruck, Harald hatte nicht viel fürs Kochen übrig, trotz dieser schicken Küche«, sagte sie und schloss den Schrank wieder. Sie reckte sich.
»Nein, wenn mich nicht alles täuscht, kaufte er lieber Fertiggerichte oder aß in Restaurants.«
»Wie man an seinen Kreditkartenzahlungen sehen konnte.« Sie schaute sich um, entdeckte aber nichts, was ihnen irgendwelche Hinweise hätte geben können. Sogar die Kühlschranktür war blank – keine Magnete oder angehefteten Zettel. Bei Dóra fungierte die Kühlschranktür als eine Art Infotafel für die ganze Familie. Sie konnte sich kaum mehr daran erinnern, welche Farbe die Tür hatte; sie war übervoll mit Stundenplänen, Geburtstagseinladungen und anderen Notizen. »Sollen wir uns den Rest anschauen?«, fragte Dóra, die genug von der Küche gesehen hatte. »Ich bezweifle, dass wir hier etwas finden, das uns weiterhilft.«
»Es sei denn, jemand hat ihn wegen des Kühlschranks umgebracht«, sagte Matthias und fügte neckend hinzu: »Wo waren Sie denn in der Mordnacht?«
Dóra grinste ihn nur spöttisch an. »Auf der Kreditkartenliste waren ein paar kleinere Zahlungen an eine Tierhandlung – hatte Harald ein Haustier?«
Matthias schüttelte überrascht den Kopf. »Nein, hier war kein Tier und nichts, was darauf hingewiesen hätte.«
»Ich dachte, er hätte vielleicht etwas für sein Haustier gekauft.« Dóra suchte in den Küchenschränken nach Katzen- oder anderem Tierfutter. Nichts.
»Rufen Sie dort an«, schlug Matthias vor. »Vielleicht erinnert sich jemand an ihn – wer weiß?«
Dóra tat es. Sie suchte die Nummer der Tierhandlung heraus, rief an, sprach mit einem Mitarbeiter und legte dann auf. »Merkwürdig«, sagte sie zu Matthias. »Die erinnern sich tatsächlich: Harald hat mehrmals Hamster gekauft. Sind Sie sicher, dass hier nicht irgendwo ein Hamsterkäfig steht?«
»Ganz bestimmt nicht«, antwortete Matthias.
»Seltsam«, sagte Dóra. »Der Junge, mit dem ich gesprochen habe, hat auch erzählt, Harald wollte einen Raben bei ihm kaufen.«
»Einen Raben?«, sagte Matthias aufgeregt. »Wozu?«
»Er hatte nicht die geringste Ahnung. Sie verkaufen keine Raben und haben nicht weiter darüber gesprochen. Ihm kam das nur komisch vor, deshalb hat er sich an Harald erinnert.«
»Es würde mich nicht überraschen, wenn er einen solchen Vogel als eine Art Symbol für seinen spirituellen Unsinn gebraucht hätte«, sagte Matthias.
»Vielleicht«, antwortete Dóra. »Aber wohl kaum Hamster.«
Sie verließen die Küche und betraten den Flur, von dem die anderen Zimmer der Wohnung abgingen. Matthias öffnete die Badezimmertür und Dóra warf einen Blick hinein – hier schien sich nichts Geheimnisvolles zu verbergen. Wie die Küche war es sehr modern und blitzsauber, aber ansonsten nicht weiter bemerkenswert. Sie gingen weiter zu Haralds Schlafzimmer, das sich als wesentlich interessanter entpuppte.
»Hat hier jemand aufgeräumt oder war es bei ihm immer so akkurat?«, fragte Dóra und zeigte auf das ordentlich gemachte Bett. Es war außergewöhnlich niedrig, wie das Sofa im Wohnzimmer.
Matthias setzte sich auf den Bettrand. Seine Knie stießen dabei fast an sein Kinn. Er streckte seine Beine aus. »Er hatte eine Putzfrau, die an dem Wochenende, als er ermordet wurde, alles sauber gemacht hat. Die Polizei war darüber nicht sehr begeistert. Die Frau wusste zu der Zeit natürlich nicht mehr über den Mord als jeder andere. Sie kam einfach zur üblichen Zeit und putzte. Ich habe mit ihr gesprochen und sie hat sich nicht über Harald
Weitere Kostenlose Bücher