Das Letzte Ritual
Rede ist.«
Dóra legte den Ausdruck beiseite. »Wo ist Haralds Computer? Er muss doch einen Computer gehabt haben.« Sie zeigte auf das Mauspad auf dem Schreibtisch.
»Ist noch bei der Polizei«, antwortete Matthias. »Sie bringen ihn wahrscheinlich mit Haralds restlichen Sachen zurück.«
»Vielleicht finden wir noch mehr solche Mails«, sagte Dóra hoffnungsvoll.
»Aber vielleicht auch nicht«, konterte Matthias und grinste. Er stand auf und griff in das Bücherregal über dem Schreibtisch. »Hier, nehmen Sie das mit nach Hause und lesen Sie’s. Eine ganz gute Lektüre, um sich in Haralds Welt hineinzuversetzen.« Er reichte ihr eine Taschenbuchausgabe des Hexenhammers.
Dóra nahm das Buch und blickte Matthias verwundert an. »Das gibt es als Taschenbuch?«
Er nickte. »Es wird immer noch gedruckt – ich glaube, die meisten kaufen es heutzutage aus reiner Neugier. Denken Sie beim Lesen daran, dass das nicht immer so war.«
Dóra steckte das Buch in ihre Tasche. Sie stand auf und streckte sich. »Ist es in Ordnung, die Toilette zu benutzen?«
Matthias grinste schon wieder. »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Dann beeilte er sich, hinzuzufügen: »Doch, ich denke, das ist in Ordnung. Falls die Polizei die Wohnung stürmt, um weitere Nachforschungen anzustellen, werde ich sie so lange aufhalten, bis Sie fertig sind.«
»Nett von Ihnen.« Dóra betrat den Flur, wo weitere Bilder und Antiquitäten ihre Aufmerksamkeit weckten. Sie erzeugten eher Unbehagen als Neugier, besaßen jedoch eine große Anziehungskraft. Zweifellos handelte es sich dabei um dasselbe Empfinden, das Leute dazu veranlasst, das Tempo zu drosseln, wenn sie an einem Unfall vorbeifahren. Die Bilder stammten eindeutig aus der Sammlung des Großvaters, denn die Motive waren dieselben wie im Wohnzimmer und im Schlafzimmer: der Tod und der Teufel.
Im Badezimmer betrachtete Dóra sich in dem tadellos sauberen Spiegel über dem Waschbecken, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und frischte sich ein wenig auf. In einem der Regale sah sie eine Zahnbürste. Sie schien unbenutzt zu sein. Dóra schaute sich kritisch um. Es musste noch ein zweites Badezimmer in dieser Wohnung geben, das Harald benutzt hatte – dieses hier war viel zu ordentlich. Das war die einzige mögliche Erklärung.
Als Dóra ins Arbeitszimmer zurückkam, blieb sie in der Türöffnung stehen und verkündete: »Es muss noch ein zweites Badezimmer in der Wohnung geben.«
Matthias schaute verwundert auf. »Was meinen Sie?«
»Das Badezimmer am Flur ist so gut wie unbenutzt. Es ist völlig unmöglich, dass Harald noch nicht mal eine Schachtel Zahnseide besaß, die farblich nicht zur übrigen Deko passte.«
Matthias lächelte sie an. »Na, wer sagt’s denn! Und Sie wollen noch keine Ermittlung geführt haben!« Er deutete auf den Teil der Wohnung, in dem sie vorher gewesen waren. »Es geht noch eine Tür vom Schlafzimmer ab. Dort ist ein Bad.«
Dóra drehte sich auf dem Absatz um. Sie erinnerte sich an eine Tür, von der sie gedacht hatte, sie führe in einen begehbaren Kleiderschrank. Sie wollte einen Blick in das Badezimmer werfen, zumal sie keine Lust hatte, sich direkt wieder in die Unterlagen zu vertiefen. Dóra musste grinsen, als sie in den kleinen Raum schaute. Darin gab es keine Badewanne, sondern nur eine Duschkabine, aber ansonsten sah es aus wie in jedem anderen Badezimmer in einem stinknormalen Haushalt. Verschiedene Kosmetikartikel, die vom Design her überhaupt nicht zueinander passten, waren auf dem Rand des Waschbeckens verteilt. Dóra warf einen Blick in die Duschkabine. Auf einem an der Wand befestigten Plastikregal standen zwei Shampooflaschen, die eine falsch herum, ein Rasierer, eine benutzte Seife und eine Tube Zahnpasta. An der Mischbatterie hing eine Flasche mit der Aufschrift »Shower Power«. Das ähnelte schon eher dem, was sie kannte. Dóra atmete erleichtert auf. Am meisten freute sie sich allerdings über den Zeitungsständer neben der Toilette; wenn das nicht typisch für einen Single war. Dóra war neugierig, welche Zeitschriften Harald gelesen hatte. Es handelte sich um ein beachtliches Sammelsurium: ein paar Autozeitschriften, eine historische Fachzeitschrift, zwei Ausgaben vom SPIEGEL, ein Magazin über Tätowierungen, das Dóra schnell beiseitelegte, sowie eine Ausgabe der BUNTE. Dóra hielt sie erstaunt in der Hand. Es wäre ihr niemals in den Sinn gekommen, dass Harald so etwas gelesen hatte. Tom Cruise und seine neueste Ehefrau
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