Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Sakrament

Das letzte Sakrament

Titel: Das letzte Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kowa
Vom Netzwerk:
jede andere …«
    Tamara musste sich ein Grinsen verkneifen. Sie hatte sich nicht getäuscht. »Die Bilder waren also ziemlich eindeutig …«
    »Auf einmal waren da irgendwelche Stripper … und ich mit einem von denen zusammen auf dem Bild …«
    »Was haben Sie wegen der Erpressung unternommen?«
    »Nichts.« Vogt seufzte. »Ich habe bezahlt.«
    »Sie haben nichts unternommen?«, wiederholte Tamara. »Ihre Existenz stand auf dem Spiel! Und Sie haben einfach bezahlt und sich nicht gewehrt?«
    »Wie hätte ich meine Unschuld denn beweisen sollen?«, fragte Vogt. »Sie kennen die wirkliche Welt dort draußen, so wie sie ist. Sie verstehen das. Aber meinen Sie, Vikar Kunen würde das auch verstehen?«
    Tamara schüttelte den Kopf. »Ihnen ist klar, dass Sie mir gerade ein starkes Motiv für den Mord an Dr. Leuenberger genannt haben?«
    »Nur weil ich einen Fehler gemacht habe, werde ich doch nicht zum Mörder!«, antwortete der Priester. Sein Gesicht verhärtete sich. Er funkelte die Kommissarin aus dunklen Augen an. »Ich bin ein Priester!«
    »Auge um Auge, Zahn um Zahn. Steht das nicht schon in der Bibel?«
    »Ich verstehe nicht …«, stammelte Vogt.
    »Dr. Leuenberger wurde in der Nacht vom vierten auf den fünften August ermordet. Wo waren Sie zu der Zeit?«

40
    Jesus lachte. Er freute sich, wie es nur ein kleines Kind kann. Er war ganz und gar in dieser Welt versunken, als habe er sie nie verlassen und als würde er es auch niemals wieder tun. Doch auch sein Ende würde einmal kommen, so sicher wie das Amen in der Kirche. Niemand allerdings konnte wissen, wann es so weit war.
    Schicksal ist eine Ausrede für Verlierer.
    Professor Wismut dachte daran, wie alles begonnen hatte. Wie er mit den Proben des Grabtuchs experimentiert hatte. Wie er immer und immer wieder versuchte hatte, die DNA zusammenzubauen und einen lebensfähigen Embryo zu erzeugen. Und wie er, Tag für Tag und Nacht für Nacht, jedes Mal aufs Neue gescheitert war.
    Er hatte schon jede Hoffnung aufgegeben, da war ihm dann doch noch, mitten in einem Traum, eine Eingebung gekommen, so intensiv und so überzeugend, als stamme sie von Gott selbst. Das war natürlich Unfug. Denn Gott war nicht nur tot, wie Nietzsche sagte. Nein, er hatte nie existiert. Und er würde nie existieren!
    Alle, die ihm jetzt noch zujubelten, würden ein Wunder erleben! Ihr blaues Wunder.
    Anfangs hatte er die Idee als absurd verworfen. Doch sie war gewachsen und immer stärker geworden. Schließlich hatte er verstanden, dass es die einzige Möglichkeit war, seinen Plan umzusetzen.
    Niemand wusste, wie eine jungfräuliche Empfängnis vonstattenging. Oder wie Jesus wiederauferstanden war. Doch die mit einem Kreuz um den Hals glaubten trotzdem daran. Im Gegensatz dazu hatte bei seinem Wunder jeder sehen können, dass Jesus wirklich lebte; dass er ihn erschaffen hatte.
    Wismut sah aus dem schmutzigen Fenster des Regionalzuges und legte die Tageszeitungen zur Seite, die er am Bahnhof Termini gekauft hatte. Selbst in den arabischen Zeitungen hatte er es auf die Titelseite geschafft, wenn auch nicht als Aufmacher. Zwar verstand er nicht, was Al-Watan und Al-Hayat geschrieben hatten, aber wenn sie die Meinung der westlichen Presse teilten, dann waren sie überzeugt davon, dass ein neuer Jesus geboren worden war.
    Die ersten wissenschaftlichen Institute, die inzwischen die Blutproben des neuen und des alten Jesus erhalten hatten, bestätigten deren Übereinstimmung. Selbst die Wissenschaftsmagazine gaben ihre Zurückhaltung auf und kündigten Coverstorys zum Klonen von Menschen an. Er hatte sie überzeugt.
    Kein Wunder, er hatte den Klonvorgang lückenlos dokumentiert. Bald würden andere Wissenschaftler nach seiner Anleitung in der Lage sein, Menschen zu klonen. Doch er hatte nicht irgendjemanden geklont, nein, es handelte sich um die wichtigste Person der Menschheitsgeschichte. Jesus war die Hoffnung, der Glaube und das Gewissen von über zwei Milliarden Christen. Und er war wiederauferstanden.
    Wäre die Kirche ein Wirtschaftsunternehmen, würde der Papst von einem Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Weltreligionen sprechen. Schließlich war Mohammed schon lange tot, Abraham noch länger und Buddha nichts als eine goldene Statue. Aber der Heiland der Christen war wieder am Leben! Gab es einen überzeugenderen Beweis für die Überlegenheit der christlichen Kirche? Einen überzeugenderen Beweis für das Wunder der Auferstehung? Doch die Kirche war kein Wirtschaftsunternehmen,

Weitere Kostenlose Bücher