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Das letzte Sakrament

Das letzte Sakrament

Titel: Das letzte Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kowa
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war.«
    »Mach’s nicht so spannend«, drängte Pandera. »So ein Auslandsgespräch ist ganz schön teuer.«
    »Auslandsgespräch?«, wiederholte Tamara. »Bist du schon auf dem Weg nach Rom?«
    »Bin gerade gelandet«, sagte Pandera. »Also, wer hat den Vikar verpfiffen?«
    »Roland Obrist.«
    »Was?«, fragte Pandera. »Woher weißt du das?«
    »Der Bruder des Bischofs ist in dem Prozess gegen Kunen als Zeuge aufgetreten.«
    »Das wird ja immer besser!« Pandera pfiff durch die Zähne. »Vorhin erzählst du mir, der Spitalseelsorger wurde von Leuenberger erpresst und hat kein Alibi für die Tatnacht.« Er schluckte. »Und jetzt sagst du mir, der Generalvikar ist ein ehemaliger Elitesoldat und wurde von einem seiner Glaubensgenossen verpfiffen, der inzwischen das Zeitliche gesegnet hat. Gibt es eigentlich auch normale Jesuiten?«
    »Deckert meint, die wären alle kriminell«, sagte Tamara wie nebenbei.
    »Deckert kann viel meinen … Der sieht doch überall Verdächtige!«
    »Na ja, es gibt ja auch einige, die ein Motiv haben, eines der beiden Opfer oder sogar beide umzubringen: Vogt, Plattner, Kunen, Leuenbergers Frau …«
    »Nicht zu vergessen irgendwelche christlichen Gruppen in Rom«, ergänzte Pandera.
    »Warum hast du mich eigentlich nicht mitgenommen?«, fragte Tamara und klang dabei fast ein wenig beleidigt.
    »Erstens hätte Edeling das nie erlaubt«, antwortete er. »Und zweitens brauche ich jemanden, der die Ermittlungen in Basel weiterführt. Und da bist du die Einzige, die das kann.«
    »Das war ja fast ein Lob«, sagte sie und lächelte. »Aber noch einmal zurück zum Fall. Vogt und Kunen stehen auf der Seite der Kirche. Also auf der Seite, von der du gestern gesagt hast, sie hätte kein Motiv, Obrist zu ermorden.«
    »Und weswegen hast du mich angerufen?«, fragte Pandera.
    »Wie? … Was hat das jetzt damit zu tun?«
    »Kunen hat schon einmal die Seiten gewechselt. Wer sagt uns eigentlich, dass er es nicht wieder tut …?«
    »… oder dass er sie nie wirklich gewechselt hat«, sagte Tamara. »Ich glaube, da muss jemand mal in den Beichtstuhl …«

42
    Die meisten Städte in der Schweiz gefielen Tamara, besonders Lausanne, Basel, Bern und Luzern. Solothurn gehörte nicht dazu. Die Stadt hatte den Ruf, ein Nebelloch zu sein. Die Wolken hingen so tief über den Dächern, als wollten sie dort landen. Und das an einem Tag, an dem in Basel die Menschen im Rhein badeten. Die Solothurner Altstadt war eigentlich farbenfroh, aber heute wirkte sie so grau wie irgendeine gesichtslose Vorstadtsiedlung in der Ukraine.
    Vielleicht kam ihr Solothurn auch nur so unfreundlich vor, weil sie mal wieder Mist gebaut hatte. Diese verdammte Radarfalle! Wie soll ich Edeling das erklären? Vielleicht sollte ich in Zukunft langsamer fahren … Tamara Aerni überlegte, ob der Spider, den sie vor Kurzem bestellt hatte, ihr wirklich dabei helfen würde.
    Sie stellte ihren alten Mini unweit der Kathedrale ab und ging die wenigen Meter zu Fuß. Vor der großen Treppe blieb sie staunend stehen. Hier sind also die Kirchensteuern gelandet, die ich nicht zahle. Sie hatte nichts gegen die Kirche, aber sie fand, Glauben war etwas viel zu Persönliches, als dass eine Organisation darüber bestimmen sollte.
    Tamara öffnete das schwere Portal der Kathedrale und trat in das große Kirchenschiff. Sofort fühlte sie sich umschlossen vom Geruch nach Weihrauch. Sie atmete tief ein. Weihrauch war eines der wenigen Dinge, die sie in einer Kirche mochte. Genauso wie die Stille, die dort herrschte.
    Nach dem Telefonat mit Kunen hatte sie sich gefragt, warum der Vikar sie ausgerechnet hier treffen wollte und nicht in der Bistumsverwaltung. Jetzt wusste sie, warum. Die Kirche war ein friedlicher Ort, ein Ort der Ruhe. Eine Konfrontation konnte sie sich hier kaum vorstellen. Auf den ersten Blick ein geschickter Schachzug des Vikars, doch auch ein gefährlicher, denn dieser würde sich genauso an die hier geltenden Regeln halten müssen.
    Und das hatte er wohl vor. Freundlich lächelnd und mit ausgestreckter Hand kam Simon Kunen auf sie zu.
    »Willkommen im Haus Gottes«, begrüßte er sie ein wenig zu überschwänglich. Er hatte eine Soutane angelegt, unter der sein muskulöser Körper nur dezent zur Geltung kam. Um den Hals trug er eine silberne Kette, an der ein mit blauen Edelsteinen geschmücktes Kreuz hing. Kunens Kopfhaut glänzte frisch rasiert, sein Bart war auf wenige Millimeter gekürzt.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte der Vikar,

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