Das letzte Sakrament
Vorschein, dazu ein Säckchen, in dem ein Paar schwarze Lackschuhe steckte, einige kirchliche Magazine und der verschlossene Aktenkoffer. Zielsicher nahm der Beamte ihn heraus und legte ihn vor sich auf den Metalltisch. Er drückte an den Schnappverschlüsse herum, doch sie öffneten sich nicht.
»Haben Sie einen Schlüssel?«, fragte er.
»Natürlich«, antwortete Kunen, nahm sein Portemonnaie aus dem grauen Transportkästchen und öffnete das Fach für die Münzen. Mit zitternden Fingern fischte er den kleinen goldenen Schlüssel heraus und gab ihn dem Sicherheitsbeamten. »Sie müssen entschuldigen«, sagte er. »Ich fliege nicht so oft.«
»Kein Problem«, antwortete der Beamte. Mit geübten Hangriffen schloss er den Koffer auf und öffnete ihn.
»Oh«, sagte er überrascht, als er das funkelnde Metall erblickte.
»Das ist eine Reliquie unseres Ordens«, erklärte Kunen und lächelte verkrampft.
»Eine Reliquie? Darf ich sie aus dem Koffer nehmen?«
»Natürlich«, antwortete Kunen. Hoffentlich klingt meine Stimme nicht zittrig. Mit allem hatte er gerechnet, doch nicht damit, dass es so weit kommen würde.
Der Beamte nahm das funkelnde Metallstück heraus. »Ist ganz schön schwer«, sagte er beinahe ehrfürchtig. »Echtes Gold?«
»Das weiß ich nicht«, log Kunen. »Ich bin nur für den Transport zuständig. Sie verstehen sicher, dass wir das nicht mit der Post verschicken können.«
»Natürlich«, sagte der Beamte. Er legte das Metallstück vor sich auf den Tisch, prüfte tastend die Samtverkleidung des Koffers und stellte ihn noch einmal auf das Laufband vor das Durchleuchtungsgerät. Die Reisenden, die hinter Kunen warteten, wurden langsam unruhig, und er war sich sicher, dass sie nur deshalb nichts sagten, weil er ein Priestergewand trug. Hätte ich es nicht angezogen, wäre schon jetzt alles verloren. Hätte ich den Koffer aufgegeben, auch. Ein anonymer Koffer kennt keinen Priesterbonus. Und der ist das Einzige, das mich jetzt noch retten kann.
Der leere Koffer wurde durch das Röntgengerät geschoben, und der Mann hinter dem Monitor nickte endlich. »Was ist da eigentlich drin?«, fragte er neugierig.
Der Beamte am Laufband legte das Metallstück wieder in den Koffer. »Nur ein Kreuz«, antwortete er, schloss den Koffer und gab ihn zusammen mit dem Schlüssel an Kunen zurück. »Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten.«
»Kein Problem«, erwiderte Kunen und zwang sich zu einem Lächeln. Den Schlüssel steckte er hastig in die Hosentasche. Dann stellte er den Aktenkoffer zurück in den Trolley und zog den Reißverschluss zu. Er tat so, als hätte er es eilig. Rasch nahm er den Trolley vom Band und ging schnellen Schrittes den Gang entlang. Den Kopf hielt er gesenkt. Erst hinter einer Ecke blieb er stehen und bekreuzigte sich.
»Gott sei Dank!«, flüsterte er erleichtert. Das war knapp. Mit dem Taschentuch tupfte er sich über die Stirn. Leise betete er ein Vaterunser. Dann ging er langsam zum Gate.
Sein Herz klopfte immer noch wie verrückt. Mit jedem Schlag schien es zu ahnen, dass die große Schlacht erst noch bevorstand.
55
… drei, vier, fünf, zählte Pandera in Gedanken. Er wusste nicht einmal, ob er unter der tief ins Gesicht gezogenen Baseballkappe alle Männer gesehen hatte. Fünf gegen einen, das konnte nicht gut gehen! Selbst dann nicht, wenn sie, wie diese fünf, am Tisch saßen, Poker spielten und nur Augen für ihre Karten und das Geld hatten. Wenn er zu der gegenüberliegenden Tür wollte, musste er an dem Tisch vorbei. Und er wollte zu dieser Tür, unbedingt. Durch das kleine Fenster in der Tür strahlte die Sonne in den Raum. Und mit ihr die Freiheit.
»Bender, setz dich und spiel weiter!«, rief einer der Männer, ohne aufzublicken.
»Und bring ein paar Bier aus dem Kühlschrank mit!«, rief ein anderer.
»Ich erhöhe!«, sagte der Erste und schob einen Stapel Jetons in die Mitte.
»Du bluffst!«, schnauzte der Zweite.
Pandera fühlte sich beinahe ertappt, aber noch hatte ihn niemand bemerkt. Seine Verkleidung als Wachmann Bender war besser, als er gedacht hatte. Er steckte den Gummiknüppel in die Innentasche der Jacke und zog die Baseballmütze noch tiefer ins Gesicht. Auf der linken Seite des Raumes sah Pandera eine offen stehende Tür. Sie führte in die Küche. Er ging ein paar Schritte in den Raum und hielt direkt auf die Küchentür zu. Die Männer hatten tatsächlich nur Augen für das Spiel und beachteten ihn nicht. Da sie erwarteten, dass er in
Weitere Kostenlose Bücher