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Das letzte Sakrament

Das letzte Sakrament

Titel: Das letzte Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kowa
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den Jesusklon gleich persönlich kennenlernen. Nicht einmal dem CEO hatte Simovic bisher die Wahrheit gesagt, doch er wusste, der würde sich nicht mehr lange hinhalten lassen.
    Jeder popelige Adelige konnte heutzutage rund um die Uhr lokalisiert werden, doch der kleine Jesus, der mehr wert war als alle Königshäuser dieser Welt zusammen, war verschwunden. Und jeder war überzeugt, dass Simovic wusste, wo der Kleine sich befand.
    Er war sich darüber im Klaren, dass er diese Vermutungen noch anheizte, solange er sich als Insider ausgab. Doch er konnte nicht zurück. Er hatte hoch gepokert und darauf gesetzt, dass er den Aufenthaltsort des Jungen bald erfahren würde. Aber die Leute, die er angeheuert hatte, waren Versager. Nach fast einer Woche ohne Kontakt zu Wismut, gab es keinen Zweifel mehr: Der Professor dachte überhaupt nicht daran, ihn noch einmal zu kontaktieren. Wismut hatte ihn benutzt. Deswegen hatte dieser Kerl es zur Bedingung gemacht, dass nur er selbst sich melden konnte, dass nur er Herr über ihre Verbindung blieb. Wismut hatte die größtmögliche Aufmerksamkeit gewollt, und er hatte sie bekommen. Und er würde sie von jetzt an jederzeit wieder bekommen, egal, an welchen Sender oder Reporter er sich wenden würde.
    Es gab nur einen Weg, das zu verhindern: Simovic musste den Professor finden, und er musste den Jungen finden. Und zwar vor allen anderen! Dann würde er auch das Geheimnis hinter der Story aufdecken. Denn eines war klar: Jemand, der nichts zu verbergen hatte, verschwand nicht einfach spurlos! Nicht, nachdem er zuvor die Öffentlichkeit gesucht hatte, wie eine Motte das Licht. Hatte Roland Obrist doch recht gehabt mit seiner Warnung, er solle Wismut nicht trauen?
    Egal, das war Vergangenheit. Sobald er Wismut gefunden hatte, würde er sich mit ihm über die neuen Bedingungen ihrer Zusammenarbeit unterhalten. Und zwar nicht mehr wie ein Bittsteller, sondern auf Augenhöhe.
    Denn es war jetzt auch seine Story, die Story von Starreporter Roger Simovic. Die Story seines Lebens.

66
    Pandera hatte seine ganze Überredungskunst gebraucht, um den Schaffner davon zu überzeugen, ihm im Zug ein Ticket zu verkaufen. Allerdings mit einer Reservierung für den nächsten Tag. Heute sei der Zug voll, das sehe Pandera ja selbst, und ohne Reservierung dürfe er in einem Schnellzug nun einmal kein Ticket verkaufen.
    Nachdem Pandera zwei Stunden im Gang gestanden hatte, fand er endlich einen Sitzplatz in einem engen, mit Koffern voll gestellten Abteil. Es sind ja nur noch neun Stunden. Er hatte nichts gefrühstückt und bisher nichts zu essen oder trinken kaufen können. Und in dem vollen Zug war für den Mann mit der Minibar sicher kein Durchkommen.
    Pandera versuchte zu schlafen, aber alle seine Bemühungen, die Geräusche und Gerüche im überfüllten Zug auszuschalten, misslangen. Er döste vor sich hin und sah immer wieder auf die Uhr. Wenn das so weiterging …
    Sieben Stunden später kam der Zug endlich in Palermo an. Pandera hatte immer noch nichts gegessen und getrunken, und er hätte alles gegeben für einen von Deckerts Hamburgern. Trotzdem fühlte er sich überraschend gut. Die Beule am Hinterkopf pochte zwar immer noch, aber er war in Palermo. Endlich! Und dazu auch noch pünktlich! Er hatte eine Stunde Zeit, um zum Hafen zu kommen. Er hob seine Reisetasche so schwungvoll aus der Ablage, als sei er nur ein paar Minuten unterwegs gewesen, sprang aus dem Waggon, lief durch die Bahnhofshalle und hielt direkt auf die Taxistände zu.
    Eine halbe Stunde später stand er am Check-in-Schalter der Kreuzfahrtgesellschaft, und nach einer weiteren halben Stunde war er in seiner Kabine. Sie war nicht größer als eine Gefängniszelle, aber er fühlte sich trotzdem wohl darin. Außerdem hatte das Zimmer eine Minibar. Ohne Rücksicht auf sein Spesenkonto leerte Pandera alles, das nicht hochprozentig war. Danach fühlte er sich zwar nicht besser, aber sein Magen hatte jetzt wenigstens etwas zu tun.
    Ein Steward, ein Filipino, der bemerkenswert gut Deutsch sprach, brachte ihm seine Tasche in die Kabine. Pandera wollte ihm ein Trinkgeld geben, doch der Steward ignorierte es. »Sie am Ende der Reise ein Trinkgeld geben«, sagte der kleine Mann und lächelte. »Aber nur, wenn Sie zufrieden mit Arnold.«
    Pandera bedankte sich überrascht, hängte seine Sachen in den Schrank und stellte sich unter die Dusche. Nachdem er sich rasiert hatte, zog er einen schwarzen Anzug an und schlenderte zum Bordrestaurant. Das

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