Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
Vom Netzwerk:
winzigen Äcker in ähnlicher Weise kultiviert.
    Der Acker, der nun Bills Interesse so weit erregte, dass er fand, es sei angebracht, ihm einen Besuch abzustatten, war ein Areal im Weltraum, dessen Länge, Breite und Tiefe mehrere Lichtjahre betrug.
    Auf den ersten Blick hätte ein Astronom geglaubt, hier befände sich rein gar nichts, dieser Bereich sei völlig leer. Und genau das nahmen die menschlichen Astronomen auch an, als sie anfingen, diesen speziellen Teil des Weltalls zu beobachten. Aber hier gab es doch etwas. Nachdem die Menschen bessere Teleskope entwickelt hatten, entdeckten sie, dass an der bewussten
Stelle etwas vorhanden war, das das Licht ablenkte; genauer gesagt stellte sich die Lichtbrechung so dar, dass es in einer Richtung zu Blau verschoben wurde, in der anderen zu Rot.
    Bei diesem Hindernis, das sich dem Licht in den Weg stellte, handelte es sich um interstellaren Staub; aber das hatten die Großen Galaktiker schon immer gewusst.
    Natürlich besuchte Bill nicht zum ersten Mal seine Farm. Erst kürzlich - seitdem waren nicht mehr als ein paar Millionen Jahre vergangen - hatte er sie gründlich inspiziert und eine Bestandsaufnahme des Staubs angefertigt. Dabei war er äußerst gewissenhaft vorgegangen, aber zu so etwas wie Schlamperei wäre er auch gar nicht fähig gewesen. Seine Inventur ließ nichts zu wünschen übrig. Wie hoch war der prozentuale Anteil der Staubpartikel (nach menschlichen Maßstäben gemessen), deren Größe unter einem Hundertstel Mikron lag? Er fertigte Listen sämtlicher Größenordnungen an, beginnend bei den winzigsten, gerade noch messbaren Partikeln bis hin zu den Riesen mit einem Durchmesser von zehn Mikron oder gar darüber hinaus. Außerdem untersuchte er die chemische Zusammensetzung der Staubpartikel, zählte ihren Gehalt an Neutronen und machte Notizen über deren Ionisationsstatus.
    Für einen Galaktiker war dies eine der leichtesten Übungen. Aber Bill machte es nichts aus, sich mit einer dermaßen trivialen Aufgabe zu beschäftigen, im Gegenteil, dieses Auszählen hatte schon immer zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehört. Schließlich würde das Resultat seiner Bemühungen dazu beitragen, dass die Großen Galaktiker eines ihrer wichtigsten Ziele erreichten.
     
    Wie ein normannischer Baron aus dem elften Jahrhundert »ritt« Bill über seine Ländereien. Die Zusammenballung von interstellarem Staub glich etwas, das die angelsächsischen Leibeigenen des Barons als »Brachfeld« bezeichnet hätten, ein Acker,
der eine Zeit lang nicht bepflanzt wurde, damit der Boden sich erholen und seine Fruchtbarkeit wiedererlangen konnte.
    Auf Bills Feldern wuchs kein Getreide, und hier weideten auch keine Ziegen. Hier reiften Sterne heran - große, kleine, alle möglichen Typen; obwohl die Großen Galaktiker die wirklich großen bevorzugten. Diese Riesensterne - die die Menschen in A-, B-und O-Sterne einteilten - würden durch die Kernfusionsprozesse in ihrem Innern sehr bald ihren ursprünglichen Vorrat an Wasserstoff verbrennen. Als Nächstes verbrannten sie ihre Anteile an Helium, Kohlenstoff, Neon, Magnesium - für die Reihenfolge war die Schwere der einzelnen Elemente maßgeblich -, bis zum Schluss das Eisen drankam.
    Wenn sich das Zentrum eines Sterns erst in Eisen verwandelt hat, schwächt sich der Prozess der Kernfusion so weit ab, bis er der eigenen Gravitation nicht mehr standhalten kann. Der Stern kollabiert …
    Um dann in einem Helligkeitsausbruch von wahrhaft kosmischen Ausmaßen zu explodieren, einen Schauer aus neuen, noch schwereren Elementen ins All schleudernd. Diese Elemente, entstanden durch die unvorstellbar hohe Hitze der Eruption, würden sich in winzige Partikel verwandeln und das nächste Feld aus interstellarem Gas anreichern.
     
    Das war der normale Gang der Ereignisse, und das wäre früher oder später unvermeidlicherweise passiert, ohne dass Bill in irgendeiner Weise eingegriffen hätte. Dafür sorgte das simple Newton-Einstein-Gravitationsgesetz, und bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Großen Galaktiker sich noch nicht bemüßigt gefühlt, daran etwas zu ändern.
    Früher oder später wäre es also so weit gewesen, doch die Großen Galaktiker wollten diesen Moment vorziehen. Bill entschied sich dazu, den Vorgang zu beschleunigen. Er scannte einen großen Teil des umgebenden Weltraums, hatte das Glück, in der Nähe ein dünnes Rinnsal aus dunkler Materie zu finden … leitete es um, damit es in sein Feld hineinfloss …

Weitere Kostenlose Bücher