Das letzte Theorem
arbeitet.«
»Möchtest du alles hinschmeißen?«, fragte Myra.
»Huh. Na ja, eigentlich nicht. Ich weiß gar nicht, ob ich so mir nichts, dir nichts abhauen könnte, denn ich bin mir nicht sicher, was ich alles unterschrieben habe. Außerdem habe ich Gamini mein Wort gegeben.«
»Wenn das so ist, dann musst du einfach lernen, dich mit der Situation abzufinden«, riet Myra. »Such dir einfach eine Aufgabe, mit der du dich privat beschäftigen kannst. Löse doch das P-gleich-NP-Problem, von dem du gesprochen hast. Aber zuallererst freue dich auf morgen, denn dann ist Samstag. Hättest du nicht Lust, mit mir und Tashy in den Zoo zu gehen?«
Der Ausflug in den Zoo war natürlich herrlich. Während die Familie Subramanian sich bestens unterhielt, nahmen weltweit Dinge ihren Lauf, die nichts Gutes verhießen. An allen Ecken und Enden brannte es lichterloh.
Wie sahen die jüngsten Entwicklungen aus? Nun, Argentiniens riesige Rinderherden waren von einer neuen Variante der Blauzungenkrankheit befallen, und die Tiere verendeten zu Tausenden. Gerade hatte sich der Verdacht bestätigt, dass die Seuche durch einen Stamm aus genmanipulierten Erregern
ausgelöst wurde, den man eigens zum Zwecke der biologischen Kriegführung gezüchtet hatte. Unklar blieb, wer für die Ausbreitung dieser Epidemie verantwortlich war. Ein paar Leute in der Behörde tippten auf Venezuela oder Kolumbien, denn Argentinien hatte sich massiv an der internationalen Truppe beteiligt, die versuchte, die venezolanische und kolumbianische Armee daran zu hindern, aufeinander loszugehen. (Der Erfolg dieser Truppe war eher bescheiden, nur der Hass, den die Entsenderstaaten bei den Venezolanern und Kolumbianern durch ihre Friedensbemühungen erzeugten, nahm gewaltige Ausmaße an.)
Auch in anderen Gegenden der Welt herrschten Unruhen. Im Irak waren nächtliche Enthauptungen und Autobombenattentate ein Indiz dafür, dass die Anhänger der beiden in diesem Land vertretenen islamischen Konfessionen wieder einmal zu beweisen versuchten, dass es nur eine einzige wahre Religion gab, indem sie sich gegenseitig umbrachten.
In Afrika war die Zahl der offiziellen Kriege auf vierzehn angewachsen, hinzukamen mehrere Dutzend Stammesfehden. In Asien gab Nordkorea unter seinem Anbetungswürdigen Führer ein Kommuniqué nach dem anderen heraus und provozierte die meisten anderen Staaten der internationalen Gemeinschaft durch das Verbreiten von unverschämten Lügen.
Aber in Pasadena wurde nicht gekämpft, und die kleine Tashy Subramanian entzückte ihre Eltern. Sie fanden, ihre Kleine entwickele sich prächtig und sei ihren Altersgenossinnen in jeder Hinsicht weit voraus. Welches andere Kind versuchte schon so früh, sich allein in seinem Bettchen umzudrehen? Hatte es das jemals gegeben, dass ein so winziges Würmchen fast die halbe Nacht lang durchschlief, ohne aufzuwachen und zu brüllen? Jedenfalls verliefen die meisten Nächte so ruhig. Natasha Subramanian musste sehr intelligent sein, darin waren sich die Eltern einig, auch wenn Jingting Jian, die Kinderärztin, die der Beratungsdienst der Behörde für sie ausfindig gemacht hatte, behauptete, ehe ein Kind nicht mindestens
vier oder fünf Monate alt war, könne man über dessen Intelligenz keine Aussagen machen.
Obwohl Dr. Jian in diesem Punkt falsch informiert sein musste, war sie eine gute Ärztin; sie gab nützliche Tipps, wie man herausfinden konnte, aus welchem Grund ein Baby weinte. Und sie half, die Art des Weinens zu diagnostizieren. Manches Gebrüll bedeutete, dass man sofort etwas unternehmen musste, und manches durfte man getrost ignorieren, bis sich das Kind ausgeschrien hatte. Dr. Jian besaß sogar Aufzeichnungen von vielen möglichen Formen des Weinens, und sie erklärte den besorgten Eltern, auf welche Lautäußerungen man wie reagieren sollte.
Der Beratungsdienst der Behörde hatte alles Menschenmögliche getan, um Myra und Ranjit behilflich zu sein. Man besorgte ihnen ein hübsches kleines Apartment in einer abgeschlossenen und bewachten Wohnsiedlung - vier Zimmer, Waschmaschine mit installiertem Trockner, Zugang zum gemeinschaftlichen Swimmingpool und ein mit Topfpflanzen geschmückter Balkon, von dem aus man einen herrlichen Blick auf das tiefer gelegene Los Angeles hatte. Doch in diesen unsicheren Zeiten war vielleicht das Wichtigste, dass ein rund um die Uhr beschäftigter Wachdienst jede Person überprüfte, die in die Siedlung hinein-oder hinauswollte. Aber die Leute von der
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