Das letzte Theorem
einem Gericht überstellen und ihn anklagen. Er ist ein Verbrecher, denn er hat unser ganzes Volk verraten, gequält und hungern lassen.
Die nordkoreanische Armee wurde aufgelöst. Sie hat ihre Daseinsberechtigung verloren. Niemand wird euch angreifen. Allen Soldaten steht es jetzt frei, nach Hause zurückzukehren und wieder ihre alten zivilen Berufe auszuüben.
Nahrungsmittel und andere Artikel des täglichen Bedarfs, wie Medikamente, sind bereits hierher unterwegs. Vom heutigen Tag an garantiert man jedem Einzelnen von euch die grundlegenden
Dinge, auf die ihr so lange verzichten musstet. Dazu gehören die Wahrung der Menschenrechte, ausreichende Ernährung und Gesundheitsfürsorge für alle.
Abschließend sei gesagt, dass ihr von nun an das Recht habt, eure nächste Regierung in einer geheimen Wahl selbst zu bestimmen.«
Danach fügten viele der Sprecher hinzu, und nicht wenigen strömten die Tränen über die Wangen: »Und ich bin endlich wieder zu Hause !«
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Pax per Fidem
Gamini ließ seine Kollegen nicht lange auf eine Erklärung der Vorkommnisse warten. Jedenfalls nicht länger als sechsunddreißig Stunden, und während dieser Zeitspanne gab es mehr als genug Dinge, die sie - und den Rest der Welt - beschäftigten. Aber es war nicht etwa die Arbeit, die sie auf Trab hielt. Es waren die Medien, die pausenlos Bilder von Truppen sendeten, die nach Nordkorea hineinströmten. Niemand stellte sich ihnen entgegen, womit man von vornherein gerechnet hatte, und deshalb waren die Soldaten auch nur leicht bewaffnet. Und bei diesen Waffen - wenn man sie denn so nennen wollte - handelte es sich auch nur um Schallkanonen und Elektroschocker. Unbehelligt stürmten sie die zuvor als uneinnehmbar geltende Festung, in die der Anbetungswürdige Führer sein Land verwandelt hatte.
Natürlich wurden die im Fernsehen gezeigten Szenen wortreich kommentiert; jeder Moderator und jeder Nachrichtenreporter erging sich in weitschweifigen Mutmaßungen, und die Gäste, die man zu Interviews einlud, trugen ihren Teil dazu bei, dass die wildesten Gerüchte und Verdächtigungen ins Kraut schossen. Da man kaum Fakten zur Hand hatte, die man den Zuschauern präsentieren konnte, war man darauf angewiesen, zu raten - mit dementsprechend mannigfaltigen, teils kuriosen Ergebnissen.
Doch dann erschien endlich etwas auf dem Bildschirm, das Hoffnung machte, die Zeit des Herumrätselns sei vorbei, und die gespannten Zuschauer dürften endlich auf ein paar konkrete Antworten hoffen.
Es war nach dem Abendessen, als Myra, die an diesem Tag an der Reihe war, das Baby zu versorgen, die Kleine gerade zu Bett brachte. Von Neugier getrieben, schaltete Ranjit abermals den Fernseher ein. Im nächsten Moment schrie er vor Überraschung so laut auf, dass Myra erschrocken ins Wohnzimmer zurückhetzte. »Sieh dir das an!«, wandte Ranjit sich aufgeregt an seine Frau. »Vielleicht bekommen wir jetzt ein paar richtige Informationen.«
Im Fernsehen war ein Japaner zu sehen, der vor einem Rednerpult stand. Niemand stellte den Mann mit ein paar einleitenden Worten vor. Er fing einfach an zu sprechen. »Hallo«, begann er. Seine Stimme klang kultiviert, und er wirkte völlig entspannt. Offenbar war es für ihn nichts Neues, vor laufender Kamera zu reden. »Mein Name ist Aritsune Meyuda, und ich war früher einmal der japanische Botschafter bei den Vereinten Nationen. Jetzt bekleide ich einen Posten, der dem eines Personaldirektors ähnelt. In dieser Eigenschaft bin ich zuständig für ein Konzept, das wir als Pax per Fidem bezeichnen. Der volle Name dieses Projekts lautet Pax in Orbe Terrarum per Fidem, oder Weltfrieden durch Transparenz. Wir sind für die Vorgänge auf der Koreanischen Halbinsel verantwortlich.
Weil diese Operation streng geheim war, gab es darüber viele Spekulationen. Und natürlich wird bezüglich der Konsequenzen dieses Coups weiter spekuliert. Doch nun sehen wir uns in der Lage, ein paar Fragen, die die Menschen in aller Welt sich stellen, zu beantworten. Wir möchten Ihnen erklären, wie es zu diesem Ereignis kam und welche weitreichende Bedeutung es hat. Die Person, die das alles überhaupt erst möglich machte, wird jetzt zu Ihnen sprechen.«
Meyudas Gesicht verschwand vom Bildschirm und stattdessen erschien ein hoch gewachsener, dunkelhäutiger Mann, der sich trotz seines Alters sehr gerade hielt. Als Myra ihn erkannte, schnappte sie nach Luft. »Oh mein Gott«, schrie sie. »Das ist doch … Das ist doch …«
Ehe sie den Namen
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