Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
Vom Netzwerk:
kleinste Zahl, die von dieser Reihe übrig geblieben ist - nachdem wir gesagt haben, die Eins existiert gar nicht, und die ursprüngliche Zwei lassen wir mal außen vor -, die Drei. Nun machen wir weiter, indem wir jede Zahl aussortieren, die sich durch drei teilen lässt. Zum Schluss bleiben uns von der ganzen Reihe noch die Zwei, die Drei, die Sieben, die Elf und so weiter, bis hin zu der Zahl Neunzehn. Die Zwanzig wurde ja gestrichen, wie Sie sehen. Und auf diese simple Weise haben wir systematisch eine Liste der Primzahlen zwischen zwei und neunzehn erstellt.
    Meine Reihe an der Tafel geht nur bis zwanzig, das genügt, um Ihnen zu veranschaulichen, was es mit dem Primzahlensieb des Eratosthenes auf sich hat. Wenn Sie Lust haben und Zeit - und obendrein einen Schreibkrampf riskieren wollen -, können Sie sich ja mal einen Spaß daraus machen, die Zahlen
von eins bis meinetwegen neunzigtausend aufzuschreiben und dann nach dem Prinzip, das ich Ihnen gerade erklärt habe, die Primzahlen suchen. Und ich garantiere Ihnen, Sie werden jede einzelne Primzahl finden, die es in dieser Reihe gibt. Der Sieb des Eratosthenes funktioniert immer.«
    An dieser Stelle schielte Ranjit auf die Uhr an der Wand, wie viele seiner früheren Lehrer es auch immer getan hatten. »Da der Unterricht drei Stunden umfasst, schlage ich jetzt eine kleine Pause von zehn Minuten vor. Vertreten Sie sich die Beine, gehen Sie zur Toilette, plaudern Sie mit Kommilitonen - machen Sie, was immer Sie wollen, aber seien Sie bitte wieder pünktlich zurück, denn dann fängt das Seminar erst richtig an.«
    Er wartete nicht darauf, bis der Raum sich leerte, sondern huschte schnell durch die Tür, die in den Korridor führte, an dem sein privates Büro lag. Als Erstes ging er zur Toilette - er hielt es mit jener Königin von England, die ihren Untertanen angeblich einmal geraten haben sollte, man müsse jede Gelegenheit zum Pinkeln nutzen - und rief dann seine Frau an.
    »Und? Wie läuft’s denn so?«, erkundigte sich Myra.
    »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht«, gestand er ein. »Bis jetzt waren sie noch ziemlich still, aber bei meinen Fragen haben sie sich fleißig gemeldet.« Er dachte einen Moment lang nach. »Lass es mich mal so ausdrücken - ich bin vorsichtig optimistisch. Mit Betonung auf ›vorsichtig‹.«
    »Nun ja, ich denke da etwas anders«, gab seine Frau zurück. »Ich meine, dass du das falsche Wort betonst. Wenn du mich fragst, ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Seminar ein voller Erfolg wird. Und wenn du nach Hause kommst, wird gefeiert.«
     
    Als er auf das Podium zurückkehrte, saßen alle Studentinnen und Studenten wieder auf ihren Plätzen. Und es waren noch nicht einmal die vollen zehn Minuten vergangen, der große Zeiger der Uhr stand noch nicht ganz auf sechs. Ein gutes Zeichen,
sagte sich Ranjit hoffnungsvoll, und stürzte sich sofort wieder in das Thema.
    »Wie viele Primzahlen gibt es?«, fragte er übergangslos.
    Dieses Mal dauerte es eine Weile, bis sich die Hände hoben, aber fast alle meldeten sich. Ranjit deutete auf ein junges Mädchen in der ersten Reihe. Als sie drangenommen wurde, stand sie auf und erklärte: »Ich glaube, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, Sir.« Doch als Ranjit fragte, warum sie das glaube, wusste sie keine Antwort.
    Ein anderer Student, der schon ein bisschen älter zu sein schien als die anderen, rief: »Es wurde bewiesen!«
    »Richtig«, stimmte Ranjit zu. »Wenn man eine Liste mit Primzahlen erstellt, egal wie lang sie ist oder wie hoch die größte der Primzahlen ist, man wird immer weitere Primzahlen finden. Keine endliche Liste von Primzahlen ist vollständig.
    Nehmen wir einmal an, wir alle seien nicht besonders gut in Mathematik, und deshalb glaubten wir, die letzte Zahl in der Reihe, die ich an die Tafel geschrieben habe, die Neunzehn, sei die größte Primzahl, die es überhaupt geben kann. Wir machen eine Liste von sämtlichen Primzahlen, die kleiner sind als neunzehn, die dann von siebzehn bis zwei reicht, und multiplizieren sämtliche dieser Zahlen miteinander. Zwei mal drei mal fünf und so weiter. Das fällt uns nicht schwer, denn obwohl uns Mathematik nicht gerade liegt, besitzen wir einen guten Taschenrechner.«
    Ranjit legte eine Pause ein, weil ein paar Studenten anfingen zu kichern, und als wieder Ruhe eingekehrt war, fuhr er fort: »Wenn wir mit dem Multiplizieren fertig sind, haben wir ein Resultat. Dazu addieren wir die Eins, und erhalten eine Zahl, die wir N

Weitere Kostenlose Bücher