Das letzte Theorem
rivalisierende Engel an ihm Rufmord begingen. »Er ist nicht unser Feind«, salbaderte einer ihrer Bischöfe gebetsmühlenartig. »Er ist unser König!«
Was die kümmerliche Anzahl von Mitgliedern dieser Kirche, die zumeist aus dem Südwesten der USA stammten, zu glauben beliebten, hätte den Rest der Menschheit nicht weiter zu kümmern brauchen - bis auf zwei Aspekte. Erstens stand da diese besorgniserregende Bemerkung über das »Sterilisieren« der Erde im Raum. Das bedeutete, dass diese grässlichen Aliens über die Fähigkeit verfügten, die Menschen auszulöschen, wenn sie es nur wollten, und das konnte man nicht so leicht vergessen. Zum anderen durchliefen die Satanisten eine rasante Entwicklung, auf einmal waren sie nicht nur Spinner und Idioten. Selbst ein Verrückter wusste, wie es sich anhörte, wenn das Schicksal an seine Tür klopfte.
Und die Satanisten nutzten ihre Chance. Jeder Satansjünger, der in seiner Organisation einen Status bekleidete, der höher war als der eines Kirchenstuhlpolierers, machte unverzüglich bei jeder Talk-Show mit, die ihn als Gast einladen wollte. Sie setzten ihre Hoffnungen darauf, dass die Welt voll von Spinnern war wie sie selbst, die nur noch nicht dazu bekehrt waren, Satan zu verehren, weil sie an dessen Existenz zweifelten. Die Satanisten setzten darauf, dass der Anblick der Maschinenbewohner diese Ungläubigen auf Linie bringen würde.
Tatsächlich behielten sie Recht. Nach der dritten Ausstrahlung der Dokumentation, in der als dritte vorgestellte Spezies
die fürchterlichen Maschinenbewohner zu sehen waren, baten fast einhunderttausend spontan Konvertierte, Satans Sakramente empfangen zu dürfen. Nach der ersten Wiederholung umfasste die Kirche der Satanisten bereits mehrere Millionen Mitglieder, und zwei rivalisierende Glaubensgemeinschaften - also häretische Satanskirchen - erhielten einen ähnlich großen Zulauf. Auch andere Kulte und Pseudo-Religionen blühten förmlich auf, doch die Zahl ihrer Anhänger war bei weitem nicht so groß wie die der Satanisten.
Natürlich waren diese Leute alle verrückt. »Zumindest sind sie geistig schwer gestört«, befand Ranjit, als er mit Gamini Bandara telefonierte. »Warum machst du dir überhaupt Sorgen?«
»Weil auch ein Irrer eine Waffe abfeuern kann, Ranj. Stimmt es, dass Natasha Morddrohungen erhalten hat?«
Ranjit dachte eine Weile nach, ehe er antwortete. Seine Tochter hatte ihn beschworen, niemandem davon zu erzählen, aber trotzdem … »Ja, das ist richtig«, gab er zu. »Dummes Zeug. Sie nimmt den Blödsinn nicht ernst.«
»Aber ich nehme die Drohungen ernst«, erklärte Gamini. »Mein Vater auch. Er wird euer Haus rund um die Uhr bewachen lassen, und jeder von euch, der rausgeht, bekommt einen Bodyguard.«
Ranjit holte tief Luft. »Ich glaube nicht, dass das nötig ist …«, setzte er an.
»Deine Meinung ist unwichtig«, klärte Gamini ihn fröhlich auf. »Mein Dad ist der Präsident, und er bestimmt, was gemacht wird. Und wenn er dir keine Leibwächter auf den Hals schickt, wird es jemand anders tun. Denn auch dein Freund Joris Vorhulst erhält Morddrohungen. Er hat bereits bewaffnete Wachposten rund um das Skyhook-Terminal zusammengezogen. Jetzt spricht er davon, jedem, der mit dem Skyhook-Projekt zu tun hatte, Sicherheitskräfte zur Seite zu stellen. Und zu den Leuten, die besonders geschützt werden müssen, gehörst auch du mitsamt deiner Familie.«
Ranjit öffnete den Mund um zu protestieren - nicht so sehr, weil er den Gedanken verabscheute, vierundzwanzig Stunden pro Tag bewacht zu werden, sondern weil er wusste, wie seine Tochter darauf reagieren würde -, aber Gamini ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. »Wie du siehst, Ranjit«, fuhr er in nüchternem Ton fort, »wird es so oder so passieren. Es hätte also gar keinen Zweck, sich zu sträuben. Und letzten Endes könnte es euer Leben retten.«
Ranjit seufzte. »Und für wie lange stellt man uns diese Bodyguards?«
»Nun, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Anderthalben hier eintreffen«, erwiderte Gamini. »Dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Wer weiß, was dann noch alles auf uns zukommt …?«
Das war eine berechtigte Frage, gestand Ranjit sich ein. Doch vorerst stand er vor dem verzwickten Problem, wie er Myra und Natasha beibringen sollte, dass ihre persönliche Freiheit von nun an eingeschränkt sein würde.
Diese heikle Aufgabe wollte er nicht auf die lange Bank schieben. Gleich nach seinem Telefonat mit Gamini
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