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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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machte er sich auf die Suche nach seiner Familie; er entdeckte sie auf der hinteren Veranda, wo Myra und Natsha im Dunkeln saßen und durch ein Fernglas die Sternkonstellation beobachteten, die einen großen Teil der Oort’schen Wolke enthielt. Myra reichte das Glas an Natasha weiter und wandte sich an ihren Mann. »Sie kommen näher. Tashy? Lass deinen Vater auch mal durch das Glas schauen.«
    Natasha gab ihm das Fernglas, und mühelos fand Ranjit den hellen Lichtfleck, der - laut Expertenmeinung - von den Bremsraketen der heranrückenden Armada stammte. Er sah ihn nicht zum ersten Mal. Bereits vor der Ankündigung, dass diese Anderthalben auf der Erde landen würden, um sich für immer niederzulassen, hatten die Riesenteleskope viel hellere und schärfere Bilder geliefert, die im Fernsehen gezeigt wurden.
    Die Armada rückte tatsächlich näher.

    Ranjit senkte das Fernglas und räusperte sich. »Ich habe gerade mit Gamini telefoniert«, erklärte er und gab dann das Gespräch wieder. Zu seiner Verblüffung reagierte Natasha nicht wie erwartet. Er hatte sich geirrt, wenn er geglaubt hatte, sie würde sich gegen eine Einmischung in ihr Privatleben sträuben. Geduldig hörte sie ihrem Vater zu, um dann nur zu äußern: »Schön, die Bodyguards sollen uns also vor diesen bescheuerten Satanisten beschützen. Damit habe ich kein Problem. Ich frage mich nur« - mit der Hand deutete sie auf die Lichterscheinung am Himmel -, »wer uns vor diesen da beschützt.«
    Diese Frage stellte sich die ganze Welt, und um sich wenigstens ein bisschen Klarheit darüber zu verschaffen, was die Eindringlinge im Schilde führen mochten, versuchte man, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Viele bedeutende Persönlichkeiten formulierten Fragen, die sie in Mikrofone sprachen, und die dann in Richtung der anrückenden Armada ausgestrahlt wurden. Man erkundigte sich nach den Plänen der Aliens, ihren Absichten, wollte wissen, aus welchem Grund sie überhaupt Kurs auf die Erde genommen hatten. Die Liste der Fragen war lang und in mehrere verschiedene Sprachen abgefasst.
    Aber man bekam keine Antwort.
    Mit dieser Situation wurden die Menschen nicht fertig. Überall auf dem Planeten Erde - aber auch in den Lavaröhren auf dem Mond, in den im Orbit kreisenden Raumstationen, halt an jedem Ort, an den die menschliche Rasse sich mittlerweile ausgebreitet hatte - zeigten sich bei den Leuten Stresssymptome. Niemand wusste, was auf die Menschheit zukam, und man hatte schlicht und ergreifend Angst.
    Auch die Familie Subramanian war nicht dagegen gefeit. Myra kaute wieder auf den Fingernägeln, was sie nicht mehr getan hatte, seit sie dreizehn oder vierzehn Jahre alt war. Ranjit telefonierte stundenlang mit fast allen wichtigen Personen, die er kannte (und das waren nicht wenige), nur für den Fall, dass jemand über mehr Informationen verfügte als er. (Leider waren alle Leute, mit denen er sprach, genauso ratlos wie er selbst.)

    Derweil versuchte Natasha wie eine Besessene, dem kleinen Robert beizubringen, Portugiesisch zu lesen. Und eines Morgens, als alle gerade beim Frühstück saßen, hörte man von draußen erregtes Stimmengewirr, wie bei einem lautstark ausgetragenen Streit. Als Ranjit die Tür öffnete, um nachzuschauen, was los war, sah er vier der uniformierten Bewacher, die ihre gezückten Waffen auf ein halbes Dutzend Fremde richteten. Nun, nicht alle waren Ranjit fremd. Die meisten waren junge Männer, die finster dreinschauten, aber brav die Hände über den Kopf hoben. Und in ihrer Mitte stand jemand, den Ranjit sofort wiedererkannte, obwohl er seit ihrer letzten Begegnung ein bisschen gealtert schien. »Colonel Bledsoe«, wunderte er sich. »Was machen Sie denn hier?«
     
    Die Situation erforderte ein wenig Verhandlungsgeschick. Zum Schluss einigte man sich darauf, dass Lt. Col. Bledsoe (im Ruhestand) ins Haus kommen durfte, aber der Captain der Wachposten bestand darauf, die ganze Zeit über mit gezückter Waffe neben ihm zu stehen. Bledsoes Begleiter blieben draußen; sie mussten sich auf den Boden setzen, die Hände auf den Kopf legen, und wurden von den sri-lankischen Bodyguards keine Sekunde lang aus den Augen gelassen.
    Man hätte annehmen sollen, dass Bledsoe sich im Nachteil wähnte, doch irgendwelche Zweifel bezüglich der eigenen Stärke fochten ihn offensichtlich nicht an. »Danke, dass ich hereinkommen und mit Ihnen sprechen darf«, wandte er sich an Ranjit. »Ich hätte meinen Leuten nur ungern befohlen, Ihre Bewacher zu

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