Das letzte Theorem
Ranjit und Myra wenig, wenn Robert ihnen von der Goldenen Regel erzählte, über die in seiner Sonntagsschule gesprochen wurde. Sie freuten sich, als er anfing, sich für die Fernsehnachrichten zu interessieren - falls er einen Sender fand, der ausnahmsweise einmal nicht mit Bildern von den befremdlichen Mitbewohnern der Galaxis überschwemmt wurde.
Dann zeigte man, was die Invasoren, die sich als Anderthalbe bezeichneten, in der Kattara-Senke so trieben. Jeder Spionagesatellit, der nicht durch Wiederholungen der galaktischen Menagerie blockiert war, richtete sich auf diesen fast vergessenen Winkel der Erde.
Sobald die Anderthalben gelandet waren, wusste man, warum sie ihre Schiffe vor dem Eintritt in die Erdatmosphäre so stark
abgebremst hatten. Ihre gesamte Armada wäre durch den Reibungswiderstand in Stücke gerissen worden, denn die Schiffe waren nicht stromlinienförmig. Sie besaßen nicht einmal eine schlichte zylindrische Form wie die winzigen Raumkreuzer der Neungliedrigen. Die Schiffe der Anderthalben glichen eher Christbäumen als einem nach aerodynamischen Prinzipien konstruierten Fluggerät; an einer Art Rumpf hingen in allen möglichen Winkeln Würfel, Kugeln und Polygone.
Das erklärte ihre Bereitschaft, ihre gesamte Energie auf ein Bremsmanöver zu verwenden. Wären sie wie ein Spaceshuttle in die Lufthülle der Erde eingetaucht, hätte sich die Armada in einen Schauer aus Sternschnuppen verwandelt, während sich die glühenden Trümmerstücke über ein mehrere Tausend Quadratkilometer großes Gebiet verteilten.
Nachdem die Schiffe in ordentlichen Reihen in der Kattara-Senke aufgesetzt hatten, demonstrierten die Anderthalben, wozu all die grotesken Zusätze an ihren Schiffen dienten. Einige diese Objekte glichen Tentakeln; sie lösten sich vom Rumpf ab, pendelten eine Weile wie unschlüssig hin und her, dann schlängelten sie sich davon, um die neue Umgebung zu erkunden. Ein paar dieser Anhängsel koppelten sich aneinander und steuerten auf das Brackwasser der Oase zu, aus Gründen, die Ranjit nicht einmal erraten konnte. »Das ist doch kein Trinkwasser«, meinte er. »Hoffentlich merken sie das.«
Myra blickte ihn prüfend an. »Weißt du was«, sinnierte sie, »seit Joris anrief, um zu sagen, dass die Sprengstoffattentäter sich ergeben haben, siehst du gleich viel fröhlicher aus. Und jetzt machst du dir Sorgen, ob diese Kreaturen auch genug zu trinken haben.«
Seine Frau hatte ja Recht, warum sollte er ihr da widersprechen? »Es ist so, wie Robert uns immer sagt. ›Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.‹ Ich möchte ja auch nicht, dass mich jemand erschießt.«
Myra lächelte in sich hinein, dann wurde ihre Aufmerksamkeit wieder von den Vorgängen auf dem Bildschirm in Anspruch
genommen. Ein paar der Teile, die sich von dem Raumschiff abgetrennt hatten, krochen nun zu einer Düne und fingen an, den Sand in sich aufzusaugen. »Sie graben einen Tunnel«, staunte Myra. »Ob sie sich eine Art Bunker bauen, um vor Bombenangriffen geschützt zu sein?«
Darauf gab Ranjit keine Antwort. Dass die Aliens mit einer Attacke rechneten, war nicht von der Hand zu weisen, aber er verzichtete darauf, es laut auszusprechen …
Plötzlich wurde der Bildschirm schwarz. Sekunden später war wieder ein Bild da, und es zeigte eine aufgeregte Nachrichtensprecherin, die ihre Zuschauer davon in Kenntnis setzte, dass der Präsident der Vereinigten Staaten gleich eine Ankündigung von »weltweiter Bedeutung« von sich geben würde. »So lauteten die Worte des Präsidenten«, betonte die Sprecherin nervös. »Mehr wissen wir auch noch nicht, nur dass etwas derart Unerhörtes … Was?«
Sie richtete die Frage an jemand, der nicht im Bild war, aber welche Antwort sie erhielt, war klar. Sie hatte nur noch Zeit zu sagen: »Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, der Präsident der …«
Wieder wurde der Schirm für einen kurzen Augenblick schwarz. Das erste Bild, das dann erschien, zeigte eine Gruppe wichtig (aber auch besorgt) aussehender Männer und Frauen, die sich um einen mit Mikrofonen vollgepflasterten Tisch drängten. Verdutzt betrachtete Ranjit die Szene; das war nicht die übliche Kulisse, vor der der amerikanische Präsident seine Ansprachen zu halten pflegte. Diese Leute befanden sich weder im Rosengarten noch im Oval Office oder an einem anderen der Orte, die die Präsidenten der USA gemeinhin bevorzugten.
Gewiss, hinter der Gruppe erkannte man die große amerikanische
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