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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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Galaktiker.
    Auf den ersten Blick schienen die Anderthalben für diese Art von Beschäftigung denkbar ungeeignet zu sein. Ohne Körperpanzer und Prothesen war der durchschnittliche Anderthalbe nicht viel größer als eine irdische Katze. Aber in diesem Zustand der Nacktheit bekam man einen Anderthalben so gut wie nie zu sehen. Diese unverzichtbaren schützenden Utensilien wogen genau halb so viel wie der organische Körper des Individuums (deshalb die Bezeichnung »Anderthalbe«), und jedes einzelne Teil dieser Geräte war lebensnotwendig. Einige dieser Apparaturen schirmten das in ihnen steckende zarte, organische Wesen vor der gefährlichen Strahlung ab, die entweder von den Kernreaktoren freigesetzt wurde oder noch von ihren vielen, lange zurückliegenden Atomkriegen stammte. Obendrein ging von ihrem Zentralgestirn eine tödliche Ultraviolett-Strahlung aus; und da die Anderthalben schon früh dafür gesorgt hatten, die schützende Ozonschicht ihres Heimatplaneten
zu zerstören, konnte die hochgradig gefährliche Dosis an UV nun ungehindert die Oberfläche erreichen. Ein paar ihrer in die Körperpanzer integrierten chemischen Prozessoren filterten Gifte aus der Luft, die sie einatmeten, oder neutralisierten die toxischen Substanzen der verspeisten Nahrung sowie des getrunkenen Wassers. Einige Geräte verhinderten lediglich, dass sie durch den unerträglichen Lärm, der jeden Teil ihrer Welt durchdrang, verrückt wurden (dazu waren Schalldämpfer nebst Frequenz-Annulierer erforderlich). Andere Prozessoren schwächten die Helligkeit der Blitze und Flammenschauer ab, die ihre Industrieanlagen erzeugten.
    Es gab ein paar isolierte Stellen auf ihrem Planeten, an dem ein Anderthalber sich nackt ausziehen und trotzdem überleben konnte. Das waren die Zuchtkammern, die Geburtsräume und die verstreut liegenden Örtlichkeiten, an denen medizinische und chirurgische Eingriffe stattfanden. Aber diese Horte der relativen Geborgenheit traf man nur selten an, denn auf dieser verwüsteten Welt gab es so viel, vor dem man sich schützen, das man neutralisieren oder verhindern musste, dass die Schaffung eines sicheren Schlupfwinkels extrem teuer war.
    In Anbetracht dieser Tatsache fragte man sich, warum eine technologisch so weit fortgeschrittene Spezies wie die Anderthalben nicht einfach eine Flotte von Raumschiffen baute, um sich irgendwo in der Galaxis einen sauberen Planeten zu suchen und dort ein neues Leben zu beginnen.
    Nun, genau das hatten die Anderthalben in Angriff genommen … ein einziges Mal.
    Aber das Projekt war gescheitert. Gewiss, man hatte die Schiffe entwickelt und gebaut, und man hatte sogar einen Planeten gefunden, der sich für eine Besiedlung eignete. Doch die Großen Galaktiker hatten die Auswanderungspläne durchkreuzt. Und zwar so effektiv, dass die Anderthalben nie wieder auch nur in Betracht zogen, einen zweiten Versuch zu wagen - obwohl seitdem mehrere Tausend Jahre vergangen waren.

8
Sommer
    Im Großen und Ganzen war das Studienjahr eine Enttäuschung gewesen, doch der Sommer fing für Ranjit Subramanian gut an. Das begann schon mit seinen Zensuren. Als sie bekanntgegeben wurden, wunderte er sich über das C in Philosophie (die Psychologienote zählte nicht, denn das Fach hatte er aufgegeben, weil er es zu langweilig fand), und das A in Astronomie war auch keine große Überraschung, obwohl er sich trotzdem ungemein darüber freute. Wie er an die Note A in Statistik gekommen war, blieb ihm jedoch ein Rätsel. Ranjit konnte sie sich nur erklären, dass sie das Ergebnis der anspruchsvollen Lektüre war, mit der er sich auf eigene Faust weitergebildet hatte, als er kein weiteres Box Plot oder Dichte-Histogramm mehr sehen konnte. Die Bibliothek hatte ihn gerettet, weil sie ihn mit Texten über so komplizierte Themen wie stochastische Methoden und das Bayestheorem versorgte.
    Der größte Nachteil, den der Ausklang dieses Studienjahres mit sich brachte, war der Umstand, dass natürlich auch der Astronomiekurs zu Ende ging. Aber wenigstens sorgte die Einladung in Professor Vorhulsts Haus für einen schönen Abschluss. Doch während Ranjit von der Bushaltestelle zu der Adresse marschierte, die auf seiner Einladung stand, beschlichen ihn leise Bedenken, ob die Party sich tatsächlich als das erfreuliche Ereignis entpuppen würde, mit dem er gerechnet hatte. Erstens befand sich das Haus in einem vornehmen Stadtteil, in dem er sich überhaupt nicht auskannte, weil Gamini ihn auf ihren Streifzügen durch

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