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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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Positives zu vermelden. Einheiten der nordkoreanischen Armee, deren Oberster Befehlshaber der Anbetungswürdige Führer war, hauten ordentlich auf den Putz. Sie begnügten sich nicht länger damit, Scharmützel entlang der Grenze zu Südkorea vom Zaun zu brechen, sondern gingen
aus unerfindlichen Gründen einen gewaltigen und extrem gefährlichen Schritt weiter. Der Anbetungswürdige Führer besaß die Dreistigkeit, sich ausgerechnet mit dem Land anzulegen, an dessen finanziellem Tropf Nordkorea hing und das quasi die einzige Nation auf der ganzen Welt war, die so etwas wie freundschaftliche Beziehungen zu seinem ansonsten isolierten Staat pflegte - die Volksrepublik China. Was er damit bezwecken wollte, konnte sich offenbar keiner vorstellen, aber vier separate Trupps, bestehend aus jeweils höchstens einem Dutzend Soldaten, fielen in chinesisches Hoheitsgebiet ein und errichteten dort Feldlager. Dass es in dieser Gegend nichts gab außer Hügeln und Felsen, ließ diesen offenen Affront noch unerklärlicher erscheinen.
    Drei Stunden später gingen Myra und Ranjit an Bord der Maschine, die sie nach London bringen sollte. Als sie in der Luft waren und längs der pakistanischen Küstenlinie in Richtung England flogen, flauten die Kämpfe in Kaschmir schon wieder ab, und die nordkoreanische Armee rüstete sich, in ihre Kasernen zurückzukehren, ohne dass jemand in Erfahrung gebracht hätte, was überhaupt Sinn und Zweck dieses Überfalls gewesen sein sollte.
    Und dann - endlich! - befanden sie sich in London.
    Die Stadt enttäuschte sie nicht. Ranjit war fasziniert von den vielen Sehenswürdigkeiten, wie schon Millionen von Touristen vor ihm, die London einen Besuch abgestattet hatten. Ihm gefiel einfach alles, was er sah - die gigantische St.-Pauls-Kathedrale, der Tower, die Parlamentsgebäude, Westminster Abbey -, sämtliche berühmten Bauwerke, die jeder Londonbesucher besichtigt haben muss. Aber er begeisterte sich auch für Orte, die wohl kaum von touristischem Interesse waren, mit denen er jedoch ganz bestimmte persönliche Vorstellungen verband. In erster Linie handelte es sich um die London School of Economics und eine in der Nähe liegende »entzückende« Maisonettewohnung in der Arunel Street, denn dies waren die Lokalitäten, an denen Gamini Bandara sich aufgehalten hatte,
als Ranjit gar nicht darauf hoffen durfte, diese Stätten jemals zu Gesicht zu bekommen.
    Myra überredete ihn zu einem Ausflug in die Kew Gardens, und als er die weitläufigen Treibhäuser sah, kannte seine Begeisterung keine Grenzen. Die gewaltigen, historisch bedeutsamen Bauwerke der Stadt beeindruckten ihn sehr, und fast alle fand er wunderschön. Was ihm an London jedoch ganz und gar nicht behagte, waren die Entfernungen zwischen den einzelnen Sehenswürdigkeiten, die er zurücklegen musste, und zwar oft genug zu Fuß.
    Es war nämlich November, bitterkalt, und Ranjit fror entsetzlich.
    Vor dieser Reise hatte Ranjit gar nicht gewusst, was es bedeutete, zu frieren. Kälte, jedenfalls ein derart beißender, bis ins Mark dringender Frost, war ihm vorher fremd gewesen, und diese neue Erfahrung machte ihm schwer zu schaffen. Sicher, zu Hause in Sri Lanka hatte er gelegentlich kurz gefröstelt, meistens, wenn er sich oben auf der Spitze des Swami-Felsens aufhielt und es blies gerade ein stürmischer Wind, oder wenn er sehr, sehr früh am Morgen in der Brandung geschwommen war und dann aus dem Wasser stieg. Aber so durchfroren wie jetzt hatte er sich noch nie gefühlt. Es war so kalt, dass die geschwärzten Überreste des Schnees, der in den vergangenen Wochen gefallen war, immer noch die Ränder der Parkplätze und Rasenflächen bedeckten, weil er in der andauernden Kälte nicht tauen konnte.
    Doch in Londons Geschäften gab es Kleidung in Hülle und Fülle, die eigens dazu angefertigt war, um dem frierenden Touristen wenigstens ein bisschen Wärme zu spenden. Thermo-Unterwäsche, Handschuhe und ein Mantel mit Pelzkragen machten Ranjit den Aufenthalt im Freien halbwegs erträglich, während sich Myra den ersten Nerzmantel ihres Lebens kaufte.
    Und dann trafen sie Sir Tariq. Er war derjenige, der Ranjit im Namen der Royal Mathematical Society nach London eingeladen
hatte. Man wollte ihn als Mitglied dieser illustren Gesellschaft aufnehmen, und er sollte in aller Ausführlichkeit schildern, wie es ihm gelungen war, das Rätsel um Fermats Letzten Satz zu lösen. Außerdem hatte er dafür gesorgt, dass eine Stiftung die Reisekosten

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