Das letzte Treffen
verschiedene Kanäle, die kaum einer kennt, und verkauft das Alteisen
zu einem Mehrfachen des Preises an Länder, in denen sich kleinere Völker
und mächtige Clans gegenseitig bekämpfen.«
»Hat er Gesetze
gebrochen?«
»Das weiß ich
nicht. Vor einigen Jahren sickerte das Gerücht an die Presse durch,
dass er eine ungeheuerliche Summe Gewinn bei einem Waffenverkauf gemacht
hat. Dabei hat er sich bekämpfende Gruppen in den Ländern des
Balkan, die früher zu Jugoslawien gehörten, beliefert, und auch
Entwicklungsländer, besonders in Afrika, wo sich die Menschen immer
bekriegen. Andri Ólafur hat diese Anschuldigungen öffentlich
bestritten, doch man muss ihm ja nicht unbedingt glauben. Jedenfalls hat
sich das Gerücht hartnäckig gehalten. Soweit ich mich erinnere,
wurde eine Untersuchung eingeleitet, aber ich weiß nicht, ob sie zu
einem Ergebnis bezüglich Schuld oder Unschuld gekommen ist. Soweit
ich weiß, wurde er nie für illegalen Waffenhandel angeklagt.«
»Weißt du, wie es
mit den Schiebereien angefangen hat?«
»Andri Ólafur
stammt aus Sudurnes und hat in seinen jüngeren Jahren auf dem
Keflaviker Flugplatz gearbeitet. Dort hat er allen möglichen Schrott
verkauft, den das Heer loswerden wollte. Er hat da die Branche von der
Pike auf gelernt und sich gute Kontakte zu den Befehlshabern der US Army
geschaffen, die die Base in Keflavik geleitet haben. Dann hat er sich in
Luxemburg niedergelassen, wahrscheinlich, weil dort das Bankgeheimnis noch
wesentlich umfassender ist als hier und man daher leichter Geschäfte
hinter den Kulissen machen kann. Von dort aus hat er seine Geschäfte
jahrzehntelang geführt.«
»Höre ich das
richtig: Du hältst ihn für ein halbseidenes Hemd?«
Mein Broker zuckt mit den
Achseln.
»Ich schätze an
Andri Ólafur, dass er unglaublichen Erfolg auf seinem Gebiet hat«,
antwortet er nach reiflicher Überlegung, »aber meiner Meinung
nach versuchen Waffenhändler vor allem, daran zu verdienen, dass sie
Gewalt in der Welt schüren und damit das Elend der Bürger erhöhen.
Daher befinden sich diese Leute für mich in der gleichen Kategorie
wie Drogendealer.«
Mein Broker ist manchmal
ungehalten über mein finanzielles Verhalten, das er »das Fehlen
eines Finanzquotienten« nennt.
Aber das hat sich in der
letzten Zeit zum Besseren gewendet. Ich bin nämlich viel vorsichtiger
geworden, was Geldanlagen angeht. Plane weiter im Voraus.
Wegen des Kindes.
Veränderungen! Veränderungen!
Hoffentlich ende ich nicht
als konservative alte Schachtel in der Weststadt!
Die Suche, die Lisa Björk
und ich nach einer Karitas gestartet haben, hatte bisher keinen Erfolg.
Es stellte sich heraus, dass
knapp zweihundert isländische Frauen diesen alten lateinischen Namen
der Liebe tragen. Auch wenn wir sofort alle ausgeschlossen haben, die jünger
als dreißig und älter als fünfzig sind, blieb die Liste
immer noch ganz schön lang.
Lisa ist diesen Frauen den
ganzen Tag hinterhergejagt. Ohne eine einzige zu finden, die auf Andri
Ólafurs Beschreibung der Karitas passt, die er in der Kaffibar
getroffen hat. Und keine, die als Model gearbeitet hat.
Das überrascht mich
nicht.
Ich hatte es gleich für
ein Täuschungsmanöver gehalten. Entweder von Seiten der Frau
oder von Andri Olafur.
Auf dem Heimweg klingelt das
Handy.
»Ich habe die Bestätigung
bekommen, welcher Taxifahrer Andri Ólafur am Montagabend
an der Kaffibar abgeholt hat«, sagt Lisa Björk. »Soll ich
mit ihm sprechen?«
»Wo ist er jetzt?«
»Sein Taxi steht auf
dem Parkplatz von Hreyfill an der Laekjargata.«
»Das ist gar nicht weit
von hier. Ich übernehme ihn.«
Ich finde einen freien
Parkplatz neben dem alten Stadtgymnasium. Es befindet sich immer noch in
dem alten Holzschuppen, wo eine Gruppe isländischer Männer im
Jahr 1851 den dänischen Kolonialherren die Stirn geboten hat: »Wir
protestieren.«
Heutzutage protestiert fast
keiner mehr. Im besten Fall wird genörgelt oder geschimpft. Meistens
wegen etwas, das eh keine Rolle spielt.
Auf dem Parkplatz von
Hreyfill warten vier Taxen. Unser Mann ist der dritte in der Reihe.
Ich klopfe an die
Fensterscheibe.
Der Kerl lässt die
Scheibe herunter.
»Ich muss mal mit dir
reden«, sage ich und stelle mich vor.
»Ach du liebe Zeit,
gute Frau, komm schnell aus der Kälte rein«, sagt er und öffnet
die
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