Das letzte Treffen
finden. Zumal ihm viele reiche Finanzjongleure
enorme Summen zahlen, um zu beweisen, dass es den Gesetzen entspricht,
wenig bis keine Steuern zu berappen.
Andri Ólafur sitzt an
einem Schreibtisch, der überwiegend leer ist. Keine Papiere. Keine
gerahmten Familienfotos.
Nur ein geöffneter
Laptop. Ein Handy. Ein Palm.
Vor dem Tisch stehen drei
tiefe schwarze Sessel.
Echtes Leder.
Der Knabe scheint um die
sechzig zu sein. Aber macht sich gut für sein Alter. Obwohl das bräunliche
Haar dünner geworden ist. Und es nicht mehr lange bis zur Glatze
dauert.
Kleine rote Punkte tauchen
hier und da auf dem rundlichen Gesicht auf. Sein Kinnbart ist schmal.
Sorgfältig rasiert.
»Setz dich«, sagt
er und schließt seinen Laptop.
Das Büro ist groß
und hell.
Ein dicker, cremefarbener
Teppich bedeckt den Boden. An beiden Fenstern sind die hellblauen,
bodenlangen Gardinen zugezogen worden.
An der Wand gegenüber hängen
drei große Landschaftsfotografien. Isländische Pampa. In
silberfarbenen Rahmen aus Aluminium.
Das Zimmer sieht gar nicht
aus wie ein Büro. Jedenfalls nicht wie eins, in dem jemand regelmäßig
arbeitet.
»Vielen Dank, dass du
gekommen bist«, fährt Andri Ólafur fort. »Dieses
Gespräch ist vor allem eine Vorsichtsmaßnahme meinerseits.
Bjarni und ich haben vorhin die Situation analysiert, und er hat mir
geraten, dich in Kenntnis zu setzen.«
»Ja, es ist nämlich
so, dass dieser Fall nicht gerade zu meinem Spezialgebiet gehört«,
sagt Bjarni und rutscht im Sessel hin und her.
»Dieses Gespräch
bleibt natürlich unter uns.«
»Selbstverständlich«,
antworte ich. »Lass hören.«
Andri Olafur lehnt sich vor.
Stützt die Ellbogen auf die Tischplatte.
»Ich gehe davon aus,
dass du in den Medien die Nachrichten vom Leichenfund in Keflavik gesehen
hast«, sagt er.
»Sicher.«
»Jemand versucht, mich
in den Fall hineinzuziehen.«
»Inwiefern?«
»Indem er versucht,
falsche Fährten zu legen, die auf mich weisen.«
»Welche Fährten?«
»Beweismittel, die
zeigen sollen, dass ich an dem Ort war, wo Donald Garber ermordet wurde.«
»Warst du da?«,
frage ich und schaue ihm direkt in die Augen.
»Nein«, antwortet
Andri Ólafur ohne den Blick abzuwenden. »Ich glaube, jemand
versucht, mir diese Gräueltat anzuhängen.«
6. KAPITEL
Andri Ólafur scheint
es ernst zu meinen.
»Warum in aller Welt
sollte jemand eine Verbindung zwischen dir und dem Mord an diesem Ami
herstellen?«, frage ich.
»Ich weiß es
nicht«, antwortet Andri Olafur, »aber die Fakten sprechen für
sich.«
Er ist besorgt. Obwohl er
versucht, es sich nicht ansehen zu lassen. Zumal er es nach
jahrzehntelangem Ringen in der geschäftlichen Unterwelt sicher gewöhnt
ist, seine Gefühle zu verbergen.
»Haben die Goldjungs
dich schon verhört?«, frage ich.
»Die Goldjungs?«
Er hebt seine Augenbrauen.
»Die Kriminalpolizei.«
»Ja, sie haben schon
zweimal mit mir gesprochen, zuletzt heute Vormittag.«
Der blasierte Bjarni räuspert
sich.
»Beide Male wurde Andri
nur als Zeuge verhört«, schiebt er ein, »aber ich habe
das Gefühl, das könnte sich jederzeit ändern.«
»Warum?«
»Nach dem zweiten Gespräch
mit mir forderten sie, dass ich nur mit ihrer Genehmigung das Land
verlasse«, antwortet Andri Ólafur.
»Hast du ihnen das
zugesichert?«
»Ja, ich habe keine
andere Möglichkeit gesehen, als ihnen meinen Pass zu geben.«
»Sie hatten schon eine
einstweilige Verfügung für Reiseverbot vorbereitet, die sie nur
noch beim Richter hätten einreichen müssen«, sagt der
blasierte Bjarni. »Dann hätte die Presse davon Wind gekriegt.
Deshalb war das die bessere Wahl zwischen zwei schlechten Möglichkeiten.«
»Welche Beweise meinen
sie zu haben?«
»Vor allem die
Reifenabdrücke«, antwortet Andri Ólafur. »Neben
dem Fundament in Rockville, wo sich die Leiche befand, wurden Reifenspuren
entdeckt. Sie behaupten, die Spuren stammen von den gleichen Reifen, die
an meinem Jeep dran sind.«
»Was für ein Jeep
ist das?«
»Range Rover Sport.«
»Spuren derselben oder
der gleichen Reifen?«
»Sie scheinen zu
glauben, dass es sich um die gleichen Reifen handelt, aber ein endgültiges
Ergebnis liegt bis jetzt nicht vor. Der Jeep ist immer noch zur Ermittlung
bei ihnen.«
»Mit deiner Zustimmung?«
»Ja, ich fand es unvernünftig,
sich zu weigern. Ich bin
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