Das letzte Treffen
nicht.«
»Sind sie beide
verheiratet?«
»Hlédís
ist seit vier Jahren mit dem Büromanager von GAB verheiratet, und sie
haben eine dreijährige Tochter. Robert ist unverheiratet und
kinderlos.«
»GAB?«,
wiederhole ich. »Der Gewerbeaufsichtsbehörde?«
»Ja.«
»Wie heißt er?«
»Páll Andrésson.«
Páll Rattengesicht?
Der Sandkastenfreund von Baldvin Sigurlinnason?
Kein Wunder, wenn Hlédís
sich anderswo trösten lassen muss.
»Findest du es
wahrscheinlich, dass die Anhänger von Pfarrer David die Geschichte an
die Medien durchsickern lassen?«, frage ich, nachdem ich einen
Moment nachgedacht habe.
»Die sind dazu imstande«,
antwortet Lisa Björk.
»Das Helgarbladid
bringt alles, was nach Sex riecht. Aber der Artikel würde natürlich
umgehend auf Pfarrer David zurückgeführt. Oder mindestens auf
seine Leute.«
»Das ist klar.«
»Wir müssen unsere
Hände in Unschuld waschen können, falls wir in der Sache
angesprochen werden. Verstehst du das?«
»Das sollte doch
einfach sein, wenn wir mit der Sache nichts zu tun haben«, sagt sie.
»Es ist allerdings auch
nicht zu verhehlen, dass eine öffentliche Berichterstattung über
die Affäre von Hlédís und Pfarrer Robert die Stellung
unseres Klienten stärken könnte.«
»Vielleicht.«
»Der Bischof müsste
eventuell seine Unterstützung von Hlédís revidieren,
wenn sich diese Anklagen als richtig herausstellen. Sie müsste dann
sogar von ihrem Vorsitz im Pfarrgemeinderat zurücktreten.«
Lisa Björk starrt mich
an. Wachsam.
»Willst du, dass die
Affäre im Helgarbladid erscheint?«
»Angriff ist die beste
Verteidigung«, antworte ich. »Aber es darf keinesfalls auf uns
zurückzuführen sein, dass wir die Nachricht der Presse
zugespielt haben.«
»Verstehe.«
Natürlich. Lisa Björk
ist nun mal ein cleveres Mädchen. Und unglaublich schnell von
Begriff.
20. KAPITEL
Freitag
Hmmm!« Mein Cousin
Sindri hält nicht damit hinterm Berg, dass ihm das Essen gut
schmeckt.
Seine Essgewohnheiten haben
sich entschieden verändert, nachdem er sich Hals über Kopf in
die kleine Cora verliebte, die er zum ersten Mal in meinem Wohnzimmer
getroffen hat. Die Liebe blühte sofort auf, wie kleine hübsche
Butterblumen im Frühling.
Vorher hat er von Würstchen,
Pizzen und Hamburgern gelebt. Jetzt kann er nicht genug von den stark gewürzten
philippinischen Gerichten bekommen, die Cora für ihn kocht. Und
manchmal auch für mich.
Corazon hat sich hervorragend
gemacht, seit ich sie mitten in der Nacht halbnackt und weinend in der
alten Reykjaviker Innenstadt aufgelesen hatte. In einem rosafarbenen
Morgenmantel und Hausschuhen. Wie ein verletztes Tierauf der Flucht vor
Sjonni. Dem Kriminellen mit Glatze, der sie mit falschen Versprechungen
nach Island gelockt, sie in seinem Haus in der Weststadt eingeschlossen
und Kerlen verkauft hatte, die für Sex bezahlen wollten. In dieser
Nacht war es mir gelungen, sie aus den Klauen von Sjonni zu befreien. Mit
der Zeit wurde Cora zu der kleinen Schwester, die ich nie gehabt habe.
Sie ist ungeheuer fleißig
und intelligent. Hat sich schnell Isländisch angeeignet. Hat außerdem
noch ein paar Kurse in Geschäfts- und Buchführung absolviert,
damit sie sich besser um die finanzielle Seite der Computerfirma kümmern
konnte, die sie und Sindri auf die Beine gestellt haben.
Manchmal scheint es, als wäre
Cora vierundzwanzig Stunden am Tag in Aktion.
Trotzdem hat sie heute
Nachmittag Zeit gefunden, um mit mir die Einkaufstour des Tages zu
erledigen. Und mir beizubringen, wie man Lumpiang Sariwa und Pancit Canton
nach den gleichen Rezepten kocht, die ihre Mutter früher benutzt hat,
als sie noch zu Hause in Manila wohnte.
Bei mir beginnen die
Wochenenden immer noch freitags gegen Mittag. Da lasse ich die endlose
Suche des Alltags nach immer mehr Scheinchen und einer gewissen Art
Gerechtigkeit einfach hinter mir.
Für einen Moment.
Aber ich muss nicht länger
mein Büro schließen, um Ruhe für mein Freitagsmenü zu
haben. Lisa Björk kümmert sich derweil um die laufenden Geschäfte,
während ich es genieße, die Schlechtigkeit auszuschließen.
Obwohl sie nie ganz aus meinem Hinterkopf verschwindet.
Mein Cousin Sindri hat
gestern Abend nicht lange gebraucht, bis er die E-Mail von Kenneth Miller
an Andri Óla-fur Sveinsson abgerufen und entschlüsselt hatte.
Er kannte sich mit dem
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