Das letzte Treffen
Laptop und den Programmen aus, die die beiden
benutzen, um ihre Korrespondenz unlesbar zu machen. Für ihn waren
auch die Anleitungen meines Klienten leicht verständlich.
Aber ich stand noch genauso
wie der Ochs vorm Berg, als Sindri mir die Nachricht ausgedruckt hatte:
UNCLE MEANS BUSINESS ABOUT
PAKISTAN OPERATION. WANTED BOTH YOUR HEADS ON THE BLOCK. OMF WAS TRYING TO
CUT A DEAL. UNCLE DEMANDED EVIDENCE AND TESTIMONY. NEGO-TIATIONS WERE
ONGOING AND SOME PROGRESS MADE. AGREEMENT CONSIDERED MORE LIKELY THAN NOT.
DISCUSSIONS PROBABLY NOT TERMINATED BY UNCLE. AT LEAST NOT BY MY UNCLE.
GENERAL FEELING IN THE WOODS SEEMS TO BE YOU MIGHT HAVE STOPPED THE
TALKING. BUT MAYBE THAT'S ONLY COVER STORY. DISINFORMATION. WHO KNOWS.
NOBODY TELLS THE TRUTH ANYMORE. NOT IF THEY CAN HELP IT.
Diese E-Mail erinnerte mich
sofort an diese komischen russischen Puppen, wo die eine in der nächsten
drinsteckt.
Eine verhüllte Nachricht
in einer anderen.
Oh Mann!
Ich versuche, den Text zu
verstehen. Und einen Zusammenhang zu finden.
Ein Onkel ist wütend
wegen einer Operation in Pakistan.
Was für ein Onkel?
Welche Operation?
Waren Andri Ólafur und
Donald Garber in zwielichtige Geschäfte mit irgendwelchen Typen in
Pakistan verstrickt?
OMF versuchte mit diesem
Onkel zu verhandeln. Sagt Kenneth Miller.
Wer ist OMF?
Allgemeines Gefühl im
Wald, dass du das Gerede gestoppt hast?
Was soll das heißen?
Undeutliche Hinweise. Aber
keine Antworten.
Die müssen bis zu meinem
nächsten Besuch im Knast warten.
Ich erlaube mir, zum Essen an
einem australischen Rotwein zu nippen. Pinot Noir von Yarra Glen. Voller
Geschmack und erfrischend.
»Hmmm!«
Cora fragt immer nach dem
Kind. Sie hat einen unglaublichen Spaß daran, seine Bewegungen in
mir zu fühlen. Jauchzt vor Freude, wenn sie spürt, wie es
strampelt.
Trotzdem möchten sie und
Sindri nicht sofort ein Kind bekommen.
»Vielleicht in zwei
oder drei Jahren«, sagt Cora und guckt Sindri lachend an. Dem ist
das peinlich. Errötet ein klein wenig. Lächelt verlegen. Aber
sagt nichts.
Mein Cousin eben, der Gute.
Ich habe einfach keine Ruhe
in mir, um still auf dem Sofa sitzen zu bleiben. Nachdem sie gegangen
sind. Und der Rotwein leer ist.
Stakse im Wohnzimmer auf und
ab. Schalte das Fernsehen an und wieder aus. Luge durch die Scheibe des
Weinschranks, wo zwei Flaschen Jackie Daniels warten. Gefüllt mit
wunderbarem Feuerwasser made in Tennessee.
Lockende Träume. Voller
Verheißungen von paradiesischem Leben im Himmelreich des alten
Bacchus. Im Paradies des Genusses.
Aber ich widerstehe der
Versuchung. Noch einmal.
Vorne im Flur betrachte ich
mein Spiegelbild. Das einer blonden Frau Mitte dreißig. Mit einem
kugelrunden Babybauch, der absteht wie das halbrunde Kuppeldach der
Perlan.
Oh Mann!
Mein langes blondes Haar ist
das Einzige, das von der Schwangerschaft nicht mitgenommen ist. Mein
blonder Schatz fließt immer noch über die Schultern wie ein von
der Sonne angestrahlter Wasserfall an einem heißen Sommertag.
Alles andere verändert
sich. Sogar meine kleinen Brüste werden groß.
Ich habe Lust auf einen Eiswürfel.
Einen eiskalten, harten,
glasklaren.
Habe gestern Abend zum ersten
Mal dieses krankhafte Bedürfnis verspürt. Als ich keine Lust
mehr auf Rosinen hatte. Da habe ich alle Eiswürfelformen im
Tiefgefrierfach mit Wasser gefüllt. Seitdem lutsche ich auf kleinen
Eisklümpchen herum, als wären es Bonbons.
Welch ein
bescheuert-wunderbares Gefühl!
Ich eile in die Küche.
Öffne den Gefrierschrank. Löse ein paar Eiswürfel in eine
Glasschüssel. Gieße wieder neues Wasser in die Formen. Lege sie
zurück in die Kälte.
Mit der Schale in der linken
Hand klettere ich vorsichtig die Treppe hinunter. Öffne das Büro.
Setze mich in den schwarzen Chefsessel. Schiebe mir den ersten Eiswürfel
zwischen die Lippen.
»Hmmm!«
Wirklich idiotisch.
Stelle die Schale auf den
Tisch. Betrachte Computer und Tisch, Akten und Aktenschränke und die
relativ neuen schwarzen Ledersessel.
Das Büro ist unpersönlich.
Könnte überall sein.
Ob sich daran etwas ändert,
wenn das Kleine auf die Welt kommt? Ob ich dann wohl auch jede freie Fläche
mit Fotos von ihm tapezieren werde? Wie eine normale Mutter?
Wer weiß.
Lisa Björk hat ein paar
Umschläge auf meinen Tisch gelegt.
Ich lege einen nach dem
anderen zur Seite. Ohne sie
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