Das letzte Treffen
stecke das Buch in meine
rotbraune Aktenmappe. Gehe wieder die Treppe hinunter. Ganz bis in den
Keller. Der sich neben der Garage befindet.
Öffne die Tür.
Knipse das Deckenlicht an. Gucke mich um.
Ein schickes Motorrad steht
mitten in der Garage. Schwarz, rot und silberfarben.
Ein Wahnsinnshengst auf zwei
Rädern.
Einige weiße Schränke
stehen eng nebeneinander an der Wand gegenüber der Tür. Jeder
von ihnen hat fünf tiefe Schubladen. Alle geschlossen.
Der letzte Schrank. In der
obersten Schublade. Hat Andri Olafur gesagt.
Ich schließe die Tür
hinter mir. Gehe schnell über den grau gestrichenen Steinboden zum
letzten Schrank. Recke mich nach der obersten Schublade. Ziehe sie
vorsichtig heraus.
Sie ist bis obenhin mit
kleinen Plastikkugeln gefüllt. Wie sie manchmal benutzt werden, um
zerbrechliche Gegenstände vor Stößen zu schützen.
Ich tauche mit meiner rechten
Hand ins Kugelmeer. Bis ich den Laptop gefunden habe.
Er ist klein. Passt gut in
meine Aktentasche.
Auf dem Weg nach Hause rufe
ich meinen Cousin Sindri an. Bitte ihn. noch vor dem Abendessen bei mir im
roten Reihenhaus vorbeizuschauen.
Mit Sicherheit werde ich
seine Genialität brauchen, um die E-Mail von Kenneth Miller zu öffnen.
Trotz Andri Ólafurs Anleitung.
Elektronische Geräte und
Codierungsprogramme sind einfach nicht mein Fall. Aber mein Cousin Sindri
ist ein Spezialist auf diesem Gebiet. Und meine verlässlichste
Hilfstruppe. Zumal er alles weiß, was man nur irgend über
Computer und anderes elektronische Spielzeug wissen kann.
»Es erleichtert das
Leben ungemein, wenn man mit einem Technikfreak befreundet ist.«
Sagt Mama.
19. KAPITEL
Pfarrer David ereifert sich
in meinem Besprechungszimmer. Geht schnell auf dem Teppichboden auf und
ab. Breitet beide Arme aus. Und redet wie ein Wasserfall.
Lisa Björk sitzt in der
Mitte des großen Konferenztisches und versucht ergebnislos, mehr als
ein Wort einzuwerfen:
»Aber … was
… meinst du …«
»Guten Tag, Pfarrer
David«, rufe ich durch die geöffnete Tür. Um seinen
Redeschwall zu bremsen. »Setz dich doch bitte.«
Der Gemeindepfarrer verliert
bei der Störung den Faden.
Lisa Björk nutzt die
Gelegenheit.
»Ja, setz dich hier
neben mich«, sagt sie. »Wir müssen das Angebot des
Bischofs Abschnitt für Abschnitt durchgehen.«
»Da gibt's nichts
durchzugehen!«, donnert Pfarrer David und stützt sich mit
beiden Händen auf den Konferenztisch. »Diese Forderung ist völlig
unverschämt! Es wird von mir erwartet, dass ich aufgebe und mich auch
noch erniedrigen lasse!«
»Darf ich mal sehen?«
Lisa Björk reicht mir
den Brief, den Pfarrer David heute Morgen vom bischöflichen
Ordinariat bekommen hat.
Der Brief beinhaltet Vorschläge
des Bischofs zur Lösung der Konflikte in der Gemeinde von
Seltjarnarnes. Sie bestehen aus drei Teilen:
Erstens: Pfarrer David soll
ab nächstem Monat an einer besonderen Aufgabe in der Kanzlei des
Bischofs arbeiten. Dabei wird er das gleiche Gehalt wie bisher erhalten.
Zweitens: Pfarrer David wird
ab Beginn des kommenden Jahres als reisender Geistlicher für Isländer
in Skandinavien eingesetzt, mit Dienstsitz in Kopenhagen, und wird diese
Stelle zwei Jahre lang innehaben, bis er das allgemeine Pensionsalter
erreicht hat, so dass ihm seine Rente aus der Rentenkasse der Angestellten
des Öffentlichen Dienstes in voller Höhe zusteht.
Drittens: Pfarrer David kündigt
seine Stelle in Seltjarnarnes mit sofortiger Wirkung.
»Dieses Angebot war
doch vorhersehbar«, sage ich. »Eine neue Stelle mit unverändertem
Lohn ist ein klassischer Weg des Ordinariats, um einen Konflikt dieser Art
zu lösen.«
»Ich lasse mich doch
nicht aus meinem Amt verjagen!«, antwortet Pfarrer David
aufgebracht.
»Du kannst dieses
Angebot natürlich ablehnen und weiterhin für deine Stelle
innerhalb der Gemeinde kämpfen. Aber ist es nicht unwahrscheinlich,
dass es dir gelingt, eine neue Mehrheit im Pfarrgemeinderat zu bilden?
Eine neue Mehrheit, die den Brief an den Bischof dann widerruft?«
»Ich bin überzeugt,
die Mehrheit meiner Gemeindemitglieder unterstützt mich in diesem
Kampf.«
»Das ist eine ganz
andere Sache. Aber ist es nicht eher aussichtslos, die Mehrheit des
Gemeinderates dazu zu bekommen, eine Gemeindeversammlung zur Lage der
Gemeinde einzuberufen?«
»Man kann ja immer
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