Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
Eltern – im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder, der in Mainz als Juniorpartner in einer Rechtsanwaltskanzlei arbeitete.
„Habt ihr den Schreck mittlerweile überwunden?“, fragte er sogleich besorgt.
„Es ist kaum mehr etwas zu sehen“, antwortete Wulff ausweichend.
„Kommt, lasst uns ins Esszimmer gehen“, bat seine Frau. „Ihr müsst hungrig sein von der langen Fahrt.“
„Ja, in der Tat“, entgegnete er. „Ich hoffe, ihr seid nicht böse, dass wir uns verspätet haben.“
„Ach, Unsinn. Wir haben zwar schon gegessen, aber es ist noch genug übrig“, scherzte sie.
„Sehr schön.“
Liebevoll nahm Tobias Wulff seine Frau in den Arm und folgte seiner Mutter.
Wulff schloss sich gedankenversunken an. Sein Sohn hatte sich nicht verändert. Noch immer fühlte er sich in seinem Elternhaus wohl. Obwohl er seit drei Jahren verheiratet war und mit seiner Frau in Berlin lebte, zog es ihn immer wieder nach Koblenz. Tobias hatte auch ein herzliches Verhältnis zu seinem Onkel gehabt, mit dem er oft stundenlang zusammen gesessen und über historische Themen gesprochen hatte. Geschichte war seine ganze Leidenschaft, er arbeitete an seiner Dissertation. Ihm schienen alle Türen offen zu stehen – dennoch, Wulff vermisste bei ihm den Ehrgeiz, das Machtbewusstsein, das die Familie über Generationen ausgezeichnet hatte.
Den ganzen Tag war Sophia ruhelos umher gewandert, hatte versucht, sich mit Joggen und Kampfsportübungen abzulenken – die Ereignisse wühlten sie auf. Immer wieder musste sie an Tassones Worte denken, an die Begebenheiten, die er geschildert hatte. Aber entsprachen sie der Wirklichkeit? Die Bundeslade und der Gral waren mystische Gegenstände, für deren Existenz es keinerlei Beweise gab. Sie waren genauso irreal wie die Büchse der Pandora. Und doch – was, wenn das alles tatsächlich existierte? Egal, wer es finden würde, diese Relikte würden die Welt verändern.
Sophia stützte sich mit den Händen auf die Fensterbank in ihrem Zimmer und starrte nach draußen. Es dämmerte bereits. Die nächste Nacht stand bevor. Hauser war noch immer im Büro. Womit er sich wohl im Moment beschäftigte? Befasste er sich mit der Aufklärung des Attentatversuchs oder recherchierte er für Tassone, den Mann, der für den Vatikan arbeitete? Sophia hatte heute kaum ein Wort mit ihm gewechselt; der Italiener war ihr suspekt. Gewiss, er hatte etwas Außergewöhnliches, seine Ausstrahlung zog sie in ihren Bann, doch sie musste unentwegt an seinen Auftrag denken. Etwas Geheimnisvolles, Dunkles umgab ihn. Auch Viktoria ging ihm aus dem Weg. Ihre Trauer war in Verzweiflung umgeschlagen, sie sehnte sich nach ihren Freunden. Die wahre Situation, die Bedrohung, schien sie nicht wahrhaben zu wollen. Daran hatte auch ein klärendes Gespräch nichts geändert. So ließ Sophia ihre Schwester gewähren, hoffte, dass sie in ein oder zwei Tagen wieder nach Koblenz könnten, um wieder ein geregeltes Leben zu führen. Aber das war vielleicht doch nur ein Wunschtraum.
Es klopfte.
„Sophia? Ich bin’s, Tassone.“
Sie wandte sich vom Fenster ab. „Kommen Sie herein.“
Er betrat den Raum und reichte ihr ein Handy. „Sebastian möchte mit Ihnen sprechen.“
Überrascht nahm sie es entgegen.
„Die Leitung ist abhörsicher“, fuhr Tassone fort. „Ich werde wieder nach unten gehen. Lassen Sie sich ruhig Zeit.“
„Danke“, erwiderte sie befangen.
Für einen Moment sah Sophia noch auf die geschlossene Tür, bis sie sich das Handy schließlich ans rechte Ohr hielt. „Hallo, Sebastian.“
„Hey. Du klingst so abwesend.“
„Ja, entschuldige … ich war nur …“ Der Italiener verwirrte ihre Sinne. „Sag, wie hast du Tassone kennen gelernt? Ich meine … wie kannst du mit so einem Mann befreundet sein?“
„Er ist kein schlechter Mensch, nur weil er für den Geheimdienst des Vatikans arbeitet.“
„Er ist Geheimagent?“, prustete sie los.
„Jetzt enttäuschst du mich aber. Was dachtest du denn nach dem gestrigen Gespräch?“
„Dann wird mir einiges klar“, pflichtete sie ihm bei.
„Was meinst du damit?“
„Er ist ein Hüter der Wahrheiten, vielleicht sogar ein Eingeweihter.“
„Du liest eindeutig zu viele Fantasy-Bücher, Fia.“
Er wollte es auf die vertrauliche Art abtun, doch Sophia widersprach vehement. „Nenn mich nicht ‚Fia‘. Und im Übrigen … hast du mir nicht gesagt, dass selbst mein Vater mit der Wahrheit überfordert war?“
Sie hörte, wie Hauser tief durchatmete,
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