Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
beiden Mädchen musterte. „Ihr seht echt heiß aus. Engelchen und Teufelchen – passt irgendwie zu euch“, schmunzelte er.
Lisa war ganz in Rot gekleidet: Bluse, Rock, Lackstiefel und Cape. Anna dagegen ganz in Weiß: Kleid mit Rüschen, Flügeln und Stiefel. Beide Mädchen hatten schwarz lackierte Fingernägel.
„Du siehst auch nicht schlecht aus, Mister Sherlock Holmes“, entgegnete Anna mit einem anerkennenden Blick.
Das Kostüm des Meisterdetektivs hatte sich Martin bereits vor längerem zugelegt. „Okay. Auf jetzt. Fahren wir.“
Er ließ den Mädchen den Vortritt und war auch sonst ganz der Kavalier, wie es sich für einen englischen Gentleman gehörte.
„Hat sich Vicky noch mal bei dir gemeldet?“, fragte Anna, als Martin den Motor startete.
„Nein. Ich mach mir wirklich große Sorgen um sie.“
„Die Arme“, erwiderte sie. „Das muss furchtbar sein.“
„Ob das wirklich eine gute Idee ist?“, warf Lisa ein.
„Natürlich“, antwortete Martin überzeugt und fuhr los. „Ihr werdet sehen, das wird eine geniale Überraschung.“
„Aber sie hat gesagt, dass sie sich verstecken muss.“
„Das heißt doch nicht, dass wir sie nicht besuchen dürfen.“
„Wovor hast du Angst?“, fragte Anna ihre Schwester. „Es ist doch nichts dabei.“
„Schließlich ist sie … habe ich …“, fuhr Lisa stockend fort.
„Spielst du auf die Sache im Forum an?“, fragte Martin. Er sah im Rückspiegel, wie das Mädchen nickte, und winkte ab: „Das ist doch Schnee von gestern.“
„Ich hab ‚Tyr‘ gegoogled … das war der nordische Kriegsgott.“
„Nee“, lachte Martin, „das war nur so’n verrückter Spinner.“
„Und der Überfall bei Vickys Onkel?“
„Das ist alles nur eine Verkettung unglücklicher Umstände. Die Presse hat doch geschrieben, dass es sich um einen Raubüberfall handelte, und der Verkehrsunfall von Friedrich Wulff war ein tragisches Unglück.“
„Martin hat Recht“, stimmte Anna zu. „Wer sollte Vicky etwas antun.“
„Wenn ihr das sagt“, gab Lisa nach.
Martin spürte, dass es sie nicht überzeugte. Sie war schon immer die argwöhnische, ihre Schwester war die forsche. Dieses Mal hielt sie zu ihm.
„Wie lange brauchen wir denn?“, fragte Anna.
„Wir fahren über die Autobahn, dann geht es schneller. Aber zwei Stunden dauert es bestimmt.“
„Dann ist es ja schon dunkel“, klagte Lisa.
„Um so besser“, frohlockte Martin. „Das wird ein richtiger Knaller.“
Wenn er schon nicht mit Vicky zur Burg Frankenstein fahren konnte - worauf er sich seit Wochen gefreut hatte -, dann wollte er zumindest nicht auf die gemeinsamen Stunden mit seiner Freundin verzichten. Sorgen über die Ereignisse der vergangenen Tage machte er sich nicht – seine Gedanken waren allein bei Vicky, die er sehr vermisste.
Nach dem Abendessen hatte sich Robert Wulff in sein Arbeitszimmer zurückgezogen, um die neuesten Nachrichten abzurufen.
24 Stunden waren seit dem brutalen Überfall vergangen. Die zerschossenen Fenster der Veranda waren mittlerweile erneuert, ebenso die Löcher in den Wänden gefüllt und die Kugeln entfernt. Am Montag würden die Maler kommen. Dann wären alle Spuren beseitigt.
Was blieb, war der Schrecken, die Erkenntnis, dass der Tod schnell und grausam war. Aber wer die Männer waren, stand bislang nicht fest – die Ermittlungen der Kriminalpolizei liefen noch. Alles wirkte wie ein gewöhnlicher Raubüberfall. Doch Hauser hatte erklärt, dass es mit dem Tod von Friedrich Wulff zusammenhing. Er schien Wesentliches über die Hintergründe zu wissen. Die Spuren verloren sich mittlerweile beim MAD.
Wulff erinnerte sich, dass sein Bruder in den vergangenen Jahren sehr zurückgezogen gelebt hatte, er war ängstlich und verschlossen geworden. Sie hatten kaum mehr miteinander gesprochen. Wie hatte es nur so weit kommen können?
„Schatz, unsere Gäste sind da“, riss ihn die Stimme seiner Frau aus den Gedanken.
Er schaute auf, brauchte einen Moment, um sich zu orientieren.
„Kommst du?“
„Selbstverständlich.“
Rasch erhob er sich und folgte seiner Frau ins Wohnzimmer.
„Hallo, Paps.“
Es war Wulffs ältester Sohn, zusammen mit seiner Frau.
„Hallo, Tobias. Schön, dass ihr da seid.“
Sie reichten sich die Hände. Dann umarmte Wulff seine Schwiegertochter; sie küsste ihn auf die Wangen.
Sein Sohn hatte sich nach dem Überfall spontan zu diesem Besuch entschlossen. Er war sehr sensibel und hatte noch eine enge Bindung zu seinen
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