Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
den vergangenen Wochen mehrmals von diesem Kloster gesprochen hatte. Bestand da ein Zusammenhang? Sie wusste, dass er alten Schätzen nachjagte, er prahlte gerne mit seinem Wissen über die Geschichte. Aber welche Verbindung bestand zwischen Viktoria Wulff und dem Kloster? Was wusste das Mädchen, dass Tyr sie dafür töten wollte?
Zum ersten Mal in ihrer Karriere dachte Bianca Mertens intensiv über einen Auftrag nach. Sie hatte bereits zweimal versagt. Das musste einen Grund haben. War es wieder eine dieser schicksalhaften Fügungen? Stand ihr Leben erneut vor einem Wendepunkt? Seit ihrer Kindheit waren Tod und Gewalt ihre ständigen Begleiter. Sollte sie mit einem Mal eine Beschützerrolle übernehmen? Das erschien ihr absurd. Sie würde den Auftrag ausführen – dafür wurde sie bezahlt. Aber boten die Umstände vielleicht einen Neuanfang? Sie wollte nicht ewig töten, irgendwann würde sie einen Fehler begehen, der sie das Leben kosten würde – wie bei ihrem Mentor. Ein unachtsamer Moment, eine Unsicherheit, und alles wäre zu Ende. Nein. Sie hatte die Freuden des Lebens kennen gelernt, den Luxus, die Sorglosigkeit. Niemals mehr die Angst haben zu müssen, auf der Straße zu verhungern, zu erfrieren oder missbraucht zu werden. Dieses Leben wollte sie nicht aufgeben.
Das Geheimnis der Viktoria Wulff bot ihr die Möglichkeit für einen Ausstieg!
Aber dafür musste Bianca Mertens herausfinden, was Tyr in Kloster Eberbach suchte. Sicherlich einen historischen Schatz. Aber sie kannte sich in Geschichte nicht aus, konnte sich daher keine Vorstellung von den Hintergründen machen. Und der italienisch anmutende Schwarzhaarige, der auf dem Gelände herumschlich? Italienisch, überlegte sie, vielleicht römisch? Der Vatikan, durchzuckte es sie. Das Kloster war ein sakrales Bauwerk und gehörte der Kirche. War Tyr einer religiösen Reliquie auf der Spur? Sicherlich war sie von immenser Bedeutung. Dazu fiel Bianca Mertens nur ein Gegenstand ein: der heilige Gral. Aber das war nur eine Legende, ein Mythos, überlegte sie. Völlig absurd. Und wenn doch? Tyr war ein Kenner der Mystik. Hatte er tatsächlich eine Spur entdeckt?
Noch immer stand Bianca Mertens mit ihrem Z3 auf dem Parkplatz des Klosters und starrte zu den Gebäuden hinüber.
Sie war sich sicher, dass Viktoria Wulff und ihre Bewacher bald hier auftauchen würden. Die Fahrtrichtung stimmte. Der Italiener war nur die Vorhut. Aber warum brachten sie das Mädchen in Gefahr? War sie ein Teil des Rätsels? Oder seiner Lösung?
Und welche Gefahr bestand für sie selbst? Wenn ihre Vermutung mit der religiösen Reliquie zutraf, dann waren auch Tyrs Männer hier. Er ließ sie sicher bereits suchen. Und ihr Wagen, der Z3, war ein auffälliges Objekt.
Angespannt zündete sie sich eine weitere Zigarette an.
Ein Gedanke jagte den nächsten. Ihr blieben nicht viele Alternativen. Sie hatte sich für einen kühnen Plan entschieden, voller Risiko. Genau an diesem Ort. Sie musste es wagen. Die nächsten Stunden würden ihr Schicksal entscheiden.
Unterdessen hatten Hauser und Basini mit den beiden Frauen Wiesbaden erreicht. Ihr Ziel war das Dorint Pallas Hotel in der Nähe des Hauptbahnhofs. Niedergeschlagen sah Viktoria aus dem Seitenfenster, während sie über die Berliner Straße fuhren. Es herrschte viel Verkehr. Die Sonne schien, doch es war kalt.
Kälte erfasste auch Viktorias Herz. Vergangene Nacht hatte sie schreckliche Alpträume erlebt, war immer wieder aus dem Schlaf geschreckt. Alles war voller Blut gewesen - ihre Hände, ihre Beine, ihr ganzer Körper. Martin war vor ihrem geistigen Auge aufgetaucht, mit fahlem Gesicht, blutleeren Lippen und gebrochenen Augen. Immer wieder hatte er dasselbe Wort geflüstert: ‚Warum?‘ Tränen schossen Viktoria in die Augen. Warum hatte sie nicht auf Hausers Warnungen gehört? Dann wäre ihr Freund noch am Leben! Wie sollte sie es seinen Eltern erklären?
Hauser fuhr in eine Tiefgarage hinunter. „Wir sind da.“
Angespannt sah Viktoria auf. Neonlicht erfüllte das fast leere Parkdeck. Sie drehte sich um und schaute aus dem Heckfenster. Basini folgte mit seinem BMW.
„Vicky“, hörte sie Hausers Worte.
Abrupt wandte sie sich ihm zu. „Ja.“
„Wir gehen jetzt hinein. Wenn wir an der Rezeption sind, verhältst du dich unauffällig. Ich habe alles über mein Büro geregelt. Wenn es nicht zuviel verlangt ist, halte dich bitte an Fabio. Die Leute sollen denken, ihr seid ein Paar.“
„Was?“
„Es ist für unser
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