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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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einbringen.«
    Susannah starrte ihren Vater entgeistert an. Er machte sich Sorgen wegen des Biers ?
    »Los, hol sie!«, rief Susannah. »Du bist größer. Du kannst runtertauchen und sie finden. Was ist los mit dir? Los, hol sie!«
    Jon begann jetzt lauter zu weinen, und seine von Entsetzen und Kummer erfüllten Klageschreie durchbohrten die Luft, übertönten das sanfte Rauschen der Wellen und zerrissen das klare Blau des Himmels. Susannah sah seine Schreie mehr, als sie sie hörte – leuchtende, schmerzerfüllte Streifen schossen hoch, breiteten sich aus und fielen rings um sie nach unten, wie die Asche eines Feuerwerks. Aber sie selbst fühlte keine Traurigkeit, noch nicht.
    Weil Janie nicht tot war.
    Aber ihr Vater rührte sich nicht.
    »Los, hol sie!«, rief Susannah erneut. »Du musst los und sie holen!«
    Ihr Vater sah sie mit leeren Augen an und schüttelte den Kopf: »Sie ist tot«, sagte er.
    Dann setzte er sich hin und begann zu schluchzen, und seine Schreie mischten sich mit Jons und schließlich mit ihren eigenen – alles Asche, die um sie herum fiel und fiel, ein endloser Schmerz.

23. Kapitel
    Betty 1968
    D as Seltsamste an dem Unfall war, dass sich Betty beim besten Willen nicht daran erinnern konnte, worüber sie sich gestritten hatten. Sie erinnerte sich nur an das Datum: 9. Januar. Es war Jims halber Geburtstag (er wurde zwölfeinhalb). Sie hatte ihm am Vortag einen halben Kuchen gebacken, und sie wollten die Halbzeit der Ferien und Bills Rückkehr feiern.
    Sie erinnerte sich, wie sie am Anlegesteg stand und beobachtete, wie das Postschiff in den Hafen fuhr. Sie erinnerte sich auch an ihren ersten kurzen Blick auf Bill, als er sich duckte, um aus der Tür der Kabine an Deck zu treten. Sein Haar wurde nach hinten geweht, und der Stoff seiner Hose umflatterte seine Beine. Sie wusste noch, wie die silbernen Strähnen in seinem dichten Haar sie überraschten, obwohl es erst sechs Monate her war, dass sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Ihr treuloses Herz schlingerte noch immer bei seinem Anblick, auch wenn sie und Barfuß inzwischen seit drei Jahren ein Liebespaar waren. Bill war ihre erste Liebe, der Vater ihres einzigen Kindes, und wegen ihrer langen gemeinsamen Geschichte – schwierig und kompliziert, wie sie war – kannte er sie auf eine Art, wie sie jemand anders nie kennen würde.
    Sein Grinsen und seine grünen Augen waren unverändert. Er umarmte sie und packte spielerisch ihren Hintern durch ihre Jeans.
    »Du hast mir gefehlt«, sagte er.
    »So sehr, dass du zehn Tage später hier bist als angekündigt«, erwiderte Betty trocken.
    Sie war noch immer verärgert, da er versprochen hatte, am Silvesterabend zu Hause zu sein, nur um ihr dann am Telefon mitzuteilen, dass er aufgehalten worden sei und später kommen würde. Aufgehalten, du Blödmann, dachte sie.
    »Na komm schon, Betty, du hast mir wirklich gefehlt. Sieh mal einer an.«
    Er schob sie auf Armeslänge von sich weg, die Hand noch immer auf ihrer Schulter, und ließ seine grünen Augen von ihren Stiefeln zu den Konturen ihrer Hüften und hoch zu ihrer Kehle, ihren Lippen, ihren Augen wandern. Er sah ihr in die Augen und hielt ihrem Blick stand. »Ganz im Ernst. Sieh mal einer an. Sechsunddreißig, und du hast es noch immer.«
    »Was ich habe, ist ein hungriger Fast-Teenager und ein Pferch voll brüllender Ziegen, die gemolken werden müssen«, entgegnete Betty.
    Bill warf seinen Seesack auf die Ladefläche des Pick-ups und glitt hinter das Steuer. Es war ein ungewöhnlich trockener Januar gewesen, und sie holperten über die harten Fahrwege. Trotz der kalten Luft waren die Fenster heruntergelassen, damit Bill die Luft von Sounder riechen konnte. Trockene Blätter raschelten in den Furchen am Straßenrand, als sie an ihnen vorbeifuhren. Es war ein schöner klarer Tag. Betty sah kleine weiße Schneekleckse auf dem braunen Boden am Waldrand. Bill hielt mit einer Hand das Steuerrad und mit der anderen ihren Oberschenkel umklammert.
    Sie unterhielten sich über Jim, daran erinnerte sie sich; ebenso wie daran, dass sie Bill von dem Fallschirmunfall im August erzählte. Jim hatte eine Begeisterung für Fallschirme entwickelt und damit experimentiert, aus alten Seilen und Plastiksäcken und Leinwandplanen selbst Fallschirme zu bauen. Eine Weile lang hatte er sich damit amüsiert, Äpfel oder Flaschenkürbisse an seine Fallschirme zu hängen und sie vom Dach des Cottages hinunterzuwerfen. Dann hatte er die brillante Idee, einen riesigen

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