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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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Fallschirm für einen alten Zedernstamm anzufertigen, der schon seit Jahren oben auf Crane’s Point lag. Der Fallschirm, den er mit der Hilfe von zwei Freunden baute, hatte gewaltige Ausmaße.
    Aber Jim hatte außer Acht gelassen, wie lange ein schweres Objekt erst fallen musste, damit genug Luftwiderstand aufgebaut werden konnte, um es tatsächlich an einem Fallschirm gleiten zu lassen. Als er und seine Freunde den Stamm mit einer Nylonschnur am Fallschirm befestigten und den Stamm über die Klippe rollten, fiel er wie eine Bombe ins Wasser direkt hinter dem Boot von Bill Chevaliers, der gerade vom Fischen kam.
    »Hätten sie den Stamm zwei Sekunden früher von der Klippe geworfen, dann hätten sie ihn getötet«, sagte Betty zu Bill.
    Sie erinnerte sich, wie Bill mit nach hinten geworfenem Kopf lachte, eine Hand am Steuer und die andere noch immer auf ihrem Bein. Und dann? Sie wusste es nicht mehr. Kaum waren sie in den langen Schotterweg zur Farm eingebogen, begannen sie, sich über irgendetwas zu streiten. Vielleicht ging es darum, dass er über eine Woche später nach Hause gekommen war, oder darum, dass er so lange fort gewesen war oder dass er Weihnachten verpasst hatte. Oder es ging um die Hausarbeit oder um seine nächste Fahrt. Später fragte sich Betty, ob sie den Streit aufgrund ihrer Schuldgefühle wegen Barfuß vom Zaun gebrochen hatte. Was auch immer der Grund gewesen sein mochte – als sie an das erste Gatter kamen, hielt er den Wagen an und sprang hinaus, um das Tor zu öffnen. Den Motor ließ er laufen.
    Betty rutschte auf den Fahrersitz und dachte: »Du Mistkerl, du kannst verdammt gut den Rest des Wegs laufen.« Sie hatte vor, sich mit dem Pick-up durchzuschieben, sobald er das Tor öffnete, um dann mit Tempo zum nächsten Gatter zu fahren, damit sie herausspringen und es öffnen und durchfahren konnte, bevor es ihm gelang, sie zu Fuß einzuholen. Aber als sie die Kupplung drückte und den Gang einlegte, ruckte der Pick-up plötzlich und schoss dann nach vorn.
    Sie fühlte und hörte den Aufprall gleichzeitig. In der einen Sekunde war Bill noch da, mit dem Rücken zu ihr, während er das Tor zur Seite schob, und in der nächsten war er verschwunden. Der Schlag klang, als fiele ein reifer Kürbis zu Boden. Betty nahm ihren Fuß vom Kupplungspedal, rammte ihn mit aller Kraft auf die Bremse und riss das Steuer scharf nach rechts, weg von Bill oder von dort, wo Bill eben noch gewesen war. Der Pick-up holperte über die gefrorenen Furchen auf dem Feld und kam in einer Mulde am Waldrand zum Stehen. Sie versuchte, die Tür aufzustoßen, was schwierig war, weil der Pick-up schräg stand und die Tür auf ihrer Seite nach oben ragte.
    »Bill!«, rief sie und kurbelte das Fenster runter, kletterte hindurch und kraxelte auf Händen und Knien aus der Mulde, bis sie Halt fand und aufstand.
    Jetzt sah sie Bill reglos neben dem Tor liegen. Sein Körper war in einem merkwürdigen Winkel gekrümmt, und ein Arm war hinter seinen Rücken weggedreht.
    Sie rannte zu ihm. Seine Augen waren geschlossen, aber sein Mund war geöffnet. Sie sah, dass ein Rinnsal leuchtend roten Blut aus seinem Ohr floss. Sie legte die Hände auf seine Schultern, um ihn zu schütteln und aufzuwecken, aber dann wurde ihr klar, dass es besser wäre, ihn nicht zu bewegen, falls sein Genick oder sein Rücken verletzt worden waren.
    Und in diesem Augenblick, in dem ihre Hände durch die dicke Wolle seines Mantels seine Schultern packten, bemerkte sie die seltsame Stille. Bills Schultern waren reglos unter ihren Händen. Sein Mund stand offen, aber seine Brust bewegte sich nicht.
    Sie glitt mit der Hand seitlich an seinem Hals entlang zu der Kuhle direkt hinter seinem Kiefergelenk – diese Kuhle hatte sie oft geküsst, während sie sich liebten und sie eine Bahn von Küssen von seinem Ohr den Kiefer entlanggezogen hatte, bis sie seine Lippen fand. Aber diese Kuhle, an der eigentlich hätte ein Puls zu fühlen sein müssen, war ebenfalls still.
    Sie packte seine Schultern noch fester. » Bill! «
    Nun schüttelte sie ihn und schrie seinen Namen wieder und wieder, damit sich seine Brust heben und senken und seine Lider flackern sollten. Aber Bill blieb reglos, mit nach hinten hängendem Kopf.
    Sie schüttelte ihn weiter und weiter, bis ihr Sohn, der ihre Schreie gehört hatte, über die gefrorenen Felder herbeigerannt kam. Dort fand er sie, den leblosen Körper seines Vaters in ihren Armen.
    Es war Januar und der Boden hart, doch einer ihrer

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