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Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
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Ironie haben, dort an Bills Seite die folgenden Jahrhunderte zu verbringen.
    Sie hatte einmal zu Barfuß gesagt, dass sie neben ihm beerdigt werden wolle.
    »Ich lasse mich nicht beerdigen«, hatte Barfuß entgegnet. »Warum auch? Damit du kommst und mich beweinst? Verbrenn mich in einem Gestrüpphaufen und verstreu meine Asche im Garten, wo sie noch einen Nutzen bringt.«
    »Aber ich liebe dich«, hatte sie gesagt. Es war einer jener Augenblicke gewesen, in denen sie ihm gegenüber eine ganz besondere Zärtlichkeit empfunden hatte, eine Mischung aus Dankbarkeit und Liebe, die sie erfüllte, ihre Seele überschwemmte und ihre natürliche Zurückhaltung ertränkte.
    »Ich liebe dich auch«, hatte er geantwortet. »Aber in vierzig Jahren wird es für keinen von uns beiden mehr den geringsten Unterschied machen, ob ich begraben oder verbrannt wurde.«
    Sie hatte ihm noch nicht erzählt, dass sie bei einem Arzt in Bellingham gewesen war, und dass man bei einem CT-Scan einen Flecken in ihrer Lunge und zwei Flecken auf ihrer Wirbelsäule entdeckt hatte. Ihr blieben nach Aussage des Arztes noch fünf oder sechs Monate. Jim hatte sie es auch noch nicht gesagt. Aber sie hatte Bobbie angerufen. Betty wollte bis zu ihrem Ende zu Hause auf Sounder bleiben. Es gab in Friday Harbor ein Hospizprogramm. Bobbie hatte ihr angeboten, mit ihr dort einzuziehen. »Was auch immer du brauchst«, hatte Bobbie gesagt.
    Sie würde es Jim und ihren Enkeln sagen müssen. Und sie würde es Barfuß sagen müssen. Aber noch nicht jetzt. Betty behielt das Wissen um ihre Krankheit inzwischen seit einer Woche für sich, verbarg ihr Geheimnis wie etwas Kostbares und zog es, wenn sie allein war, hervor, um es im Geist von allen Seiten eingehend zu betrachten. Es würde Jim zweifellos schwer treffen. Sie und Jim waren viele Jahre lang ein Team gewesen, sie beide zusammen. Selbst ihre lange Beziehung mit Barfuß hatte das Band zwischen ihr und ihrem Sohn nicht ausfransen lassen. Und es war ihr zuwider, daran zu denken, Hood und Baker zu verlassen, bevor sie die beiden in ihrer Lebensgeschichte nicht ein Stück weiter begleitet und mehr darüber erfahren hatte, wohin ihr Leben möglicherweise führte.
    Und Barfuß. – Sie wusste nicht, wie sie es ihm sagen sollte. Er trat ihr gegenüber noch immer äußerst beschützend auf, und es würde unerträglich für ihn sein, sie leiden zu sehen. Vielleicht war es ihr ja vergönnt, leicht und schnell dahinzuscheiden. Barfuß hatte einmal zu ihr gesagt, er hoffe, dass sie vor ihm sterben würde, damit sie nicht den Schmerz erleiden müsse, ihn zu verlieren und trauernd allein zurückzubleiben. Er wollte sie behütend durch alles hindurch begleiten, und nun würde er die Möglichkeit haben, genau das zu tun. Betty seufzte.
    Eine Bewegung erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie sah, wie jemand die Straße herabkam und sich durch das gelbe Gras am anderen Ende des Friedhofs näherte. Sie erkannte Susannahs roten Parka und ihr langes dunkles Haar. Susannah schirmte ihre Augen mit der Hand gegen die Sonne ab. Als sie Betty auf der Bank entdeckte, ging sie auf sie zu.
    »Das ist ein wunderschöner Platz«, sagte Susannah und kam zur Bank. Ihre Wangen waren von der Kälte gerötet, aber unter ihren Augen lagen dunkle Schatten.
    »Nicht wahr?«, lächelte Betty. »Ich habe früher gedacht, dass ich zu Hause in Seattle beerdigt werden wollte. Ich war so wütend, als Bill hierher zog, fern von meiner Familie. Ich pflegte zu ihm zu sagen: ›Wage es nicht, mich hier zu begraben oder gar etwas von meiner Asche in der gottverdammten Bucht zu verstreuen!‹ Aber jetzt ist hier mein Zuhause.«
    Susannah setzte sich neben sie.
    »An einem Ort wie diesem wirkt es nicht ganz so beängstigend, nicht wahr?«, meinte Betty.
    »Stimmt.«
    Ein behagliches Schweigen erfüllte sie.
    »Hood und Baker werden nächstes Jahr von hier fortgehen, um die High School zu besuchen«, erzählte Betty. »Fiona wird ein Apartment in Friday Harbor mieten und die Woche über dort mit ihnen wohnen. Wenn sie allerdings eine neue Lehrkraft für Sounder finden, könnte es sein, dass Jim mit ihnen geht.«
    »Dann werden Sie hier ganz allein sein?«, fragte Susannah.
    »Nein«, dachte Betty, »ich werde dann nicht mehr hier sein.« Aber sie antwortete: »Vielleicht. Das Leben steckt voller Veränderungen und Überraschungen.« Sie neigte ihren Kopf nach hinten und hielt ihr Gesicht in die Sonne. »Ich bin nie besonders religiös gewesen, aber an diesem Ort und an

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