Das Leuchten der Insel
nicht glauben, dass du das getan hast.«
Ihr Lohn kam im Lauf der nächsten Wochen, als Matt Bücher auf dem Boden »seines« Arbeitszimmers stapelte, Stunden lesend in dem Armsessel verbrachte, oft bei offener Tür, sodass er mit ihr sprechen konnte, während sie Essen kochte und Fotos, Artikel und Postkarten an die Wände heftete. Er liebte es. Er war glücklich. Sie waren glücklich.
»Also, es gibt ein paar Dinge, die Sie wissen müssen«, unterbrach Jim ihren Tagtraum. »Erstens haben Sie vielleicht bemerkt, dass es hier keinen Kühlschrank gibt.«
Natürlich hatte Susannah das nicht bemerkt, bis Katie sie darauf hingewiesen hatte. Und zudem hatte sie vergessen, sich mit Lebensmitteln einzudecken, was bedeutete, dass sie fraglos nicht aus dem selben Holz wie Ernest Shackleton oder gar Laura Ingalls Wilder gemacht war.
»Der Strom hier stammt aus erneuerbaren Energien – von Windrädern und Solarmodulen. Er reicht für die Lichtversorgung und einen Computer sowie für ein oder zwei kleine Geräte.« Jim lächelte: »Und unter uns, kleine Geräte heißt Geräte mit einem Nutzwert – elektrische Bohrmaschinen oder elektrische Ziegenschermaschinen, keine Haartrockner.«
»Also wollen Sie mir sagen, dass ich lernen muss, meine Haare mit einer elektrischen Ziegenschermaschine in Form zu bringen.«
Jim lachte: »Das ist nicht so verrückt, wie Sie denken mögen. Fiona rührte ihre selbst gemachte Mayonnaise mit der elektrischen Bohrmaschine. Das funktioniert ziemlich gut.«
Susannah hoffte, dass ihr Gesicht nicht die sie plötzlich befallende Angst verriet. Sie wusste weder, wie man Mayonnaise selbst herstellte, noch, wie man mit einer elektrischen Bohrmaschine umging.
»Aber Kühlschränke verbrauchen zu viel Energie, darum gibt es hier draußen einen kalten Keller.«
Jim durchquerte die Küche und öffnete die Hintertür, in deren Holz oben sechs kleine Scheiben eingesetzt waren, um das Tageslicht hereinzulassen. Susannah folgte ihm nach draußen auf eine kleine überdachte Veranda, deren Geländer und Boden grau gestrichen waren. Zwei hölzerne Schaukelstühle standen dort mit Blick auf die durch die Bäume sichtbare Bucht.
Jim zeigte auf zwei massive Holzklappen mit schwarzen Angeln, die auf der Rückseite des Hauses in den Boden eingelassen waren.
»Da unten gibt es einen kleinen kalten Keller. Die meisten Dinge bleiben da ausreichend kühl. Und da drüben« – Jim zeigte auf einen Wald aus kleinen Bäumen und Büschen nicht ganz zehn Meter hinter dem Haus – »dort werfen Sie die Küchenabfälle hin. Wir füttern die Hühner mit den Abfällen. Sehen Sie den kleinen Pfirsichbaum da? Der ist aus einem Kern gewachsen, den Baker vor ein paar Sommern dort rausgeworfen hat.«
»Ich seh’ ihn.«
»Sie müssen hier wirklich wiederverwerten und recyceln. Für den Rest der Welt mag das nur ein Spruch sein, aber für uns ist es schlicht Realität. Die einzige Möglichkeit, Abfall von der Insel zu bekommen, besteht darin, ihn zum Hafen zu transportieren, mit dem Boot wegzufahren und gutes Geld zu bezahlen, um ihn woanders loszuwerden.«
Er ging mit ihr wieder ins Haus und zeigte ihr den Kasten im Wirtschaftsraum, der den Strom von den Solarmodulen und Windrädern regulierte und verteilte, und erklärte ihr das solare Wassererwärmungssystem (»kein langes Duschen«).
Susannahs Kopf begann zu schmerzen, und sie verspürte einen winzigen eiskalten Kern aus Furcht in ihrer Magengrube.
»Wir verwenden zahlreiche zwölf Volt starke LED-Cluster«, erläuterte Jim, während sie ins Wohnzimmer zurückgingen, »aber wir finden sie zu matt, um damit einen ganzen Raum zu erleuchten. Daher nehmen wir acht Watt starke 2D-Einheiten, die ein schönes Licht mit einer guten Farbe geben, und kleine acht Watt starke Leuchtstoffröhren über den Arbeitsbereichen und dem Küchentresen.«
»Um Himmels willen, Jim, red sie nicht in Grund und Boden«, mischte sich Betty ein. »Du jagst ihr einen Heidenschrecken ein, siehst du das nicht? Sie will einfach nur wissen, wie man das Licht aus- und anschaltet. Sie benötigt nicht deinen gesamten Al-Gore-Vortrag.«
Susannah lächelte: »Natürlich sind für die Kinder die wichtigsten Dinge der Computer und das Handy.«
»Der Strom, der Ihnen hier zur Verfügung steht, reicht für den Betrieb Ihrer Handys und Ihres Computers aus.« Jim hob seine dicken Brauen und blickte über den Rand seiner Brille. »Ich nehme an, dass Sie einen Laptop haben? Die meisten davon verbrauchen nur
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