Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten der Insel

Das Leuchten der Insel

Titel: Das Leuchten der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McCleary
Vom Netzwerk:
dass sie schockiert darüber war, sich auch nur ein kleines bisschen zu Jim hingezogen zu fühlen. Seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr hatte Matt einen urwüchsigen Hunger in ihr wachgerufen. Sie erinnerte sich an den Sommer nach dem College, als sie in Seattle lebte und Matt seit über einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Er kam überraschend in das Geschäft, in dem sie arbeitete, und als sie von der Theke aufblickte und seine tiefblauen Augen, sein schiefes Lächeln mit dem Grübchen in der rechten Wange und seine verblichene Jeans sah, die eng auf seinen festen Hüften saß, war sie bereit, sich die Kleider vom Leib zu reißen und ihn sofort dort zu nehmen, mitten bei Nordstrom’s.
    Aber während der letzten Jahre mit den verrückten Terminplänen der Kinder und den Kämpfen um Katie hatte ihr Sexualleben gelitten. Zu Hause war es oft geschehen, dass sie gerade das Bett machte oder mit dem Auto die Kinder abholte und sich plötzlich an einen intimen Moment erinnerte, in dem Matt und sie ineinander verschlungen waren und ihr Köper warm pulsierte. Das erzeugte ein Kribbeln auf ihrer Haut, und sie sehnte den kommenden Abend herbei und stellte sich vor, wie sie sich im Dunkeln Matt zudrehte und ihn mit ihren Händen und Lippen erforschte. Doch dann brauchte Quinn bei einem wissenschaftlichen Projekt Hilfe, und die Katze übergab sich auf der guten Brücke, und Katie teilte ihr mit, sie müsse ihr helfen, für eine Matheprüfung zu pauken, und Susannah hatte keine Zeit, Matt anzusehen, geschweige denn, ihn zu verführen. Es gab auch Momente, in denen sie sich einfach nach rohem, unkompliziertem Sex sehnte, nach hemmungsloser Hingabe, bis der Schädel gegen das Kopfende des Betts knallte, ohne Groll darüber, dass jemand vergessen hatte, die Geschirrspülmaschine einzuräumen. Aber natürlich hatte dieses Verlangen nichts mit Jim zu tun.
    »Meine Mom will an Thanksgiving kommen«, teilte Susannah Matt mit. Sie hatte das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt, während sie in den Regalen nach Mehl suchte.
    »Das ist schön«, sagte Matt. »Gibt es denn bei euch einen Schlafplatz für sie?«
    »Sie kann bei Betty schlafen. All die Betten hier sind belegt.« Sie fand das Mehl und stellte es auf die Theke. »Es ist nur … Es ist das erste Mal, dass du und ich und die Kinder wieder zusammen sein werden. Da wäre es vielleicht schöner, allein zu sein, nur wir vier.«
    »Also willst du nicht , dass deine Mutter kommt?«
    »Ich kann es ihr doch nicht direkt abschlagen, oder? Jon fährt nach Texas, um Anns Familie zu besuchen, und Mom hat die Kinder seit März nicht mehr gesehen. Ich hätte Schuldgefühle, wenn ich Nein sagen würde.«
    Matt seufzte: »Gibt es irgendetwas, das dir keine Schuldgefühle einflößt?«
    »Ich finde es einfach schwierig, in ihrer Nähe zu sein.«
    Susannah begann, das Mehl und den Zucker für den Apfelmuskuchen, den sie zum Pizza&Poetry-Tag mitbringen wollte, abzumessen.
    »Es sind bloß vier oder fünf Tage, Sooz.«
    »Ich weiß. Aber sie geht mir auf die Nerven.«
    »Ach, komm. Sie ist nicht so schlimm. Sie hat ein schweres Leben gehabt.«
    »Ich kann mir nicht helfen«, sagte Susannah, während sie ein Ei am Rand der Schüssel anschlug. »Jedes Mal, wenn sie da ist, sehe ich sie und dann unsere Kinder an und denke: ›Wie konntest du nur?‹«
    Wie konnte jemand seine Kinder auf einem Boot auf dem See hinausfahren lassen mit einem Mann, der sich jeden Tag betrank? In ihre Wut über sich selbst und über die grausame Art, in der das Schicksal an jenem Tag zugeschlagen hatte, mischte sich die Wut darüber, dass ihre Mutter mit ihrer stillschweigenden Billigung alles in die Wege geleitet hatte. Bis jetzt hatte Susannah ihre Mutter nie zur Rede gestellt und sie nie gefragt: »Warum hast du es zugelassen, dass er mit uns auf den See rausgefahren ist?« Ihre Mutter hatte ein Kind verloren, das war Strafe genug.
    »Susannah«, unterbrach Matts Stimme ihre Gedanken. »Lass deine Mom an Thanksgiving kommen. Es wird schon gut gehen.«
    Sie versuchte, sich ihre Mutter vorzustellen, wie sie mit ihrem akkurat geschnittenen Haar, ihrer gebügelten Bluse, ihrer Faltenhose, ihrer Kaschmirjacke und ihren dazu passenden Ketten und Ohrringen den schlammigen Weg zu dem weißen Cottage hochlief, splittrige Holzscheite in den Herd schob und dabei Tag für Tag dieselbe Kleidung trug. Aber Quinn würde über ihre Anwesenheit begeistert sein, und Matt, Betty und Jim würden hier als Puffer fungieren.
    »In

Weitere Kostenlose Bücher