Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Kriegsgefangenenlager war. Sie hat mir eine Menge über das Lager erzählt, aber sie wusste nicht, wie es dich dorthin verschlagen hat. Wie kam es, dass meine Großmutter in Australien gelandet ist, während du mit Philip in Sarawak interniert warst?«
»Gütiger Himmel, du hast also Marjorie getroffen! Wie geht es ihr? Es tut mir leid, dass ich nicht Kontakt zu ihr gehalten habe. Mit Evelyn, ihrer Mutter, war ich gut befreundet. Wir haben uns noch jahrelang geschrieben.«
»Sie ist sehr nett«, erwiderte Julie. »Sie hat sich sogar eine Wohnung in Penang gekauft, wo sie einen Großteil des Jahres verbringt, wenn es in Schottland zu kalt ist.«
»Ich freue mich, dass es Marjorie gutgeht. Erstaunlich, dass sie nach Malaysia zurückgekehrt ist.«
»Sie wäre bestimmt begeistert, wenn du dich meldest«, meinte Julie. »Jedenfalls hat sie dich in guter Erinnerung behalten. Sie hat mir erzählt, wie stark du im Lager warst und wie hingebungsvoll du dich um Philip gekümmert hast.«
»Ja. Vielleicht hast du recht, ich sollte ihr schreiben. Ich weiß noch, wie ich Marjorie zum ersten Mal gesehen habe. Da war sie ein schüchternes, hoch aufgeschossenes Mädchen, das den Koffer ihrer Mutter durch das Lagertor schleppte. Ihre Mutter war nicht ganz gesund, und die Zustände im Lager haben das natürlich nicht besser gemacht. Ein Wunder, dass sie überlebt hat. So viele sind gestorben. Ich weiß noch, wie mich der Anblick dieses Koffers gefesselt hat. Philip und ich hatten nichts außer den Sachen, die wir am Leib getragen haben. Überhaupt war Gepäck der Grund, warum wir im Lager waren, wenn ich es recht bedenke.«
»Wie das?«, fragte Julie. »Aber vorher möchte ich gern erst wissen, wie es vor dem Krieg in Malaya war. Mum hat mir erzählt, was sie von Gran weiß, aber mich würde interessieren, wie du es empfunden hast.«
»Vor dem Krieg konnte man in Malaya ein herrliches Leben führen. Margaret hatte viele weltoffene Freunde und eine Menge Dienstboten. Ihr Leben dort sah ganz anders aus als unseres in Brisbane. Manchmal denke ich, sie hat mich eingeladen, damit sie vor mir angeben konnte. Ich wollte damals reisen, auf Berge steigen, die Pyramiden sehen. Vor allem aber faszinierte mich der Ferne Osten, also habe ich mich auf den Besuch gefreut. Und zweifellos haben mir Margaret und Roland gezeigt, wie es sich leben lässt.«
»Wir haben ein Foto von dir und meiner Mutter beim Pferderennen«, sagte Caroline.
»O ja, Margaret hat die Rennen geliebt. Sie und Roland haben mich zu so einem Ereignis nach Penang mitgenommen. Es war ein wunderbarer Tag, ich werde ihn nie vergessen. Damals wimmelte es in Malaya nur so von Heiratskandidaten, Beamte, Pflanzer und Verwalter aus Großbritannien«, erinnerte sich Bette mit einem Lächeln. »Ich habe einen Freund von Roland kennengelernt, Gilbert Mason. Wir haben uns sehr gut verstanden. Ein netter Mann.« Sie wandte kurz den Blick ab, dann fragte sie Julie: »Wie hat es dir denn in Malaysia gefallen?«
»Sehr gut. Es ist richtig romantisch. Und es gibt noch Wildnis dort.«
»Romantisch ist es, keine Frage. Und ich habe den Dschungel geliebt. Einmal bin ich mit Margaret, Roland und Gilbert flussaufwärts gefahren. Die Wildnis dort war wunderschön. Eugene, Rolands Vater, war Großwildjäger, ich habe also seine Geschichten gehört und seine Trophäen gesehen. Hängen sie noch an den Wänden des Herrenhauses? Kurz vor dem Krieg hat Gummi einen stolzen Preis erzielt, und sie führten damals ein sorgloses Leben. Niemand ahnte, dass der Krieg auf Malaya übergreifen könnte – außer Roland.«
»Für euch war es also eine Überraschung, als die Japaner auf der Halbinsel einmarschierten?«, fragte Caroline.
»In den Monaten davor wurde viel über den Krieg geredet, aber die Plantage lag so weitab vom Schuss. Ich weiß noch, wie erschüttert wir waren, als die Japaner Anfang Dezember im Norden von Malaya angriffen. Eine Familie aus dem Norden tauchte bei uns auf, Pflanzer, Bekannte von Roland. Sie hatten nur ein paar Habseligkeiten mitnehmen können und waren froh, dass sie mit dem Leben davongekommen waren. Da erkannte Roland, dass nun keine Zeit mehr zu verlieren war. Sein Vater, Margaret, ich und der kleine Philip sollten sofort das Land verlassen und nach Australien reisen. Ich weiß noch, dass Eugene sich weigerte, die Plantage zu verlassen. Die Japaner haben ihn dann brutal ermordet, als sie nach Utopia kamen. Es war so traurig. Jedenfalls sollte uns Hamid, Eugenes Fahrer,
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