Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Familie war.
»Du bist sehr gut angekommen. Die Kinder mögen dich«, sagte Tony, als er sie ins Hotel zurückfuhr.
»Sie sind entzückend und machen dir alle Ehre.«
»Das Lob muss ich mit Madam Chang teilen. Sie ist sich ihrer Stellung sehr bewusst.« Dann fügte Tony mit einem Grinsen hinzu: »Aber inzwischen ist sie alt, und sie wäre nie auf diesem Fahrrad gefahren!«
»Ich hoffe, das war nicht zu undamenhaft!«, scherzte Bette.
»Nein. Und sie wollen, dass du wiederkommst. Vielleicht könnten wir einen Ausflug zusammen machen?«
»Das wäre wunderschön«, erwiderte Bette aufrichtig. Auch wenn das Haus der Tsangs ein wahrer Prunkbau war, ging man dort ganz unbeschwert miteinander um. Es herrschte eine völlig andere Atmosphäre als auf Utopia.
Inzwischen hatte sich Bette richtig in Tony Tsang verliebt, und ganz offensichtlich erwiderte er ihre Gefühle. In ihren Küssen lag eine leidenschaftliche Sehnsucht, aber Tony unternahm nichts, um die Sache voranzubringen.
Als Bette eines Morgens nachdenklich dreinschaute, fragte er, ob alles in Ordnung sei.
»Ich habe einen Brief von meinen Eltern bekommen. Sie machen sich Sorgen, weil ich hier meine Zeit vertrödle. Anscheinend hat Margaret ihnen von meiner Beziehung zu dir erzählt.«
»Und sie missbilligen sie. Finden sie, dass unsere Freundschaft in eurer Gesellschaft ungehörig wäre?«, fragte Tony.
»Nein, überhaupt nicht. So etwas deuten sie nicht einmal an. Mein Vater macht sich aber Gedanken wegen des Kommunistenaufstands und der Angriffe auf Europäer, von denen berichtet wird. Offenbar sind die australischen Zeitungen voll davon. Er möchte, dass ich heimkomme, bevor die Dinge aus dem Ruder laufen.«
»Das kann man verstehen«, erwiderte Tony ruhig. »Väter sorgen sich eben um ihre Töchter. Hat er auch verlangt, dass Margaret nach Hause kommt?«
»Keine Ahnung. Ich nehme an, dass er die Entscheidung, was für sie am besten ist, ihrem Mann überlässt.«
»Dann ist doch ganz klar, was du machen solltest, meine süße Bette.« Als sie ihn überrascht ansah, fuhr er fort: »Du musst mich heiraten, dann werde ich auf dich aufpassen.« Er nahm ihre Hand. »Ich wollte dich schon seit einer ganzen Weile fragen: Willst du meine Frau werden?«
Bette sah den sanften, zärtlichen, humorvollen Mann an, der ihr so viel bedeutete. Jeden Moment, den sie miteinander verbrachten, hatte sie ausgekostet und nicht gewagt, an morgen zu denken. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass Tony ihr anbieten würde, sein Leben mit ihr zu verbringen. Aber jetzt waren die Worte ausgesprochen, und sie wusste, dass sie alles entschieden. Stürmisch schlang sie die Arme um ihn.
»O ja, Tony. Ja, ja.«
Kapitel 13
Penang, 1950
D ie Hochzeit fand im kleinen Kreis statt. Nur fünfzig Gäste nahmen nach der Trauung in der St. George’s Church und dem Opferritual in einem buddhistischen Tempel an dem Empfang im Eastern & Oriental Hotel teil.
Tony hatte Bette erklärt, dass Hochzeiten bei den malaiischen Chinesen traditionell mit zwölf Tage währenden pompösen Festlichkeiten gefeiert würden.
»Bei uns beiden wird man wohl nicht den Bräuchen deiner Väter folgen«, sagte Bette. »Für deine Familie bin ich vielleicht eine Außenseiterin.«
»Kein Gedanke«, erwiderte Tony. »Meine Familie und meine Freunde freuen sich für mich. Sie sind entzückt von dir. Aber die Zeiten haben sich geändert, seit dem Krieg sind große Feiern aus der Mode gekommen.«
Bette trug ein wunderschönes weißes Seidenkleid mit einem Schleier, der von einer Tiara aus Jasminknospen gehalten wurde. Ihre Schuhe hatte der Familienschuster gefertigt, es waren die typisch malaiischen Pantoffeln aus Seide, üppig mit Perlen bestickt und mit niedrigem Absatz. Der Brautstrauß – Orchideen aus Singapur – war atemberaubend.
Madam Chang hatte dafür plädiert, wenigstens einige der alten Bräuche auch weiterhin zu pflegen, und daher das Brautgemach in traditionellem Stil gestaltet. So hingen mit filigranen Goldspangen geraffte bestickte Vorhänge und Seidenbahnen vom Himmel des mit Schnitzereien verzierten Ehebetts. Die Kissen- und Polsterüberzüge aus Seide und Satin waren mit Silber- und Goldfäden durchwirkt und mit besonderen Mustern bestickt. Und überall im Zimmer standen und hingen spezielle Gefäße für Duftmischungen, Weihrauch und Glücksbringer.
»Bin ich froh, dass sie auf manche anderen alten Bräuche verzichtet hat, vor allem auf den Hahn und die Hennen unter dem Bett«,
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