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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Möchten Sie sich einmal einen ansehen?«, fragte er.
    »Sehr gern, das hört sich interessant an. Gibt es einen Tsang-Kongsi?«
    Tony lächelte. »Ja. Meine Familie ist seit vielen Generationen hier ansässig. Die Vorfahren meines Vaters sind vor der Verfolgung durch die Mandschus geflohen und kamen schon kurz nach der Besiedlung Penangs hierher.«
    »Sie haben eine sehr farbige Familiengeschichte, Tony. Meine klingt im Vergleich dazu richtig langweilig.«
    »Ich glaube, dass alle Familien interessant sind. Sie bestehen aus Individuen, und auch wenn sich die Familie vor der Welt als geschlossene Front präsentiert, braucht man nur an der Fassade zu kratzen und entdeckt die Dominanten und die Sanften, die Schwachen und die Starken, alles Menschen mit verschiedenen Talenten, Vorlieben und Wünschen«, sagte er.
    »Ja, keine Frage«, erwiderte Bette lachend. »Das klingt wie ein Porträt meiner Familie.«
    Sie kamen zu dem Rasen vor dem Haus, wo sich die Gäste an verschwenderisch gedeckten Rattantischen mit bestickten Tischdecken zu Tee und Kuchen versammelt hatten.
    Tony rückte einen Stuhl für Bette zurecht, und sie setzte sich, während Lorraine Vorschläge machte, wann sich die Sportbegeisterten zu Tennis oder Krocket treffen könnten.
    »Spielen Sie?«, fragte Tony.
    Bette schüttelte den Kopf. »Nein, ich sehe mich lieber ein bisschen hier um. Die Landschaft ist so schön und ungewöhnlich, und es ist kühl genug zum Wandern.«
    »Verlauf dich nicht, Bette. Bleib auf den Wegen«, riet Andrew.
    »Ich begleite Sie gern«, erbot sich Tony. »Ich kenne die Gegend. Meine Familie hat hier oben einen Bungalow. Leider habe ich viel zu selten Zeit, ihn zu nutzen.«
    »Danke, aber ich möchte Sie Ihren Teamkameraden nicht abspenstig machen«, erwiderte Bette.
    »Unsinn, ein ordentlicher Spaziergang wird mir guttun. Und Andrew hat recht, man kann sich hier in den Bergen wirklich leicht verirren. Außerdem glaube ich, dass ich mich in Ihrer Gesellschaft wohler fühlen werde als unter diesen fanatischen Tennisspielern.«
    »Du hast schon immer schnell die Kurve gekriegt, wenn ein hübsches Mädchen auf einer Party aufgetaucht ist«, rief Andrew vergnügt.
    In wandertauglichen Schuhen machte sich Bette mit Tony auf den Weg. Bald befanden sie sich in dichtem Wald.
    »Ist das der Dschungel? Die Bäume erinnern mich eher an das, was ich mir unter einem alten englischen Wald vorstelle«, sagte Bette.
    Tony blieb stehen und blickte zu den Baumkronen empor. »Sie haben recht. Nicht alle diese Bäume sind einheimisch. Manche wurden wohl von den ersten Europäern gepflanzt, als sie hierherkamen – wahrscheinlich damit sie sich heimischer fühlten. Ein Stück weiter vorn kommen wir in den richtigen Dschungel.«
    »Sind das die versteckten Pfade, auf die Sie Ihre Freundinnen gelockt haben?«, neckte ihn Bette.
    Tony lachte. »Nein, dafür war ich zu schüchtern. Als ich ein Kind war, haben wir hier die heißen Sommermonate verbracht, und der Sohn des Hausmeisters, ein malaiischer Junge, hat mir seine Lieblingsplätze gezeigt.«
    Der Weg wurde bald schmaler, und Tony ging voraus. Sie sprachen nicht. Nur gelegentlich schob Tony einen herabhängenden Zweig beiseite oder deutete auf Hindernisse wie Wurzeln und Felsen, über die Bette leicht hätte stolpern können, zumal sie sich ständig den Hals nach Affen, Schmetterlingen, Vögeln und ungewöhnlichen Blumen verrenkte.
    »Sehen Sie sich diese seltsamen Pflanzen an!«, rief sie.
    »Kannenpflanzen.« Tony pflückte eine der langen röhrenförmigen Blüten der Kletterpflanze. »Sehen Sie, wie sie sich mit Wasser füllen. Man hat schon beobachtet, wie Affen daraus trinken, deshalb nennt man sie auch Affenbecher. Schauen Sie mal, diese ist halb voll.« Er nippte daran. »Mmm, süß. Probieren Sie. Die Blüte erinnert ein bisschen an ein Saxophon. Tanzen Sie gern?«
    Bette nickte, und als er ihr die eigenartige Blüte an die Lippen hielt, damit sie die Regentropfen daraus trinken konnte, wurde ihr jäh bewusst, wie nah er ihr war. Schon lange hatte die Ausstrahlung eines attraktiven Mannes sie nicht mehr so berührt.
    »Schön. Ich würde nämlich gern mit Ihnen tanzen. Ich finde, es kann nicht schaden, wenn es in meinem Leben wieder ein bisschen fröhlicher zugeht. Dazu war ich nicht aufgelegt … bis jetzt. Würden Sie mir da aus der Klemme helfen?« Seine dunklen Augen blickten sie freundlich, aber auch ein bisschen verschmitzt an.
    »Ja, gerne. Vielen Dank«, erwiderte Bette.
    Sie

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