Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
blieben an einem Teich stehen, in den sich ein dünnes Rinnsal ergoss.
»Daraus wird ein Sturzbach, wenn die Regenzeit kommt.« Tony streckte die Hand aus und half ihr hinüber. »Wir können um den Teich herumgehen und kommen dann oberhalb vom Bungalow wieder heraus.«
Sie folgten den verschlungenen Pfaden, und als sie auf einen breiteren, ebenen Weg gelangten, nahm Tony wieder ihre Hand. Bette spürte überdeutlich, wie weich seine Haut war und wie die Berührung seiner Fingerspitzen kribbelte.
Ihre Gastgeber und die anderen Gäste hatten den Eindruck, dass Tony und Bette gute Freunde geworden waren, aber beide wussten, dass sie mehr füreinander empfanden. Keiner von beiden wollte das offen zugeben, doch sie spürten es, wenn sie nebeneinandersaßen und ein Arm ganz zufällig den anderen streifte. Auch hatten sie anscheinend dieselben Vorlieben. Frühmorgens saßen sie als Erste in der frischen Morgenluft auf der Terrasse, warteten auf den Sonnenaufgang und tranken süßen, heißen Kaffee. Wenn sich die Gruppe nach dem Dinner zum Schlummertrunk dort versammelte, um die Lichter von Georgetown unten im Tal zu betrachten, saßen Tony und Bette leise plaudernd nebeneinander und hatten nur Augen füreinander und weniger für die Aussicht.
Tony flirtete fröhlich mit ihr, manchmal neckte er sie oder brachte sie zum Lachen. Zwar war er mindestens zehn Jahre älter als sie, doch es faszinierte Bette, wie sich bei ihm der jungenhafte Überschwang mit der Weisheit und Nachdenklichkeit des gereiften Mannes verband.
Beim Frühstück fragte Andrew sie eines Morgens: »Was habt ihr beide denn für die letzten Tage geplant? Können wir irgendetwas für euch arrangieren?«
»Andrew, ihr wart so gastfreundlich, ich kann mich gar nicht genug bedanken. Es war eine wunderbare Zeit«, sagte Bette.
»Und du bist ein ganz bezaubernder Gast«, erwiderte Andrew. »Ich hoffe, wir sehen uns noch öfter, solange du hier in Penang bist.«
»Ich auch«, warf Tony ein. »Sag mir, was du noch sehen möchtest. Ich hatte vor, morgen nach Penang zurückzufahren, aber offensichtlich werden wir in Batu Ferringhi bei den Gideons erwartet.«
»Wir sind alle eingeladen«, ergänzte Andrew.
»Ins Strandhaus der Gideons? Ich freue mich so darauf, im Meer zu schwimmen«, rief Bette.
»Zum Schwimmen ist es nicht ideal. Aber in der Nähe gibt es schöne Stellen. Ich persönlich schwimme am liebsten vor den Inseln.« Tony lächelte Bette an. »Ich glaube, ich habe jetzt ein Sonderprojekt.«
»Ein Projekt?«
»Ja. Dich. Ich werde dir meine Lieblingsplätze zeigen. Und ich werde jeden Augenblick genießen«, sagte Tony entschlossen.
Bette war erstaunt, dass die Gideons ihr Domizil als Strandhaus bezeichneten. Mit den gotischen Fenstern, einem Wappen über dem Eingang und Steinlöwen zu beiden Seiten der Terrasse, die auf die Küste hinausging, sah es eher wie ein englischer Landsitz aus.
Die Hausgäste der Gideons waren sympathische Leute, und Bette fühlte sich umso wohler, weil Tony auch dazu gehörte. Sie machten lange Strandspaziergänge, saßen am Pool oder redeten einfach nur. Einmal fragte Tony sie, wann sie nach Australien zurückwolle.
»Ich weiß nicht recht. Konkrete Pläne habe ich nicht, es ist noch alles offen.«
»Bette, wenn wir nach Penang zurückkommen, würde ich dich gern zu mir nach Hause einladen, damit du meine Kinder kennenlernst. Darf ich?«
Bette sah ihm in die Augen und nickte. Tony beugte sich über sie, während sie die Augen schloss und darauf wartete, seine Lippen auf den ihren zu spüren.
Als Tony Bette nach dem Kurzurlaub zurück nach Penang brachte und im Eastern & Oriental Hotel absetzte, spürten sie, ohne es auszusprechen, dass sie zusammengehörten. Bette dachte nicht an die Zukunft, schon gar nicht an ihre Abreise aus Malaya. Jetzt wollte sie erst einmal das Leben genießen.
Tony machte Bette nach allen Regeln der Kunst den Hof. Wenn er sie vom Hotel abholte, brachte er Geschenke, Blumen oder Süßigkeiten mit. Er führte sie in Nobelrestaurants und Clubs aus. Als sie erklärte, sie habe für solche Gelegenheiten nicht die richtige Garderobe, ließ er es sich nicht nehmen, ihr für die Tanzabende ein wunderschönes Abendkleid zu kaufen. Durch die Stadt chauffierte er sie in seinem Allard K2. Sie war nie zuvor in einem offenen Sportwagen gefahren und begeistert von dem roten Zweisitzer. Tony hatte ihr versichert, sie könne sich den Wagen jederzeit ausleihen. Bette konnte sich nicht erinnern, je eine
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