Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
außer sich, als Bette und Tony ihm von den Wilderern erzählten.
»Hier ändert sich alles so schnell, dass es kaum mehr möglich ist, der Wilderei und dem illegalen Holzschlag beizukommen«, sagte er.
»Ich nehme an, es wird besser werden, wenn Sarawak erst der Föderation Malaysia beigetreten ist«, meinte Tony.
»Keine Ahnung«, erwiderte Tom. »Der Notstand auf der malaiischen Halbinsel wurde ja inzwischen aufgehoben, doch an der indonesischen Grenze machen uns die Kommunisten immer noch Probleme.«
»Aber die Unabhängigkeit hat die Lage auf der Halbinsel verändert, und ich finde, zum Besseren. Seit die Briten abziehen, gibt es eine Rückbesinnung auf die malaiische Kultur, und die Posten in der Verwaltung werden mit Einheimischen besetzt«, sagte Tony.
»Darüber freut sich wohl nicht jeder. Vor drei Jahren waren meine chinesischen Freunde ziemlich verbittert darüber, dass die Briten abgezogen sind und uns eine malaiische Regierung hinterlassen haben. Ich hab mich lieber abseitsgehalten, als die Flagge eingeholt wurde«, kommentierte Tom.
»Wir sind am Tag der Unabhängigkeitserklärung abends zum Pagar am Strand von Penang gefahren. Dort haben Tausende Menschen verschiedenster Rassen einträchtig gefeiert«, erzählte Bette. »Ich habe gestaunt, denn es war sehr bewegend.«
»Meine Hoffnung ist ja, dass die verschiedenen Ethnien gut zusammenarbeiten werden«, sagte Tony. »Da die regierende Alliance Party aus Malaien, Chinesen und Indern besteht, werden sie Wohlstand und Verantwortung gleichmäßig verteilen wollen.«
Tom gab sich skeptisch. »Wenn sich die Dinge hier ändern, werde ich mich so weit als möglich in den Dschungel und in die Höhlen zurückziehen«, grinste er.
Tony nickte. Später sagte er zu Bette, dass dieser eigenwillige Engländer hier wohl bald Probleme bekommen werde. »Die Briten haben eine Atmosphäre des guten Willens geschaffen, und ich finde, der Übergang wurde sehr gut organisiert«, meinte er.
Bette betrachtete ihren Mann. Sie wusste, dass sein Unternehmen bereits Vorteile aus der Malaiisierung gezogen hatte, denn er hatte sich in größere, früher britische Branchen und Handelshäuser eingekauft, insbesondere in Zinnminen. Das Haus Tsang schien von der Unabhängigkeit zu profitieren.
Als sie Tom für seine Gastfreundschaft dankten, erwiderte er: »Kommt wieder, wann immer ihr wollt.«
Mehrere Jahre später sah Tony die Entwicklung Malayas nicht mehr so optimistisch. Nach wie vor war er ein liebevoller Ehemann, aber er verbrachte jetzt viele Stunden in der Arbeit, und oft kamen auch Menschen zu ihm nach Hause, mit denen er sich in seinem Arbeitszimmer einschloss. Bette fiel auf, dass die Wagen, die bei ihnen vorfuhren, häufig hochrangigen Regierungsmitgliedern und sogar dem einen oder anderen Sultan gehörten. Schließlich fragte sie Tony, was da vorging.
»Es hat mit der Malaiisierung zu tun«, erklärte er. »Die Regierung beharrt darauf, dass Malaien bevorzugt behandelt werden. Diese Politik hat zu Machtkämpfen zwischen Malaien und Chinesen geführt und in geringerem Ausmaß auch zu Auseinandersetzungen mit den Indern. Viele chinesische Geschäftsleute sind nach Singapur gezogen, seit es seine Unabhängigkeit von Malaya erklärt hat. Ich aber habe mich entschieden, in Penang zu bleiben und mich anzupassen. Daher habe ich Malaien in den Vorstand meiner Firma berufen.«
»Was wird geschehen?«, fragte ihn Bette.
Tony seufzte und küsste sie auf die Wange. »Wir können nur hoffen, dass der gesunde Menschenverstand siegt und all diese ethnischen Rivalitäten aufhören, so dass schließlich jeder zum Besten des Landes arbeitet. Leider haben viele dieser Probleme mit dem Kampf um die wertvollen Rohstoffe in diesem Teil der Welt zu tun. Wie immer geht es vor allem um Macht und Geld und darum, wer die anderen am besten für die eigenen Interessen einspannen kann.« Er stand auf und zog sie ebenfalls hoch. »Die Kinder sind unterwegs, und wir haben keine Termine. Lass uns ein Schläfchen halten, bevor wir zum Abendessen ausgehen.«
Mai 1969
Bette war rundum glücklich und genoss das harmonische Familienleben. Obwohl James und Eunice, Tonys ältere Kinder, inzwischen verheiratet waren, nahm sie noch regen Anteil an ihrem Leben. Auch zu den beiden jüngeren, Connie und Toby, hatte sie ein gutes Verhältnis. Madam Chang wurde alt, wollte allerdings das Heft nicht aus der Hand geben. Nach wie vor spielte sie allwöchentlich Mah-Jongg und bestand darauf, den
Weitere Kostenlose Bücher